Geschichten von Kreta: Neulich in der Käserei Bourdakis.

Neulich hat sich die Radio Kreta-Redaktion incl. traugezeugtem bestem Freund der Scheffredakteuse mal wieder auf die Socken gemacht – diesmal in Richtung Tavronitis/Kolymbari, wo wir zur Besichtigung der Käserei des Georgios Bourdakis (Τυροκομείο Γεώργιος Μπουρδάκης) eingeladen waren. Diesen Tipp hatten wir von Dietmar Burmeister-Horvath, das ist GutesvonKreta.de.

Ein kurzer Anruf sobald wir in Tavronitis angekommen waren und – zack – war Maria, die Tochter des Hauses, auch schon da und holte uns ab. War auch besser so, denn ganz so einfach ist die Käserei nicht zu finden…

Aber was wir dann vorfanden, übertraf alle Erwartungen. Gleich erst mal bei der Verköstigung angefangen: es gab – „Überraschung!!!“ – Käse. Dazu natürlich Paximadia, Oliven und hausgemachten Wein. Und dann die Führung durch die Fabrik.

Abtropfender Mizithra – frisch und lecker, leider noch nicht fertig….

Ein Familienunternehmen

Bei der Käserei Bourdakis handelt es sich zugegebenermaßen um ein kleines Familienunternehmen – die Produktpalette ist trotzdem nicht ohne: von Graviera, Feta, gerade abtropfendem Mizithra und dem wundervollen Anthótiro über Joghurt und Butter ist alles dabei. Alles aus Schaf- oder Ziegenmilch, die die Familie aus dem nahegelegenen Kolymbari bezieht. Kuhmilch kommt hier weder in die Tüte noch in den Käse, denn die wird als zu fettarm (nur ca. 2,5%) und eher minderwertig erachtet. Vorwiegend wird also Schafmilch verarbeitet – und zwar immer frisch!

Die Arbeitszeiten sind von Oktober bis August 7 Tage die Woche – in der Käserei arbeiten 6 Personen: Papa, Mama und Tochter Bourdakis, dazu der Freund ebendieser Tochter und noch 2 angestellte Frauen – und die wuppen eine ganze Menge: meist um die 50 kg Käse pro Tag! Und selbstverständlich alles in Handarbeit!

Lecker Ziegenkäse.

Neben einer ausführlichen Einführung in die Käse- und Joghurt-Produktion erfuhren wir auch noch andere interessante Einzelheiten. Auf die Frage z.B., ob diese Käserei auch ISO-zertifiziert sei, erklärte Maria uns, dass ihre Käserei dafür zu klein sei. Hmmmm, wie jetzt, zu klein? Tja, um eine ISO-Zertifizierung zu bekommen, muss so eine Käserei über eine Fläche von mindestens 500 Quadratmeter verfügen. Qualität ist Wumpe, die Fläche machts…. Wie schrieb neulich ein lieber Kommentator: „ich hab gar nicht so viele Köpfe, wie ich schütteln müsste….!“ Uns geht´s ähnlich… Aber die neue Fabrik ist im Bau, dann klappts vielleicht auch mit ISO.

Käse und Olivenöl

Und es waren noch weitere Schmankerl unter ihren Erzählungen. Da es in der Käserei auch den leckeren „Ladotiri“ (λαδοτύρι) gibt – den wundervollen in Olivenöl eingelegten Graviera! – lag die Frage natürlich nahe, ob die Familie Bourdakis denn über eigenes Olivenöl verfügt. Antwort: „Sag mal ehrlich – kennst du irgendeinen Kreter, der KEIN eigenes Olivenöl hat?“. Touché! Neee, kennen wir nicht…. Aber sie haben „gar nicht so viel, nur so 3 Tonnen pro Jahr“. Und als Familie brauchen sie ja selbst im Jahr zwischen 250 und 300 Liter, der Rest geht dann für Käse, Freunde und restliche Familie drauf…

Spannend war auch die Anekdote, die uns die – zumindest für kretische Verhältnisse – recht weitgereiste Maria erzählte. Letztes Jahr war sie nämlich in Spanien. „Naja, die haben auch Käse, aber der hat mit dem kretischen ja nun mal nix zu tun. Essen kann man da auch, aber halt nicht so gut, wie in Kreta“. Und deswegen nimmt der Kreter auf seine Auslandsreisen auch gerne sein eigenes Olivenöl, Paximadi, Oliven und Käse mit. Sicher ist sicher… (Anm. der Red.: ein befreundetes kretisches Ehepaar nimmt auf seine Thailand-Reisen immer Olivenöl und Zitronen mit, da die Thais ja fast nur Limetten und gar kein gescheites Öl haben….). Der Kreter an sich fühlt sich halt nur auf Kreta wirklich wohl!

Ihren Käse vertreiben die Bourdakis´ auch fast ausschließlich hier – ein „Export“ findet nur in kleinen Mengen nach Athen und Thessaloniki statt (ist ja auch quasi Ausland…). Auch in den großen Supermärkten wie INKA, Carrefour u.ä. findet man diesen Käse nicht – der Vertrieb findet sehr lokal statt, eigentlich von Kissamos bis Chania. Internet mag Maria auch nicht so gerne; man telefoniert, produziert und liefert – basta!

Aber zwischen „produzieren“ und „liefern“ liegt natürlich meist auch eine gewisse Zeit, denn ein guter Graviera braucht so seine 6 Monate, um zu reifen, ein prima Joghurt macht sich auch nicht von heut auf morgen – hier gilt mal wieder das „siga siga“-Prinzip. Gut Ding will nun mal Weil´ haben….

Und das wird mal lecker Graviera!

Für die Produktion eines prima kretischen Graviera werden der Rohmilch (vom Schaf oder Ziege) Enzyme (Lab) zugegeben, so dass sie dick wird. Sie hat dann eine Konsistenz wie Wackelpudding. Diese Milch wird dann ständigem Rühren – im Falle „unserer“ Käserei auf 46°C – erwärmt.

Dabei trennen sich die festeren Stücke (Käsebruch) von der Flüssigkeit (Molke). Der Käsebruch wird in sauberen, großen Baumwolltüchern in eine durchlässige Form, meist siebartig, gedrückt.

Mit einem „Stempel“, oder – wie in unserem Fall einfach mit den Händen – wird die Masse einige Stunden zusammengepresst, so dass die Molke abfließt. Somit spart man sich auch das Fitness-Studio – zumindest für die Instandhaltung der Oberkörpermuskeln….

Die Käselaibe kommen für 3 – 5 Tage in ein Salzbad, um die Rindenbildung zu fördern und schädliche Bakterien und Pilze abzutöten. Der fertige Gravieralaib geht nun zum Reifen in den Keller, das Kühlhaus oder das kühle Lager (η αποθήκη), wo er bei 14-18 Grad für mindestens 3 Monate vor sich hinschlummert. In dieser Zeit wird er mehrmals gewendet und mit Salzlake abgewaschen.

Kretischer Graviera

Kretischer Graviera wird ausschließlich aus Schafsmilch oder aus Schafs- mit etwas Ziegenmilch hergestellt. Er wird nach alten traditioneller Rezeptur hergestellt, darf sich „Graviera Kritis“ nennen und seit 1996 ein europäisches Siegel tragen. Das Zeichen „Geschützte Ursprungsbezeichnung (g.U.)“ besagt, dass sowohl die Zutaten aus der beschriebenen Region stammen und das Produkt auch dort produziert wird.

Schlafender Käse...

Ein fertig gereifter Graviera hat einen Durchmesser von etwa 40 cm – größer oder kleiner geht aber auch – und ein Gewicht von 14 bis 16 Kilogramm. Die Rinde ist fest und gelb bis bräunlich. Der Käse ist hellgelb, hart, fest und ein bißchen krümelig. Graviera ist so hart wie Emmentaler und hat Löcher wie ein Tilsiter. Je älter er wird um so krümeliger und auch „herzhafter“ wird er. Sein Geschmack erinnert an eine Mischung aus Emmentaler und (mildem) Bergkäse.

Graviera eignet sich wunderbar als Brotbelag. Hier auf Kreta wird er häufig als Vorspeise (Mezé) gereicht, wird gerne auch gegrillt und gebraten – pur oder auch paniert als „Saganaki“. Lange gereifter Graviera kann auch gerieben wie Parmesan zum Bestreuen von Nudeln und Salat verwendet werden.

Spannend war auch die Geschichte, die Maria uns zur optischen „Aufmachung“ des Graviera-Käses erzählte: dieser Käse, bei dessen Produktion wir am Samstag anwesend waren, wird ja nach der handgepressten Verarbeiung erst mal 3-5 Tage in Salzlake gelagert, um – wie bereits erwähnt – die Rindenbildung zu fördern. Dann wird der Käse aus der Lake herausgenommen und für mindestens 3 Monate „schlafen“ geschickt. Da reift er nun schlafenderweise so vor sich hin, entwickelt aber dabei – wir erinnern uns: „alles Bio!“ – natürlich auch so ein paar Schimmelpopulationen auf der Rinde.

Ist ganz normal, der ganze Reifungsprozess ist ja nun mal eine enzymatische Entwicklung, sprich: Vergärung, und da sind solche Schimmelpopulationen nun mal „systemimmanent“. Will keiner wissen, auch nicht mal drüber nachdenken, und das alles schon gar nicht sehen. Also weg mit den grünen Sporen am Außenrand des Käses. Dafür wird dann 1-A-Bio-Lebensmittelfarbe verwendet. Einmal gelb drübergepinselt und alles gut….

Maria portioniert großzügig den Graviera....

Wir wollten jedenfalls noch ein paar Proben aller möglicher und reifer Käse mitnehmen und gingen ungehemmt shoppend nochmals durch die Fabrik. Hier ein, zwei Drittel Graviera, da noch einen Schlag Mizithra und zwei gute Portionen Anthótiro – jippie!

An der Kasse und der „Verpackungsstation“ angekommen tütete Maria uns das alles ein und auf die Frage „wieviel sollen wir dafür bezahlen“ bekamen wir einen verwunderten Blick aus großen Augen und die Antwort „ela wre, típota!!!“ – also NIX. Denn dieses „bisschen“ Käse (zu Hause kurz nachgewogen sprachen wir über knapp 5 Kilo….!) sei ja schließlich NIX!!!

Na gut, wir haben selten „NIX!“ für so üppig und lecker befunden.

Auf die darauffolgende Aufforderung, doch noch ´ne halbe Stunde zu warten, damit wir das hauseigene Schwein, das bereits auf dem Grill vor sich hinschmurgelte, gemeinsam verspeisen könnten, gab es von unserer Seite leider, leider, leider einen abschlägigen Bescheid, da wir schon anderweitig verabredet waren.

Filótimo pur: reinste kretische Gastfreundschaft gepaart mit Stolz auf das selbst Geschaffene und auf die Qualität der Produkte der geliebten Insel.

Radio Kreta empfiehlt die Käserei Bourdakis – lokal und persönlich geht immer noch am Besten!!!

Ein Kommentar

  1. Guten Morgen , dürft Ihr die tele. Nummer von Maria weiter geben ? Wir möchten uns das auch gern mal anschauen. Herzlichen Dank im Voraus.
    Stephanie und Rainer

Kommentare sind geschlossen.