Gestern stand mal wieder ein bürokratischer Halbmarathon in der großen Stadt an und da diese Tage für uns immer an Höchststrafe grenzen (wofür eigentlich?), versuchen wir doch immer, uns das dann doch irgendwie noch ein bisschen zu versüßen. Gestern hatten wir uns aus genau diesem Grunde mit unseren Nachbarn aus Kalamos verabredet, die aber über Winter meist in ihrer Stadtwohnung in Chania leben, da ihnen hier im Dorf zu wenig los ist.
Von der Freude, die beiden mal wieder zu sehen und auch noch von ihnen zum Essen eingeladen zu werden mal abgesehen, hatten wir uns auch auf einen kleinen Ausflug geeinigt: es sollte nach Theriso gehen, wo dann auch das Mittagessen stattfinden sollte.
Wir hatten uns schon im Vorfeld etwas schlau gemacht und können das jetzt mit unserer gestrigen Erfahrung noch ein bisschen anreichern:
Theriso (Θέρισο) ist ein kleines Dorf…
… ca. 16 km südlich von Chania auf einer Höhe von knapp 600 m am Fuße der mächtigen Levka Ori – der weißen Berge. Es ist aber nicht nur das Dorf, sondern die wunderschöne „Theriso-Schlucht“ mit ihrer dramatischen Landschaft, die 6 km entlang des Flussbettes führt und vom Grün der Kastanien und Eichen umgeben ist. Natürlich ist die Schlucht auch ein tolles Ziel für eine wunderbare Wanderung in der sauberen Bergluft und ist bei Kletterern und Wanderern beliebt, die auch oft die Gelegenheit nutzen, um aus dem Dorf heraus den hohen Gipfel des Pachnes zu besteigen.
Die weniger aktiven Besucher können einen Besuch der Schlucht, des Waldes und der nahe gelegenen Sarakina-Höhle, 2 km nördlich des Dorfes, genießen. Historische Funde aus der Jungsteinzeit und der minoischen Zeit wurden bei archäologischen Ausgrabungen entdeckt – man geht davon aus, dass diese Höhle in grauer Vorzeit einmal eine Anbetungsstätte war.
Die Theriso-Schlucht und das Dorf sind ein prima Ziel für einen wunderbaren Tagesausflug von Chania aus. Man kann selbst im Winter – so wie wir gestern – in ein paar der zahlreichen traditionellen Tavernen die berühmten kretischen Lamm- und sonstige Fleischgerichte sowie viel frisches (Wild-)Gemüse der Region probieren – und genießen!
Noch dazu hat Theriso eine bemerkenswerte Geschichte, die eng mit der Freiheit und Unabhängigkeit des kretischen Volkes verwoben ist.
Von Prinzen, Besatzern und kretischen Revoluzzern.
Der berühmte Politiker und Staatsmann Eleftherios Venizelos, geboren 1864 in Mournies gar nicht weit von Theriso entfernt, rief 1905 in diesem Dorf den Aufstand gegen die Regierung von Prinz Georg aus – in die Geschichte ist dieser Aufstand als „Revolution von Therisos“ eingegangen. Die Unzugänglichkeit des von Bergen umgebenen Dorfes, machte es schwierig, es zu erobern oder zu belagern.
Zweifellos wählte Venizelos dieses Dorf, da er einzigartig an die Bergbewohner und an dieses Dorf gebunden war. Es war das Dorf seiner Mutter Stiliani Ploumidakis. Noch heute steht das Haus seiner Mutter im Dorf und ist als historisches Gebäude erhalten geblieben.
In der „Revolution von Theriso“ kämpften die Kreter um die Vereinigung der Bewohner der Insel, nachdem diese 400 Jahre lang von den Osmanen beherrscht worden war und von Prinz Georg von Griechenland, der von den Großmächten entsandt worden war, von außen nicht regiert wurde.
Schließlich wurde Kreta dann aber doch 1913 mit Griechenland vereinigt. Eleftherios Venizelos war von 1910 bis 1915 Premierminister von Griechenland. Venizelos ist einer der großen Helden von Kreta und Griechenland und in wohl jedem Dorf und natürlich jeder Stadt gibt es mindestens eine Straße, einen Platz oder ein Gässchen, das nach Eleftherios Venizelos benannt ist (sogar hier in Paleochora – weiß zwar fast keiner, aber die Hauptstraße heißt tatsächlich so!).
In Theriso befindet sich auch das „Eleftherios Venizelos Unabhängigkeits-Zentrum“ (Eleftherios Venizelos Center for Independence) und das Nationale Widerstandsmuseum von Theriso (Therisos National Resistance Museum), die beide gerne Besucher willkommen heißen.

Darüberhinaus haben wir auch noch ein Tyrokomeio (Τυροκομείο) gesehen – eine lokale Molkerei mit Milchprodukte-Verkauf anbei, konnten sie uns allerdings nicht anschauen, da zuerst der Hunger zu groß war und das Restaurant der unmittelbarste und in diesem Moment wichtigste Anlaufpunkt – und die Molkerei dann, als wir alle pappsatt waren, leider geschlossen war. Naja – nächstes Mal dann, denn wir waren zwar zum ersten, aber sicherlich nicht zum letzten Mal dort.
Und so sieht das aus, wenn man von Norden nach Süden durch das Tal fährt:
Moin und Kalimera, Thérissos ist bei den Chanioten ein beliebtes Auslugsziel. Schnell zu erreichen und eine andere Welt. Im Sommer ein wenig kühler und im Winter liegt Schnee in Thérissos.
„Natürlich ist die Schlucht auch ein tolles Ziel für eine wunderbare Wanderung in der sauberen Bergluft und ist bei Kletterern und Wanderern beliebt, die auch oft die Gelegenheit nutzen, um aus dem Dorf heraus den hohen Gipfel des Pachnes zu besteigen.“
Einen Wanderweg gibt es in der Thérissos-Schlucht nicht, nur die Asphaltstraße von Chania nach Thérissos führt durch die Schlucht. In der Umgebung gibt es aber einige Wandermöglichkeiten, z.B. von Thérissos nach Mesklá.
Von Thérissos zum Pachnes zu wandern ist zwar möglich, aber wegen der weiten Entfernung ist davon wirklich abzuraten.
Von Chania bietet sich eine Ausflug mit dem Auto als Rundfahrt: Chania – Fourmes – Lakki – Mesklá – Zoúrva – Thérissos – Chania an. Besonders das kurze Stück zwischen Lakki und Mesklá ist superschön und sehr einsam.
Wem die Tavernen in Thérissos zu touristisch sind, kann auch in Mesklá und Zoúrva einkehren.
kalo dromo, kv