Es begab sich mal wieder zu der Zeit, die man gemeinhin als „Sommersaison“ bezeichnet und die sich für die hier dauerhaft Ansässigen (außer durch Sonne, Hitze, Sand und Strand) auch noch durch eines charakterisiert: Besuch! Besuch von Bekannten, von quasi Bekannten („ich bin doch der von Facebook!“), die man allerdings noch nie vorher gesehen hat, von Familie und Freunden – es ist was los!
Und so auch im Sommer 2017. Wir saßen also im Morgenkaffee-Café „Cosmogonia“ mit nettem Besuch, als mal wieder unser lieber Fischer Wassilis mit seinem „Papaki“ (halbautomatisches Moped) um die Ecke geschossen kam. Bremse reingehauen und eingemeindet. Einen Raki auf die Gesundheit unseres 81-jährigen Lieblingsfischers und der „Stress“ fing an. Wir wurden nämlich auf Punkt 12h in´s Water´s Edge Café zitiert, in dem besagter Wassili gestern mal wieder Fisch servieren wollte. Und zwar aus der eigenen Küche. Kretische Biergartenmentalität: Getränke zahlen wir, Essen bringen wir selbst mit. Geht in Ausnahmefällen – und Wassilis ist ein ebensolcher – immer.
Aber vorher wollte Wassilis mir noch seine Geheimnisse und kleinen Schätze präsentieren, von daher ging es einmal die Straße hoch, die Abkürzung durch den Kirchhof genommen, ein paar Stufen erklommen und schon standen wir vor seiner Haustür.
Nur – „hmmmmmmmmm…. Mist! Mein Schlüssel steckt ja noch am Moped am Hafen! Aber Moment mal (Wassilis wühlt zwischenzeitlich im Busch rechterhand der Eingangstür…) – da müsste doch noch… , wo isser denn…., den hab ich doch neulich…. – HA! Da isser!“. Der Ersatzschlüssel im Busch! Also rein in die Hütte und gleich erst mal die Ehefrau begrüßt. Die kleinste Katze der Welt gesichtet und gleich Wassilis auf dem Fuße in seinen Garten gefolgt.
Dort erwarteten mich ein Gewächshaus für den Eigenbedarf an Gurken, Tomaten und Sonstigem, gefühlte 30 Karnickel und ein Garten mit Stamnagathi, Glystrida, Oliven und vielem Grünzeugs mehr – und ein kleiner Verschlag mit 2 Holzfässern à 250 Litern eigenen Weines. Der beste Rote der ganzen Region, sagt Wassilis. Okay, ein leichter cognacartiger Beigeschmack lässt sich nicht verleugnen, aber ja, lecker (nur halt nicht morgens um kurz vor neun!).
Dann zurück in´s Haus, wo ich noch zweier proppenvoller Gefriertruhen ansichtig wurde (falls mal wieder Besatzer kommen, ist man wenigstens versorgt!), Wassilis mir erklärte, dass er außer Fischer auch noch Fliesenleger war (die Fliesen in seinem Haus waren wirklich einwandfrei verlegt!), dass er ca. 80% aller Häuser im Dorf selbst gefliest habe und – und das war fast das Beste – dass er hier im heimischen Wohnzimmer ja auch seine Fischernetze herstellt.
Und das könnt Ihr Euch hier grade mal live angucken:
Nach diesem wirklich beeindruckenden Einblick in das Leben eines liebenswürdigen 81-jährigen kretischen Fischers, Fliesenlegers, Karnickelzüchters, Schmuckmachers (er hat mir noch dazu Original-Wassili-Ohrringe geschenkt!), Sterne-Kochs und Fischernetz-Handwerkers gingen wir mit einer Flasche seines Rotweines und dem festen Versprechen, uns um Punkt 12h im Water´s Edge Café zum Mittagessen einzufinden, unserer Wege.
Und das Mittagessen war mal wieder eine Offenbarung – aber dazu in Kürze mehr (wenn ich das Rezept noch rauskriege, gibt´s das dann noch dazu!). Die Fische, die er in einer rekordverdächtig leckeren Sauce kredenzt hat, hießen übrigens „Germanoi“ – „Deutsche“. Na, das passte ja. Und als Wassilis dann nochmal nach Hause knatterte, um alte Fotos von seinen vielen deutschen Freunden – allen voran „Helmut“ – zu holen, war die deutsch-kretische Freundschaft auf´s Neue besiegelt.
Radio Kreta – generationen- und nationalitätenübergreifende Geschichten.
Wassilis ist vorgestern von uns gegangen. Wir danken für die schöne Zeit.