Blick von der Terrasse der Taverne Xyloskalo Richtung Melintaou.
Der Weg ist das Ziel
Von Daniela Wehrmeier.
Kreta im Frühling, das heißt für uns immer: wunderbare Wanderungen, aufregende Entdeckungen, Natur erleben pur, unsere Grenzen austesten. Schon dreimal sind wir die Samaria Schlucht nach Agia Roumeli durchwandert, jedes Mal haben wir am Startpunkt sehnsuchtsvoll nach oben geschaut. Dieses Mal wollen wir hoch hinauf: Der Melintaou ist unser Ziel.
Ein bisschen skeptisch sind wir schon. Als „Flachlandtiroler“ aus dem topfebenen Marschenland der norddeutschen Tiefebene ist jeder Berg eine Herausforderung. Aber wir lieben Herausforderungen. Damit wir morgens recht zeitig starten können, haben wir uns auf der Omalos Hochebene im Berghotel Neo Omalos einquartiert. Die gemütliche und zünftig-rustikale Atmosphäre eines typischen Berghotels stimmt uns zuversichtlich.
Wir starten mit unserem Jinmy Jeep die Schotterpiste von der Hochebene nach oben zur Kallergi-Schutzhütte, aber unsere 4-räderige Bergziege streikt, will die 600 Meter Höhe nicht klettern, zu große heruntergefallene Steinbrocken versperren den Weg. Also packen wir unsere Säcke auf den Rücken und steigen zu Fuß weiter bergauf. Die Belohnung kommt sofort: der Blick zurück auf die grüne Omalos-Hochebene ist beeindruckend.
Blick zurück auf die Omalos-Hochebene
Um ca. 9:00 Uhr erreichen wir die Schutzhütte und genießen den Rundum Blick. Unter uns die Samaria-Schlucht, rund herum die Gipfel der Lefka Ori, der Weißen Berge. Unser Weg führt uns weiter, eine gut begehbare Schotterpiste schlängelt sich entlang der Hänge in Richtung Osten. Wieder einmal treffen wir auf den E4 Wanderweg und begleiten ihn ein Stück. Nach ca. 90 Minuten verlassen wir den Schotterweg und folgen einem kleinen Schild nach rechts den Hang hinauf.
Wir verlassen die Schotterpiste.
Es mehr ein Ziegenpfad denn ein Wanderweg, steile und geröllige Abschnitte kosten uns Kraft und Zeit. Irgendwann überqueren wir einen Kamm und kommen in eine kleine sanfte Ebene. Balsam für unsere Beine. Doch wir wandern weiter … wieder geht es bergauf. Hier oben weht uns plötzlich ein kühler
Wind entgegen. Wie hoch mögen wir wohl schon sein? Wir erreichen den nächsten Kamm und plötzlich eröffnet sich vor uns der Blick gen Süden auf das Libysche Meer. Und hinter uns im Norden sehen wir das Kretische Meer. Der Wahnsinn! Erschöpft und glücklich genießen wir die Aussicht. Die Ruhe. Die endlose Weite. Das Gefühl, so unendlich weit entfernt zu sein von Problemen und Sorgen.
Die Kuppe des Melintaou liegt rechts vor uns, zum Greifen nah, aber noch deutlich über uns. Mit weichen Knien und ohne Bäume als Maßstab scheint der Weg noch endlos … Wir können nur schätzen, wie weit entfernt unser Ziel noch ist, wieviel Meter uns noch vom Gipfel auf 2.133 m Höhe trennen … was soll‘s … wir sind keine geübten Wanderer, denken an den Abstieg, der meist anstrengender ist als der Aufstieg, sind glücklich, so weit gekommen zu sein und beschließen, umzukehren.
Der Abstieg mit faszinierenden Aussichten.
Bergabwärts kommen wir erstaunlich gut voran, lassen uns Zeit, schließlich wollen wir die Wanderung, die Stille der Einsamkeit und die Natur um uns herum genießen. Ich pflücke einen Strauß frischen Bergtee.
Zum ersten Mal sehe ich Kretischen Bergtee in freier Natur.
Nach einer knappen Stunde erreichen wir wieder die Senke und machen eine kleine Rast, essen Brot und die mitgebrachten Tomaten und Orangen. Wir lauschen in die Stille und hören – Glocken! Das Gebimmel wird lauter und kurze Zeit später kommt eine Schafherde samt Hirte über den Kamm. Fasziniert beobachten wir, wie die 2- und 4-Beiner elegant und leichtfüßig über die Felsen springen und langsam an uns vorbeiziehen. Wir malen uns das Leben aus, welches ein Schäfer in dieser kargen Umgebung wohl führen mag … und fühlen wieder dieses warme Gefühl von Dankbarkeit im Bauch. Dankbarkeit dafür, wie gut es uns doch geht und wie glücklich wir sein können, dass wir dies alles hier erleben können.
Einzige Begegnung unterwegs: Ein Schäfer mit seiner Herde
Zwei Stunden später kommt die Kallergi-Schutzhütte wieder in Sicht. Die Zivilisation hat uns wieder. Von der Terrasse der Hütte aus genießen wir ein erfrischendes Getränk und letztes Mal den tiefen Blick hinunter in die Samaria-Schlucht. Gleich daneben: das öffentliche, wasserfreie WC am Abhang. Es regt unsere Phantasie an und bringt uns zum Schmunzeln.
Die Kallergi-Schutzhütte ist wieder in Sicht
Das wasserfreie WC hoch über der Samaria-Schlucht
Jetzt erscheint uns der letzte Abstieg zum Auto wie ein Kinderspiel. Nach ungefähr 8 Stunden ist unser Marsch zu Ende. Etwas geschafft aber glücklich lassen wir den Tag noch einmal Revue passieren.
Welche Motive es später in unseren Fotobildband „Im Schatten des Olivenbaums – Griechische Sehnsuchtsorte“ schaffen werden, wissen wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Aber in Gedanken planen wir schon die nächste Wan dertour ganz in der Nähe: durch die Agia Irini Schlucht hinunter nach Sougia.
Die gesamte Wanderroute zum Melintaou
Den Fotobildband „Im Schatten des Olivenbaums – Griechische Sehnsuchtsorte“ von Daniela und Wolfgang Wehrmeier empfehlen wir auch als Buch-Tipp
(https://radio-kreta.de/buchtipp-im-schatten-des-olivenbaums/). Zu jeder Jahreszeit ist es die ideale Geschenk-Idee für Griechenland-Fans. Er ist zu beziehen über WIWLIO Verlag, https://wiwlio.jimdofree.com/ – auf Wunsch sogar mit Widmung und als Geschenk verpackt.
Mit einem Click auf das Banner kommt ihr zur Website von Daniela und Wolfgang.
Vielen Dank fuer den kenntnissreichen & flott geschriebenen Artikel von meiner ,,Sehnsuchts-Insel
Kreta,,
Dazu erstklassiges Bildmaterial !
Bei meinem nächsten Kreta Aufenthalt werde ich die Tour gehen.
Auch ein Dank an Joerg von ,,Kreta Radio ,, der uns mit vielen Tipps & Anregungen unseren Kreta Aufenthalt
zu einem Erlebniss werden lässt.