Ver-rückte Welt
Die Menschheit ist ver-rückt, kollektiv und individuell ver-rückt. Und ich meine dieses „verrückt“ nicht im übertragenen „geistig-nicht-voll-da-sein“ Sinn, sondern buchstäblich. Wir sind ver-rückt, nicht mehr da, wo wir eigentlich sein sollten in unserem Denken, Fühlen und Handeln. Wir sind woanders hin-gerückt. Und das nicht erst seit Erscheinen des Virus. Keine Zeit hat mich je so viel darüber nachdenken lassen wie diese JETZT. Corona sei Dank!
Die Krankheit zeigt uns ganz simpel: „Ihr seid alle gleich. Es kann jeden von Euch treffen, HIER und JETZT. Es gibt keinen Schutz und es gibt keine wirkliche Hilfe. Genesen oder nicht ist weniger von der ärztlichen Kunst abhängig als vom Schicksal, das jeder einzelne von euch sich zugedacht hat. Denkt einmal darüber nach, was ich Euch damit sagen will.“
Und wir? Wir verfallen in absolute PANIK. Omas und Opas werden eingesperrt, Kinder und Eltern können nicht zueinander kommen. Freundschaften nicht gepflegt. Ausflüge sind untersagt. Länder, die vormals große Töne spuckten über nationalübergreifende Interessen, Globalisierung, Internationalität und eine große zusammengewachsene Welt, ziehen ihre Zäune hoch, stehlen sich gegenseitig die Hilfsmittel, Polizei kontrolliert auf den Straßen wie zu den besten Kriegs-Ausgangssperren-Zeiten, Waren werden beschlagnahmt, die für die Nachbarn bestimmt sind, Supermärkte werden nahezu geplündert und zu Hause hortet man lieber das, was man eigentlich gar nicht mag, als überhaupt nichts.
Politiker laufen mit nichtssagenden Sprechblasen durch die Welt und schreiben sich selbst dafür lobende Pressemitteilungen. Die Lieferketten sind zusammengebrochen und unserem ohnehin vor dem Kollaps stehenden Wirtschaftssystem wird gerade der Garaus gemacht. Und dabei ist es völlig unerheblich, ob dieses Virus jetzt wirklich so tödlich ist wie propagiert, ob es nur genutzt wird von Wirtschaft und Politik oder ob die Hysterie nur geschürt ist: Die Tatsache und die damit verbundenen Folgen sind dieselben.
Aber wohin geht die Reise ab jetzt? Wonach richten wir uns jetzt aus? Noch warten gefühlte über neunzig Prozent der Menschen darauf, dass die Ausgangssperre aufgehoben wird, und dann …. business as usual! Wir machen da weiter, wo wir vorher auch waren. Friede, Freude, Eierkuchen, bis zum nächsten Mal.
Nur: das hat Corona nicht gemeint. Die Heilige der Seuchen hat sich zu uns hernieder begeben, um uns zu zurück zu ver-rücken, nicht, um uns abwartend einzusperren und genau da weitermachen zu lassen, wo wir bisher alles in den Sand gesetzt haben. St. Corona erzählt uns, dass es nur eines klitze-nanometerchen-kleinen Virus‘ bedarf, um die gesamte Erde in ihren Urzustand zurück zu versetzen – nämlich menschenleer, wenn wir jetzt nicht endlich aufwachen und ab-rücken von dem, was wir heute so treiben und unsere Hirne und Hintern zurecht-rücken.
Jeder einzelne von uns, ob er im Intensiv-Bett liegt oder in Isolation zu Hause sitzt, hat JETZT so viel Zeit wie in den letzten Jahrzehnten nicht. Das ist ein Geschenk von St. Corona und nicht dazu gedacht, sich zu Hause urlaubsmäßig rumzulümmeln und die Tage aus Langeweile vor der Playstation zu verbringen.
„Denkt nach“, sagt sie Euch. Denkt nach darüber, wer ihr wirklich seid. Lebt ihr das Leben, das ihr leben wolltet? Macht ihr die Dinge, die euch wichtig sind? Erfahrt ihr das Leben und die Liebe so, wie ihr es euch vorgestellt habt? Betrachtet ihr die Welt um euch herum mit dem Respekt, mit dem auch ihr betrachtet werden wollt? Und die Welt um Euch herum sind nicht nur Menschen, es sind alle Lebewesen inklusive der Erde. Wieviel Aufmerksamkeit und Andacht zollt ihr diesen? Welches Recht auf Leben billigt ihr ihnen zu.
Ist Euch aufgefallen, wie sich die Welt verändert hat, seitdem St. Corona ihr Wesen auf der Erde treibt? Habt Ihr gesehen, dass Delfine wieder in die Bucht von Venedig schwimmen? Habt Ihr mal zugehört, wie laut und fröhlich die Spatzen im Moment von den Dächern pfeifen? In Indien kann man seit Jahrzehnten das erste Mal wieder den heiligen Berg Himalaya sehen. Zeigt uns nicht St. Corona die schönen Dinge wieder, die es auf dieser Erde gibt? Die wir zu lange unbeachtet ließen? Denen wir nicht mehr zugehört haben, denen wir nicht mehr zugeschaut haben? Und: sollten wir das nicht endlich wieder tun?
Es wird nichts mehr so werden, wie es mal war. JETZT bekommen wir HIER unsere Grenzen aufgezeigt. Da hilft kein Kampf gegen den Virus, kein Krieg gegen Drogen, keine Schlacht gegen Fake News. Da hilft nur Ruhe bewahren, im Flow sein, Möglichkeiten erkennen, die uns auf unserem Weg begegnen und sie zu uns einladen, um zu lernen und zu wachsen – und die Zeit nutzen, für uns, darüber nachdenken, wie wir wieder hinfinden zu mehr Miteinander, hin zu Aufmerksamkeit und Respekt für uns selbst und für alles Leben.
Es werden sich ganz neue Denkweisen unter den Menschen verbreiten und kultivieren. Irgendwann werden wir verstehen, dass das Gemeinsame nicht durch staatlich festgelegte Grenz-Zusammenlegungen geschehen wird, sondern eigentlich schon immer hier gewesen ist: im kollektiven Bewusstsein, das uns genauso wie alles andere im Universum umschließt. Ich bin fest davon überzeugt, dass die Entwicklung des Menschen in eine neue Zeit führen wird, in der andere Gesetze gelten werden.
Wir müssen nur eins: das Ver-rücken zulassen.
Eure Edit
Edit Engelmann wurde 1957 in der Nähe von Kassel in Nordhessen geboren und wuchs auch dort auf. Mit Anfang zwanzig zog sie nach Abschluss des Gymnasiums in den Großraum Frankfurt, wo sie in den nachfolgenden Jahren ein Marketingstudium abschloss. Im Rahmen ihrer beruflichen Laufbahn bei verschiedenen nationalen und internationalen Konzernen reiste sie viel und verbrachte auch einige Jahre im europäischen und nicht-europäischen Ausland. Hierbei genoss sie es ausgesprochen, neue Kulturen, Denkweisen und Lebensstile kennenzulernen.
Edit Engelmann lebt heute in der Nähe von Patras und in Deutschland, ist Lektorin und Herausgeberin beim Größenwahn-Verlag und wenn sie nicht gerade von ihrer Familie auf Trab gehalten wird, schreibt sie und ist mit Anekdoten und Geschichten in den Anthologien des Größenwahn Verlags vertreten.
Edit ist Mitglied im Verein Deutsch-Griechischer AutorInnen und die Initiatorin und Organisatorin des Dt.-Griech. Lesefestivals in Paleochora/Kreta 2013 – eine Veranstaltung, die sie sicherlich auch noch weiter planen wird. Im Mai 2015 fand in Weimar als Unterteil der LesArten das 2. Griechisch-Deutsche Lesefestival in Zusammenarbeit mit der Deutsch-Griechischen Gesellschaft Weimar statt.
Gerade plant sie gemeinsam mit Radio Kreta das 7. griechisch-deutsche Lesefestival, diesmal wieder in Paleochora im Südwesten Kretas.
Wär ja verrückt, wenn das nicht stattfinden sollte.
Edit hat auch unseren kleinen Reiseführer Paleochora (Travel Guide Paleochora) in’s Englische übersetzt. Vielen Dank nochmal dafür.
Danke für diesen wahren Beitrag
Yes, fangen wir an!
Ich hoffe zutiefst, dass ganz viele Menschen verstehen ,dass sich was verändern muß.
Wir werden wohl nie erfahren wie das Corona entstanden ist. Aber einiges spricht für sich, dass dies nicht natürlich entstand. Da stellt sich die Frage, wo ist es eventuell entwichen oder ausgesetzt worden. Die Gründe könnten vielseitiger nicht sein.
Nun spüren wir, wieviel wir zu sagen haben und wer die Fäden in der Hand hat. Es gab und gibt Länder, in welchen die Menschen nichts zu sagen haben. Hoffen wir, dass wir in Zukunft nicht dazu gehören werden.
Dazu kommt, dass durch die jahrelangen Sparmassnahmen im Gesundheitswesen nun viele Menschen dafür büssen müssen. Man könnte noch vieles anführen, doch es bringt nichts. Der Zusammenhalt der Menschen muss grösser und nicht kleiner werden.
Liebe Edit, ich hatte immer etwas Bedenken, das was Du aufgeschrieben hast, laut auszusprechen. Die Gedanken sind aber seit längerer Zeit genau so, aber auch die Angst, dass es wieder die Falschen trifft, existiert. Ich spreche für diejenigen, die einem Virus, schon vor Corona, begegnet sind.
Menschen, die sich verrücken lassen mussten, weil ein anderer Behauptungen aufgestellt hat, die nicht der Wahrheit entsprachen, und das gewohnte Umfeld, für die Betroffenen, nicht mehr zu ertragen war. Für all diejenigen, denen der Boden unter den Füßen, durch Dritte – auf Anweisung – weg gezogen wurde und der neu erkämpfte Boden, komplett verrückt vom alten Leben, wieder befruchtet werden musste.
Für all diejenigen, die die erste Wut und den Zorn überwunden haben, sich in ihrer verrückten Welt langsam zurecht finden und ihren Peinigern hinter her schreien.
Es ist eine große Hoffnung, die in diesen Zeiten ruht, dass Machtgierige, Neider, Zerstörer , endlich einen Spiegel vorgehalten kriegen, das Zweifel an den Dingen, die sie getan haben, entstehen . Vielleicht schafft es Corona, dass auch solche Menschen mit dem Rücken an der Wand stehen und anderen aus Überzeugung nicht mehr schaden. Auch wenn Corona solche Menschen verschluckt, wäre es nur natürlich und wünschenswert.
Große Hoffnung macht sich breit …
Der beste text den ich seit langem gelesen habe