Von Daniela Wehrmeier.
Rhodos – Athen – Peloponnes – auch dieses Jahr brennt es wieder in Griechenland. Wer einmal die Spuren dieser verheerenden Flammen gesehen hat, der bekommt die Bilder nicht aus dem Kopf.
47! – diese Zahl haben uns die Griechen im September 2021 immer wieder auf die Papiertischdecken geschrieben. 47 Grad! Das war selbst den Einheimischen zu heiß. Als wir auf der Peloponnes Stopp machten, wurden wir selbst Zeugen der grausamen Folgen dieses heißen Klima-Sommers.
Nächtliches Feuer bei Platanos-Kissamos, Mai 2016.
2016 hatten wir selbst auf Kreta ein nächtliches Feuer miterlebt. Was jedoch fünf Jahre später – und auch die letzten Wochen – großflächig in Griechenland passiert sein muss, ist unvorstellbar.
September 2021. Wir brechen wieder zu einer Foto-Safari nach Griechenland auf. Unser Weg nach Kreta führt uns vom Hafen Patras durch die Peloponnes bis ganz in den Süden nach Gythio, wo die Fähre nach Kissamos auf uns wartet.
Die Fahrt durch die Exo-Mani von Kalamata die Küste entlang bis Areopoli ist entspannt. Es ist herrlich, diese wunderbare Landschaft und die vielen kleinen Örtchen entlang der Straße zu sehen. Nach und nach kommen wir in unseren „griechischen Rhythmus“, entschleunigen, … genießen, … lassen die Seele baumeln. Die Nachrichten über Brände – auch in der Mani – eilten unserm Urlaub voraus und ich habe innerlich Angst davor, welches Bild uns dort erwarten würde.
Kurz nach Itila führt die Hauptstraße gen Osten Richtung Gythio und schon nach ein paar Kilometern beginnt das Grauen: Rechts und links der Straße erscheinen schwarze Hügel.
Nach und nach reichen die verbrannten Hänge immer näher an die Straße heran. Immer wieder sind mitten in den Brandfeldern Steinmauer, Häuserreste zu sehen. Ob sie vorher bewohnt waren? Das Verkehrsschild vor Gythio gibt ein deutliches Zeugnis ab, was hier knapp drei Wochen vorher passiert sein muss.
Wir sind wie benommen. Die Ortseinfahrt führt durch eine Schlucht, die Bäume sind schwarz verkohlt, obendrüber stehen die ersten Wohnhäuser der Stadt. 50 Meter vor der Tankstelle ist dann endlich wieder Grün zu sehen. Ich atme auf, wische mir die Sicht klar und finde keine Worte.
Unsere Vermieter erzählen uns, dass der ganze Ort evakuiert werden musste. Als das Feuer näher kam waren keine Löschfahrzeuge oder -hubschrauber da, alle waren um Athen und auf Euböa im Einsatz.
Am nächsten Tag fahren wir ins Hinterland, wollen sehen, wie die wunderschönen, teils uralten Olivenhaine aussehen. Ich mag es nicht beschreiben. Wie leblose Körper, schreiend, mit zum Himmel ausgestreckten Armen stehen sie da! Die schwarzen Gestalten, zum Teil völlig ausgehöhlt.
Ein Paar aus München, das schon seit vielen Jahren hier Oliven anbaut und Öl produziert erzählt uns, dass der Wind ein Buschfeuer übers Land getrieben hat. Das ganze trockene Gestrüpp fing sofort Feuer, das Blattwerk der Olivenbäume dörrte. Die Stämme der alten Olivenbäume, innen oft schon hohl, wirkten wie Kamine: genährt vom trockenen Altholz fraßen sich die Flammen immer weiter durch die Bäume, bis schließlich nur die knorrige Rinde und wenige Äste stehen blieben.
Und was passiert nun? Wie werden die Menschen unterstützt, deren Bäume verbrannt, deren Existenzen ruiniert sind? Jetzt heißt es erst ein mal Bilanz ziehen. Wie viele Bäume sind betroffen? Viele Griechen sind scheinbar nicht versichert, da die Versicherungssumme zu hoch ist. „Vor Jahren gab es schon einmal einen Brand. Damals bekamen wir 1 Euro pro Baum, um einen neuen zu pflanzen. 10 Jahre braucht ein Olivenbaum, bis er wieder Früchte trägt! … “ erzählt uns Johann. Ihr Hof stand mitten im Feuer, ist unbewohnbar geworden. Keiner weiß, wie es weitergeht. Welch eine Tragödie.
Wir wandern durch die Oliven und werden von einem heftigen Regenschauer erwischt. Welch bizarres Bild: Verdorrte Zeugen des letzten Feuers stehen im Regen! Für viele Pflanzen kommt der Regen leider zu spät.
Drei Wochen später, auf unserer Heimfahrt von Kreta, machen wir wieder Stopp in Gythio. «Δόξα τω θεώ!» Gott sei Dank hat Mutter Natur einen eisernen Überlebenswillen. Schon nach dieser kurzen Zeit sprießt überall wieder neues Leben aus der schwarzen Erde.
Ich könnte noch viele schreckliche Fotos der Zerstörung zeigen. Fotos, die es vermutlich nie in einen Foto-Bildband schaffen werden…
Doch an dieser Stelle möchte ich meine Schilderungen beenden. Lange habe ich gezögert, ob ich über dieses Erlebnis überhaupt schreiben soll, da es für mich so furchtbar und verstörend war. Aber nun ist es dieses Jahr schon wieder passiert! Wieder brennt Griechenland! Und ich denke, es ist meine Aufgabe, zu zeigen, wie sich der Klimawandel auch in Griechenland bemerkbar macht. Und dieser ist nicht nur ein Problem für die Natur, er gefährdet die Existenz von vielen Menschen im Land.
Darum zum Schluss ein Appell an uns alle (ich nehme mich da nicht aus!): Unsere Erde ist so prachtvoll, duldsam und widerstandsfähig, sie schenkt uns Freude und Leben. Sie bietet uns so viele Möglichkeiten. Aber wenn wir weiterhin ein schönes Leben in einer schönen Welt führen wollen, dann müssen wir etwas tun, bzw. etwas ändern! Wir alle! Denn wir Menschen sind die „Schmarotzer“ auf dieser Erde, die den natürlichen Kreislauf stören! Jeder kann etwas dazu beitragen, und sei es auch noch so klein.
Der Fotobildband von Daniela und Wolfgang Wehrmeier ist zu beziehen über WIWLIO Verlag, https://wiwlio.jimdofree.com/
Eine Rezension zum Buch findet ihr hier: https://radio-kreta.de/buchtipp-im schatten-des-olivenbaums/ Mit einem Click auf das Banner kommt ihr zur Website von Daniela und Wolfgang.
@ Schlaumeier Kritikos
Wenn man hier ein Kommentar mit einem Link schreibt, dauert die Veröffentlichung des Kommentares mehrere Tage, oder auch gar nicht. Das kann auch nicht die Lösung sein.
Und hier die ungenannte Quelle, aus der kokkinos vrachos (wie so oft) fremde Texte als eigene verkauft:
https://griechenlandsoli.com/2023/08/03/verfolgt-die-regierung-die-richtige-strategie-gegen-brande/comment-page-1/
Moin Marco, der größte Fehler der Vergangenheit, der sich bis heute massiv auswirkt, ist eine Entscheidung von 1998. Damals wurde von der PASOK-Regierung unter Kostas Simitis die Verantwortung für die Brandbekämpfung von der Forstverwaltung auf die Feuerwehr übertragen. Fast alle Spezialisten für die Waldbrandbekämpfung verloren dann im Laufe der nächsten Jahre ihre Arbeit. Infolge dessen fehlt das Know How für das Eindämmen der Brände in Wäldern.
Dabei kritisierten die Experten vor allem die zu starke Abhängigkeit von „fliegenden“ Löscheinheiten und das Fehlen einer „Infanterie“, also von kleinen, speziell ausgebildeten und vor allem ortskundigen Feuerwehrtrupps, die akute Brandherde am Boden bekämpfen.
Der Verband griechischer Förster hat gerade wieder auf die falsche Entscheidung von 1998 hingewiesen und ein Umdenken gefordert. Dieselbe Ansicht vertritt der Verband der öffentlichen Angestellten im Geotechnikbereich.
Im Jahre 2018 unter dem Eindruck der Brandkatastrophe von Mati ließ der damalige Ministerpräsident Tsipras eine Kommission mit fünf führenden griechischen Experten unter der Leitung durch den international geachteten deutschen Professor Goldammer einsetzen, die Vorschläge für eine Verbesserung der Brandbekämpfung in Griechenland erarbeitete. Im Januar 2019 schlug diese Kommission u.a. folgendes vor: die Prävention zu priorisieren, flächendeckend lokale Brandpläne zu erarbeiten, die Bekämpfung der Brände in Wäldern wieder in die Verantwortung der Forstbehörde zu übertragen.
Mitsotakis, der 2019 an die Regierung kam, setzte die Vorschläge der Kommission nicht um.
Viele Grüße aus Hamburg, kv
Ich war 2021 im Griechenland Zur Brandbekämpfung durch EU Hilfe eingesetzt und es war wirklich kein schönes Bild riesige Flächen so verbannt an zuschauen.
Es brennt ja mittlerweile überall und auch bei uns in Deutschland mehr.
Kalimera Christa, ja du hast abslout Recht.
„»Die Landnahme des Kapitals« – schreibt auch der Hamburger Soziologe Jürgen-Michael Reimer in seinem jüngst erschienenen Essay »Der absurde Kapitalismus« – geht in diesen Tagen in den Ländern rund um das Mittelmeer über Leichen. Reimer: »Der Umweltschutz zur Erhaltung der Existenzgrundlage des Menschen hat der Markt nicht als seine Aufgabe angesehen, sondern dem Profitinteresse untergeordnet.« Eine Feststellung, die sich mit den aus der Praxis gewonnenen Erkenntnissen von Tzoumakas – dem jahrzehntelangen Kampf gegen die immer an denselben Orten wiederkehrenden griechischen Großfeuer an der Ägäis – deckt. Dem TV-Sender Skai sagte Tzoumakas am 18. Juli: »Nicht einmal zehn Prozent der Brände sind aus irgendwelchen Nachlässigkeiten entstanden. Es handelt sich vielmehr um organisierte Brandstiftungen, die in Gegenden vollzogen werden, die von wirtschaftlichem Interesse sind und deren Nutzung daher geändert werden soll. Angezündet werden Wälder und Büsche immer wieder in der Landschaft Attika und auf der Insel Euböa«, die verkehrsgünstig nahe der Metropole lägen, »und auf den Inseln. Bereinigt wird die Natur dort für den Bau von Hotels, Windparks und Photovoltaikanlagen«.“
(Quelle: 4.8.2023, Junge Welt)
Schönes Wochenende, kv
Es ist ja so einfach alles auf den „Klimawandel“ zu schieben. 95% der Waldbrände entstehen jedoch durch Unachtsamkeit oder Brandstiftung.
Moin, die Realität ist auch, dass die Ausgaben für die Löhne der Feuerwehrleute in diesem Jahr um 7,5 Millionen Euro gesenkt wurden und dass 80 Prozent des Fuhrparks der Feuerwehr älter als zehn Jahre sind. Tausende Stellen sind nicht besetzt. Das wissen auch alle in Griechenland. Mitsotakis versucht davon abzulenken, in dem er dem Klimawandel die Schuld gibt.
Statt in Feuerwehr/Katastrophenschutz, in das marode griechische Gesundheitssystem und medizinisches Pflegepersonal, Bildung und Nahverkehr zu investieren, steckt die konservative Regierungspartei Nea Dimokratia von Kyriakos Mitsotakis lieber Millionen in Polizei und Rüstung.
Die Nea Dimokratia hat die Zahl der Feuerwehrleute kontinuierlich verringert – die Zahl der Polizisten exorbitant vergrößert.
Die griechische Regierung gab aus:
6,6 Milliarden für die NATO
1,9 Milliarden für Rafale-Kriegsflugzeuge
120 Millionen zur Unterstützung/Rettung der Fluggesellschaft AEGEAN
30 Millionen für Polizisten in Universitäten.
1,7 Millionen für den Brandschutz
Viele Grüße aus Hamburg, kv