Buchtipp: „Beim Griechen“

In den Karlsruher Lokalen des griechischen Gastwirtes Christoforos Stefanidis haben viele gern und gut gegessen. Mehr oder minder berühmte Politiker waren darunter, Universitätsprofessoren, Bundesverfassungsrichter, aber auch angehende Terroristen. „Der Grieche“ am Berliner Platz war eine der bekanntesten Adressen in Karlsruhe.

Alexandros Stefanidis hat der Taverne, die von der Döner-Welle überrollt wurde, seiner Familie, vor allem aber seinem Vater mit dem Buch „Beim Griechen“ ein Denkmal gesetzt. Private Lebensgeschichte und deutsche Zeitgeschichte gehen Hand und Hand in der süffig zu lesenden Darstellung des Journalisten, der für das Magazin der Süddeutschen Zeitung arbeitet. Am 18. September (20.30 Uhr) kam er auf Initiative der „Buchhandlung am Kronenplatz“ zur Buchvorstellung ins Jubez am Kronenplatz. „Klappe Auf“ hat vorab mit ihm gesprochen.

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„Wie sind sie auf die Idee gekommen, dieses Buch zu schreiben, und war es vorneherein klar, dass ihr Vater darin die Hauptrolle spielen wird ?

Stefanidis: Manchmal, wenn mein Vater Geschichten aus seinem Leben erzählte, saßen Jorgo, Ari, Kitsa (meine Geschwister) und ich ihm gegenüber. Mal staunend, mal etwas irritiert. Meistens schmunzelnd. Draußen war es dunkel geworden, auf manchen Tischen standen noch leere Gläser, die letzten Gäste waren eben gegangen. Die Idee zu diesem Buch geht zurück auf viele dieser Momente: verrauchte Gespräche Mitte und Ende der Neunziger Jahre am Stammtisch des „Griechen“. Nachts um halb zwei.

Dass mein Vater der Mittelpunkt der Geschichte sein würde, war von vornherein klar. Es ist seine Lebensgeschichte, im Speziellen. Aber im Allgemeinen geht es in dem Buch nicht nur um ihn: Ich wollte die Geschichte einer Einwandererfamilie in Deutschland aufschreiben, stellvertretend für viele andere ähnlich verlaufende.
Es geht in meinem Buch aber eben nicht nur um einen Blick auf griechische, sondern auch auf deutsche Eigenarten, deutsche Geschichte, die alte und neue Bundesrepublik – aus dem Blickwinkel einer griechischen Familie. Es geht um das große Thema Integration, aber ich selbst erwähne dieses Wort dennoch kein einziges Mal. Auf 250 Seiten kommt es vier Mal vor und dann immer als Zitat anderer, z.B. als Aufschrift eines Wahlplakates einer rechten Partei: “Rückführung statt Integration”.

Wie ist es ihnen gelungen, die Ereignisse von damals, auch die vor ihrer Zeit, so plastisch und detailreich zu schildern?

Stefanidis: (schmunzelnd) Mein Vater ist ein Meister im Geschichtenerzählen. Die meisten Geschichten des Buches habe ich wahrscheinlich schon viele hundert Mal von ihm zu hören bekommen. Sie haben sich bei mir eingeprägt, ich konnte sie größtenteils aus dem Kopf runter schreiben. Vielleicht habe ich deshalb fürs Buch selbst nur fünf Wochen gebraucht. Natürlich habe ich vorher auch sehr viele Stunden mit meinem Vater, meiner Mutter und meinen Geschwistern, unseren Verwandten, Freunden und Weggefährten gesprochen. Aber zugegeben: Nicht jede Szene, nicht jedes Komma in einem Dialog hat so zu 100 Prozent stattgefunden. Manchmal hat eine spontane – und erfundene – Idee von mir weiter geholfen.

Wie stehen sie zur griechischen Küche?

Stefanidis: Hahaha. Ich weiß natürlich, dass die griechische Küche in der Welt der Haute Cuisine keinen allzu guten Ruf hat. Aber wenn man – wie ich – in einem griechischen Restaurant aufgewachsen ist und die eigene Mutter täglich für einen kochte, kann ich nur sagen: Entschuldigung Herr Witzigmann, sorry Jamie Oliver, Tim Raue und Harald Wohlfahrt – aber gegen meine Mama schaut ihr alle alt aus.

Was verbindet sie noch mit Karlsruhe?

Stefanidis: Ich bin hier aufgewachsen, hier wohnen meine Eltern, Geschwister, Freunde. Ich habe längere Zeit in Berlin, Toronto, Thessaloniki, Frankfurt oder München gelebt – alles schöne Städte. Karlsruhe ist zwar keine Metropole, aber wenn ich hier zu Besuch bin, fühle ich mich immer noch zu Hause. Dieses unterschwellige Gefühl verbindet mich mit der Stadt – und lässt sich auch nicht abschalten.“

„Beim Griechen“ von Alexandros Stefanidis – deutsche Zeitgeschichte mal aus „anderer“ Sicht.

Quelle: Georg Grotenrath und Klappeauf.de