Quelle: Nachrichten.at
GRIECHENLAND. Kopfschütteln und fragende Blicke waren die häufigsten Reaktionen zu unserer geplanten Skitourenreise. Kreta – da denkt man an wilde Schluchten, einsame Strände, Olivenhaine, Sommer, Sonne, Meer, aber Skitouren? Geht das überhaupt? Ja, es geht – und wie.
Kräftig bläst der Wind über den Bergkamm des Psiloritis, „des Hohen“, wie die Griechen die höchsten Erhebungen des Ida-Gebirges im Zentrum von Kreta nennen. Eine Querung der eisigen Flanke des Stolistra war die letzte Herausforderung beim Anstieg auf den Timios Stavros, den mit 2456 Metern höchsten Gipfel Kretas. Und ohne Zweifel für uns ist, dass nirgendwo anders als hier in der nahe gelegenen Idäischen Höhle der Geburtsort von Göttervater Zeus sein muss. Auch wenn manche behaupten, dieser liegt in der Diktäischen Höhle weiter im Osten Kretas.
Tiefblauer Himmel und eine unglaubliche Sicht in alle Richtungen lässt uns fast euphorisch werden. Im Norden erblicken wir am Kretischen Meer Iraklion, die Hauptstadt der Insel. Und auch im Süden endet der Blick über die weißen Bergkuppen in der blauen Weite des Meeres.
Skitourengehen ist in Kreta eine exotische Sportart, und wir haben die ganze Woche niemanden auf Tour getroffen. Auch die Einheimischen fragten erstaunt nach und wollten Bilder von oben, von ihren Bergen im Winter sehen.
Organisiert wurde diese Skitourenreise von Helmuth Preslmaier von den Linzer Naturfreunden in Kooperation mit Andreas Misar von Isla Verde Sportreisen. Andreas hat schon vor Jahren die Gegend erkundet, Unterkünfte und den Transport organisiert und macht die Skitourenreise zu den Gipfeln Kretas schon das fünfte Jahr. Der kleine Outdoorreiseveranstalter ist aus einer privaten Leidenschaft heraus entstanden. Einige Jahre hat Andreas außergewöhnliche Reisen für Freunde organisiert. Die dabei gesammelten Erfahrungen hat er zum Beruf gemacht und Isla Verde gegründet, das er jetzt gemeinsam mit seiner Frau betreibt.
Im Ida-Gebirge auf den Psiloritis
Dunkle Wolken und die untergehende Sonne vermischen sich zu einer eigenartigen Stimmung, als wir in der Abenddämmerung in Iraklion landen. Eine Stunde dauert die Fahrt hinauf zum kleinen Bergdorf Axos, wo wir in der Pension Yakinthos herzlich empfangen werden.
Maria, die Hausherrin, verwöhnt uns an den zwei Tagen hier mit bester kretischer Küche und einer wohltuenden Herzlichkeit. Im offenen Kamin knistern die knorrigen Scheiter, die Katze schnurrt zufrieden auf einem Sessel, und bald sind die Tische mit selbstgemachten Köstlichkeiten gedeckt. Salate, wunderbar milder Schafkäse, Oliven, gedünstetes Gemüse, Kaninchen, Lamm und Schnecken, die hier eine Spezialität sind.
Besonders stolz ist Maria auf ihr noch ofenwarmes selbstgebackenes Brot aus dem Holzbackofen vor dem Haus. Zum Trinken gibt es neben dem guten griechischen Bier den hauseigenen Wein und klares Quellwasser.
Frische Früchte, vor allem Orangen, die hier überall wachsen und von saftiger Süße sind, sowie Kuchen vollenden das wunderbare Geschmackserlebnis. Ein guter Beginn. Am nächsten Morgen besteigen wir nach dem Frühstück die Pickups, die uns auf einer kleinen Asphaltstraße hinaufbringen zur Schneegrenze. Auf 1100 Metern ist Endstation für die nicht wintertauglichen Autos.
Längere Schlechtwetterfronten haben heuer ungewöhnlich viel Schnee gebracht, und so ist die Schneegrenze nach unten gerutscht. In normalen Jahren beginnt der Schnee bei etwa 1300 Metern. Ein erster Schreck beim Blick auf meine Tourenski. Bei einem fehlt der rechte hintere Fixierungsbacken mit der Steighilfe. Er ist beim Flugtransport vermutlich durch einen starken Schlag aus der Verankerung gerissen worden und lag lose im Skisack.
Doch der Hagan Dragon beweist seine Testsiegerqualität, und die neue Erkenntnis dieser Woche ist: Auch ohne Fixierung der stabilen Bindung kann man die Abfahrten dank des drehfreudigen Skis souverän meistern.
Bald sind wir unterwegs in der weißen Einöde, die im unteren Teil durch einzelne Bäume und Büsche gegliedert ist. Um einen langen Rücken herum queren wir zum ersten Rastplatz bei einer kleinen Steinhütte am Fuß des Berges. Die letzten Wolken werden nach und nach durch die Sonne aufgelöst, und ein strahlender Tag erwartet uns auf dem Weg zum Gipfel.
Eine durchaus anspruchsvolle Route führt von Norden höher. Ohne Harscheisen wäre der Anstieg hier in der sich aufsteilenden Flanke, die zum Nordwestgrat und von dort weiter auf den Gipfel führt, nicht möglich gewesen. Und wer weiß, vielleicht war es sogar eine Erstbegehung mit Skiern bei diesen heuer ungewöhnlichen Schneemengen.
Die insgesamt 1500 Höhenmeter in teilweise anspruchsvollem Gelände fordern uns, und entsprechend begeistert sind wir, als wir nach mehr als fünf Stunden am höchsten Punkt Kretas stehen.
Was dann kam, ist Skigenuss von bester Qualität. 1000 Höhenmeter Abfahrt über baumlose, makellos weiße Hänge, die mit einer perfekten Pulverschneeauflage überzogen sind. Auf der verschneiten Straße gleiten wir zurück zum Ausgangspunkt.
Der zweite Tag führt uns auf den Gipfel des Kochris. Eine kürzere, leichte Tour. Leider verletzt sich eine der Teilnehmerinnen bei der Abfahrt am Knie. Andreas hat mit Helmut und Ernest zwei erfahrene Tourenführer zur Seite, gemeinsam wird diese Herausforderung perfekt gelöst. Die Verletzte wird gut eingepackt und unter Mithilfe aller in einem Biwaksack ins Tal transportiert.
In den weißen Bergen
Durch die schöne kretische Landschaft fahren wir nach Süden nach Anopolis, in der Nähe von Chora Sfakion, zu unserem zweiten Stützpunkt. Orangen- und Zitronenbäume mit leuchtenden Früchten sind ein ständiger Blickfang entlang der Straße. Anopolis ist ein verschlafenes kleines Bergdorf, das auf einem Plateau hoch über dem Meer liegt. Wir quartieren uns in der Pension O Platanos ein. Die Temperaturen liegen um die 10 Grad hier auf 500 Meter über dem Meer, in der Nacht kühlt es merklich ab.
Auf einer ruppigen Bergstraße bringen uns die Pickups am nächsten Tag hinauf auf 1300 Meter. Schafe und Ziegen beäugen uns neugierig, erste Blumen sprießen, und die Luft schmeckt schon nach Frühling. Auch hier liegt die Schneegrenze deutlich niedriger als in den Jahren zuvor, wo die Tour – wie Andreas erzählt – bei 1500 Metern begann.
Entsprechend lang gestaltet sich der Zustieg zum Pachnes, der auch nach zwei Stunden Gehzeit immer noch nicht zu sehen ist, sondern – Zitat Andreas „dahinter“ – liegt. So ändern wir das Ziel und steigen auf den Kakovoli. Ein phantastischer Aussichtsberg über die weißen Kuppen der Lefka Ori bis zum Meer.
So manchen Jodler löst die Abfahrt im unvergleichlichen Firn aus. Butterweich und von einer Gleichmäßigkeit, die nicht zu toppen ist. Dunkle Wolken ziehen auf, als wir auf den Ladeflächen der Autos wieder zurück ins Tal holpern. Etwas ausgekühlt von der luftigen Fahrt erwartet uns die warme Stube der Taverne.
Mit einem Tourenbier und einem Stamperl Raki – dem kretischen Tresterschnaps – stoßen wir auf einen weiteren gelungenen Skitag an. Wir sind eine bunt zusammengewürfelte, aber homogene Gruppe von 16 Personen. Neben Andreas, dem Wiener Reiseleiter, gesellten sich zu uns neun Oberösterreicher, ein Niederösterreicher, ein Deutscher und vier Steirer, die „Naturspechte“ aus Fürstenfeld.
Einer von ihnen, Jürgen „Haubi“, kommentiert Abend für Abend in bester Roland-Düringer-Manier die Ereignisse des Tages. Wir lachen viel in dieser Woche, trotz des sich leider verschlechternden Wetters.
Zwei Touren in den Lefka Ori aus dem Norden waren noch geplant gewesen, Melindau und Psilafi hoch über der Samariaschlucht. Der Regen hat uns zwar einen Strich durch die Pläne gemacht, aber Neues entdecken lassen.
Zu den 99 Holy Fathers
Der dritte Stützpunkt dieser Reise ist das Hotel Neos Omalos auf über 1000 Meter Höhe, im Dorf Omalos auf einer Hochebene am Eingang zur Samariaschlucht gelegen.
Am Weg dorthin legen wir einen Stopp in der Stadt Chania ein. Der venezianische Hafen mit dem Leuchtturm, das älteste türkische Gebäude der Insel, die Janitscharen-Moschee und das Archäologische Museum geben Zeugnis von der wechselvollen Geschichte der Stadt und der Insel.
Wir machen einen Bummel durch die Altstadt und kehren schließlich in einem der kleinen Lokale in der Markthalle zu einem Mittagsimbiss ein.
Am nächsten Tag regnet es. So starten wir zu einem von Andreas organisierten Alternativprogramm. Der Bus bringt uns in das kleine Dorf Azogires nördlich von Paleochora.
Einige Häuser, ein Kafenion und als touristischer Anziehungspunkt eine kleine Kirche. Die Kirche der 99 Heiligen Väter ist an einen Felsen gebaut, liegt an einem rauschenden Wildbach – zumindest jetzt im Winter – mit einer uralten immergrünen Platane in der Nähe. Das regt die Phantasie an, und so entstand die Legende von den 99 Heiligen Vätern, die im 12. Jahrhundert mit dem heiligen Johannes aus Ägypten und der Türkei hierher eingewandert sind und in einer Höhle am Platz der Kirche lebten.
„Lucky“ Koukoutsakis vom Kafenion Alpha macht mit uns eine Führung und erzählt in perfektem Englisch von der Geschichte des Ortes und seiner Veränderung, er philosophiert über die Welt und es stellt sich heraus, dass er einige Jahre in den USA studiert hat, ehe er zurückgekommen ist und das Kafenion des Großvaters übernommen hat.
Das Omelett nach Art seiner Großmutter schmeckt köstlich, und wir staunen über die vielen Fotos und Zeitungsausschnitte an den Wänden seines einfachen Lokals. Die amerikanische Limousine vor dem Lokal passt da so gar nicht zum Bild, wurde aber auf Wunsch des Großvaters mitgebracht, so erzählt uns Lucky, und er schmunzelt in seinen ausgeprägten Schnurrbart.
Zurück im Hotel geben wir die Hoffnung auf Wetterbesserung nicht auf. Doch der griechische Wetterbericht liegt leider richtig, und so fahren wir am nächsten Tag bei strömendem Regen zurück nach Iraklion. Die Besichtigung des minoischen Palastes von Knossos steht auf dem Programm, und so ganz ohne Touristen ist das wohl eine seltene Besonderheit.
Am Nachmittag hat der Regen aufgehört, wir bummeln noch durch die Gassen von Iraklion zum Meer, und als wir am nächsten Morgen abfliegen, leuchten uns die Lefka Ori, die weißen Berge, im ersten Licht des Tages noch einmal einladend entgegen.
Anforderungen
Die Skitouren auf Kreta haben eine Länge von bis zu 6 Stunden, die Höhenmeter im Anstieg liegen je nach Schneelage zwischen 500 und 1200, in Ausnahmefällen bis 1500 Metern. Da keine anderen Tourengeher unterwegs sind, sollte man nur in Gruppen gehen und entsprechende Erfahrung haben. Am besten, man schließt sich einer organisierten Reise an. Isla Verde bietet die Tourenwoche nach Kreta jedes Jahr an und organisiert auch Sondergruppen.
Informationen: www.islaverde.at, www.linz.naturfreunde.at, www.kreta-klaus.de,www.yakinthos.gr, www.azogires-alpha.blogspot.com
Hallo Alois
Oben ist die Quellenangabe mit Verlinkung und auch unten haben wir auch nochmals zu den Autoren verlinkt.
Gruß vom immer noch schneebedeckten Kreta
Jörg
Lieber Jörg,
habe gerade diesen Bericht gefunden, den wir (Alois Peham und Sabine Neuweg) im Reiseteil der OÖNachrichten/Linz/Österreich vor einer Woche veröffentlicht haben.
Es sollte zum guten Ton gehören wenigstens die Quelle und die Autoren anzuführen wenn man einen Bericht 1 zu 1 übernimmt.
Liebe Grüße
Alois Peham