Die Krise macht Bauern erfinderisch

Und noch ein schönes Fundstück – diesmal aus der „Frankfurter Rundschau“.
Griechische Bauern machen mobil, schließen sich zusammen, schlagen dem ausschließlich profitorientierten Zwischenhandel ein Schnäppchen und verkaufen ihre Kartoffeln seither nicht mehr unter Selbstkosten.

Eine kleine, hausgemachte Erfolgsstory „made in Greece“.

Griechische Bauern verschleudern ihre Kartoffeln zum Selbstkostenpreis direkt – und fahren damit deutlich besser als auf dem traditionellen Weg über die Zwischenhändler. Verbraucher freuen sich über günstigste Preise.

Die Krise macht erfinderisch: Gemeinsam mit Verbraucherinitiativen bringen griechische Kartoffelbauern ihre Erzeugnisse zunehmend im Direktverkauf zum Selbstkostenpreis auf den Markt. Unter Umgehung des Zwischenhandels machen sie so wenigstens keine Verluste und die Kunden stürzen sich auf das günstige Angebot.

Der Ansturm auf die Kartoffeln begann, als ein Landwirt aus der Gegend von Nevrokopi in Nordgriechenland es satt hatte, seine Erdäpfel beim Großhandel nur unter dem Herstellungspreis loszuwerden. Vom Lastwagen herunter verkaufte er in der vergangenen Woche auf einem Parkplatz in der Stadt Katerini 24 Tonnen Kartoffeln zum Selbstkostenpreis. Seither kann sich Lefteris Kessopoulos vor Nachfrage nicht retten. Er sei schon von Bürgerinitiativen aus Athen, aus Kavala und Larissa im Norden, ja selbst aus dem 1.000 Kilometer südlich gelegenen Pyrgos angesprochen worden. „Wir erhalten Anrufe aus ganz Griechenland“, sagt er.

Die Idee zieht Kreise. Weitere Bauern machen mit, und Verbrauchergruppen versuchen inzwischen, ähnliche Deals mit anderen Erzeugern wie zum Beispiel Herstellern von Olivenöl auf Kreta anzuschieben. Am Freitag hatten Angestellte und Studenten der Universität Saloniki für Bauern aus Nevrokopi einen Sonderverkauf von 50 Tonnen Kartoffeln auf dem Campus organisiert. Das Kilo zu 25 Cent ist ein echtes Schnäppchen gegenüber den 70 Cent, die es im Supermarkt kostet.

„Profitgeier vom Markt drängen“

Die Produktionskosten für ein Kilo Kartoffeln beziffern die Landwirte mit rund 20 Cent, der Großhandel zahle aber nur Erzeugerpreise von zehn bis zwölf Cent. So blieben viele auf ihren Erzeugnissen sitzen, wenn sie keine Verluste in Kauf nehmen wollten. Nach dem Verkauf in Katerini hätten Zwischenhändler begonnen, den Bauern höhere Preise zu bieten, erzählt Kessopoluos. Doch das beste Angebot von 17 Cent je Kilo sei immer noch nicht kostendeckend.

Den Verbrauchern kommt die Aktion gerade recht. Seit über zwei Jahren müssen die Griechen in der Krise den Gürtel enger schnallen, Löhne und Renten sinken, die Arbeitslosigkeit nimmt zu. Immer mehr Menschen wenden sich an Suppenküchen von Kirchen und Hilfsorganisationen.

In der Stadt Drama bei Nevrokopi haben Verbraucherverband und Gewerkschaft für Samstag einen Sonderverkauf von 20 Tonnen Kartoffeln organisiert. „Es wird Zeit, dass die Profitgeier aus dem Markt gedrängt werden“, findet Gewerkschaftsfunktionär Giorgos Savridis. „Auf diese Weise helfen wir den Kartoffelerzeugern und zugleich den Verbrauchern, die es in der Krise schwer haben.“

Loch in der Haushaltskasse

Im Athener Vorort Pallini rief die Gemeindeverwaltung die Anwohner auf, für einen bevorstehenden Kartoffelverkauf von Bauern aus Nevrokopi Bestellformulare abzugeben. Das Kilo soll unter Berücksichtigung der Transportkosten 28 Cent kosten. „Die finanziellen Umstände veranlassen uns, tätig zu werden und ein Netz gesellschaftlicher Solidarität für unsere Einwohner zu schaffen“, hieß es in einer Erklärung.

Ilias Tsolakidis gehört zu einer Bürgerinitiative im Norden und organisierte kürzlich im Internet Bestellungen für den Direktverkauf vom Bauern. Die Resonanz war überwältigend: Binnen kurzer Zeit orderten 534 Familien und alle 24 Tonnen waren ausverkauft. Er wolle „ein Loch in der Haushaltskasse stopfen helfen“, sagt er. „Wissen Sie, die Situation in der Finanzkrise ist sehr schwierig geworden. Wir helfen einerseits den heimischen Erzeugern, aber auch den Familien der Verbraucher.“

Der 67-jährige Konstantinos Karanikos ließ sich von seinem Sohn bei der Internet-Bestellung vorige Woche helfen und will bei nächster Gelegenheit wieder zuschlagen: „Wichtig ist doch, dass der Erzeuger zufrieden ist und die Verbraucher billige Kartoffeln haben.“ (dapd).

Quelle: Frankfurter Rundschau

Wie kreativ die Griechen der Krise sonst noch begegnen lest Ihr hier.

Ein Kommentar

  1. …..prima, endlich mal etwas Geld für die eigene Tasche und Belohnung für die ganze Plackerei. So ist es doch fast überall, der die meiste Arbeit hat, bekommt am wenigsten, weil alle anderen auch vom Kuchen haben wollen. Hoffentlich macht dieses Beispiel Schule……auch in anderen Bereichen ! Ich wünsche es den Griechen.
    Bis bald in Kreta – und an alle Griechen : Haltet durch und laßt Euch nicht unterkriegen !!!

    Grüße aus Wiesbaden,

    Marion

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