Buchtipp: „Wer den Wind sät“, von Michael Lüders.

Die westliche Politik – Segen oder Fluch?

Von Alexander Wagner am 26. Mai 2015 bei Amazon

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Unser Buchtipp.

Michael Lüders bearbeitet in seinem Buch die Thematik der Einmischung der westlichen Staaten, allen voran der USA, in die Politik der Staaten des Nahen und des Mittleren Ostens, aber auch des Arabischen Raums.

Ausgehend vom Jahr 1953, als ein von den USA (und Großbritannien) unterstützter Putsch die Regierung (unter Mossadegh) stürzte und infolgedessen ein instabiles, jedoch US-höriges System etablierte, beschreibt Lüders auf 175 Seiten die engen Zusammenhänge zwischen den Verfehlungen der westlichen Politik und den eng damit zusammenhängenden Aufstiegen des IS („Islamischer Staat“) und anderen Sicherheitsbedrohungen. Auch Unruhen in einem Großteil der arabischen und isla-misch geprägten Länder werden über kurz oder lang mit der fehlerhaften Politik des Westen in Zusammenhang gebracht. Das Themenspektrum reicht hierbei vom „Ara-bischen Frühling“ bis zum Aufstieg und Fall der Muslimbrüder, sowie den engen Verstrickungen US-amerikanischer Konzerne mit Ländern wie Saudi-Arabien. Des Weiteren wird auch der Nahost-Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern ins Spiel gebracht, wobei auch hier die USA (als Schutzmacht Israels) abermals eine große Rolle spielt.

Lüders verweist in seinem Buch darauf, dass nahezu alle (sogenannten) Terrororganisationen einen Kopf haben, welcher von den USA als „böse“ bezeichnet wird und zuweilen sogar mit Hitler verglichen wird, sei es nun Mossadegh, Saddam Hussein oder Bashar al-Assad – all diesen Köpfen werden bestimmte Charaktereigenschaften zugeschrieben, die die öffentliche Meinung in eine bestimmte Richtung leiten sollen. Interessant dabei ist nur, dass diese „Bösen“ teilweise früher von den USA unterstützt wurden, manches Mal wegen wirtschaftlichen Gründen, manchmal um politische Interessen durchzusetzen. Was der Autor in erster Linie aufzeigen möchte ist, dass durch die Einmischung der westlichen Politik und gleichsam durch das Aufzwingen des westlichen Systems (Demokratie (soweit gewünscht), …) mehr Probleme geschaffen, als verhindert werden.

Beispielsweise ist hier der „IS“ anzuführen. Nahezu die gesamte Welt fühlt sich durch den „IS“ bedroht, doch den Platz zur Verbreitung hat diese Bewegung erst aufgrund der Einmischung der westlichen Politik erlangt. Durch den jahrelangen Krieg im Irak wurde dort im Grunde nichts als verbrannte Erde hinterlassen. Vor dem Einschreiten des Westens im Irak herrschte dort zwar ein mitunter feudalistisch und patriarlich geprägtes System, jedoch gab es immerhin ein System. Durch die Interventionen der westlichen Welt, allen voran der USA, wurde dieses System gestürzt und der Bevölkerung eines aufgezwungen, welches zwar im Westen funktioniert (zumindest im Großen und Ganzen) jedoch nicht auf den Mittleren Osten übertragbar ist. Somit entstand ein politisches Machtvakuum – die eingesetzte Führung war zu schwach, um das Land zusammenzuhalten und zu regieren, wohl auch aufgrund des fehlenden Rückhalts der Bevölkerung, und somit war der Weg frei für Gruppierungen, die sich die Situation zunutze machen konnten; in diesem Fall namentlich der „Islamische Staat“. In Syrien verhielt es sich ähnlich. Dort hat die instabile Lage zur Folge, dass sich der „IS“ weiter nahezu ungehindert ausbreiten kann und somit eine Bedrohung sowohl für den Westen, als auch in erster Linie für den Nahen Osten darstellt.

17. November 2015: Ausschnitt Phoenix TV: Michael Lüders (Islamwissenschaftler). Die Ursachen des Terrors in Paris und das Verschulden des Westens und der NATO.

Lüders Buch gibt einen sehr gute Einblick, inwieweit westliche Politik Schuld an der derzeitigen Misere in Ländern wie Syrien, dem Irak, Israel, … trägt. In puncto Israel zeigt der Autor außerdem auf, dass nicht mit zweierlei Maß gemessen werden soll. Einerseits verbietet man beispielsweise dem Iran die Nutzung von Uran (mitunter aufgrund Israelischer Interventionen), andererseits gestattet man Israel weiter aufzurüsten (unter dem Vorwand der Verteidigung). Doch blickt man auf die Israelische Politik und wie sie zum Beispiel mit dem Thema „Palästinenser“ umgeht, so wird deutlich, dass sich Israel alles andere als verteidigt – vielmehr führt es einen Angriffskrieg (mitunter kann man sogar von einem Vernichtungskrieg sprechen) gegen die palästinensische Bevölkerung. Bei näherer Betrachtung stellt sich die Frage, warum Israel einen derartigen Sonderstatus innehat und sich damit das Recht herausnimmt über andere Völker bestimmen zu können. Wichtig ist, dass man Kritik am Vorgehen Israels äußern darf und hier nicht zulässt, dass Kritik am Staat Israel mit Antisemitismus gleichgesetzt wird – hier wäre vor allem die USA am Zug, ein Machtwort zu sprechen und die Immunität Israels aufzuheben.
Alles in allem regt Lüders in seinem Buch zum Nachdenken an – über das eigene Wertesystem, das „Gut-Böse-Denken“ und die US-amerikanische Hegemonialstellung.

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Pressestimmen
„Analytisch klarster und medial einflussreichster Nahost-Experte Deutschlands.“
Kiefer Sebastian, Falter, 8. April 2015

Autorenkommentar
Michael Lüders war lange Jahre Nahost-Korrespondent der Hamburger Wochenzeitung „DIE ZEIT“ und kennt alle Länder der Region aus eigener Anschauung. Als Nahostexperte ist er häufiger Gast in Hörfunk und Fernsehen.