Wer sich bei seinen Kreta-Besuchen mal weg von den Stränden in´s bergige Hinterland begeben hat, hat sicherlich festgestellt, dass auch im 21. Jahrhundert dörfliche Wirtschaftsstrukturen hier immer noch sehr ausgeprägt sind.
Überall auf den Feldern, in den Büschen und sogar an steilen Hängen sieht man Menschen bei der Arbeit. Die meisten dieser hart arbeitenden Menschen sind allerdings im Alter jenseits der 60, denn immer mehr junge Menschen verlassen die Dörfer, um in den Städten und an den Küsten ihr Glück zu suchen.
Ausschlaggebend hierfür sind sicher vor allem 2 Gründe: der Tourismus und die Macht der modernen Medien (Fernsehen und Internet).
Landwirtschaft auf Kreta ist Schwerstarbeit.
Es herrschen schwere Zeiten für die kretischen Dörfer und ihre Bewohner, auch wenn man das angesichts ihres aufgeräumten Erscheinungsbildes zwischen den gepflegten Feldern und Olivenhainen gar nicht meinen möchte.
Die Landwirtschaft ist für die Dorfbewohner schon immer Schwerstarbeit gewesen: da müssen Bewässerungsgräben ausgehoben bzw. Bewässerungsleitungen gelegt werden, Werkzeug muss transportiert werden, mit einfachsten Mitteln wird gesät und geerntet und – nicht zu vergessen – tagtäglich, Winters wie Sommers, in Hitze und Kälte, bei Wind und Wetter, für die Tiere (meist Schafe und Ziegen) gesorgt werden.
Ganz abgesehen von denjenigen, die zusätzlich noch in die Berge gehen, um Wildkräuter, Tees und Gewürze, Schnecken und Pilze zu sammeln, was nochmal eine zusätzliche Knochenarbeit bedeutet. Das wissen wir auch aus allererster Hand von unserem lieben Wassilis, der mit seinen 82 Jahren gerade nach dem Regen der letzten Woche und der darauffolgenden Wärme mal wieder in den Pilzen war (uns was DABEI rauskam berichten wir an anderer Stelle….). Im Frühjahr gibt´s dann wieder selbst von ihm gesammelte Schnecken – man lebt mit der Natur und nimmt, was sie einem anbietet… – auch heute noch!
Tourismus versus Knochenarbeit
Allerdings schluckt die Tourismusindustrie einen Großteil der dringend benötigten saisonalen Arbeitskräfte auf dem Land und in den Bergen. Weniger gut ausgebildete Jugendliche finden in der Sommersaison leicht Anstellungen in Bars, Restaurants und Hotels und nehmen dafür lange Arbeitstage und relativ geringen Lohn in Kauf.
Im Winter und zu großen Festivitäten kehren sie dann allerdings doch meist in ihre Dörfer zurück – allerdings meist „mit der Gesamtsituation unzufrieden“ und gelangweilt. Sie weigern sich dann rundweg, bei der tagtäglichen Land-Arbeit mitzuhelfen, die sie als minderwertig empfinden.
Und dies trifft auf diejenigen mit einer besseren Ausbildung natürlich noch mehr zu. Sie fühlen sich von den Arbeitsmöglichkeiten in den städtischen Betrieben, der Verwaltung oder der Wirtschaft angezogen – entweder natürlich in der Inselhauptstadt Heraklion oder auch außerhalb Kretas, vorzugsweise natürlich in Athen.
Gescheiterte Wirtschaftsflüchtlinge im eigenen Land
Manche dieser „Wirtschaftsflüchtlinge im eigenen Land“ sind – gerade und vor allem auch im Zuge der Krise, wenn sie ihre ach so tollen Jobs in den großen Städten verloren hatten – in ihre Heimatdörfer zurück gekehrt. Nicht aber, um die Arbeit ihrer Eltern fortzuführen, sondern um ihre in der Stadt erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten als Unternehmer einzusetzen.
Sie vermieten Zimmer, eröffnen Tavernen, bieten die diversesten Dienstleistungen an oder gründen – und das macht ja endlich mal Sinn! – Herstellungsbetriebe. So sind z.B. bereits Tanzschulen, Agrar-Kooperativen, Schaffell-Verarbeitungsbetriebe, Obstplantagen und Schneckenfarmen entstanden – auch hier auf Kreta!
Natürlich versuchen aber alle, am Geschäft mit den Touristen teilzuhaben. Mit Fernsehbildern von Reichtum und Erfolg aufgewachsen und über das Internet noch mehr „Flausen“ in den Kopf gesetzt bekommen habend, unterschätzen sie allerdings oft die mit ihrer unternehmerischen Aktivität verbundenen wirtschaftlichen und finanziellen Schwierigkeiten.
Und dann tritt sie ein, die brutale Desillusionierung, die ihre Vorfahren bei all der Schlichtheit ihres Arbeitslebens nie gekannt haben.
auf Kreta ist es nicht anders:
https://www.arte.tv/de/videos/073398-010-A/re-mallorca-am-limit/