Die Lasithi Hochebene: Der Gemüsegarten Kretas.

Ein Reisebericht von Daniela und Wolfgang Wehrmeier 

Jedes Mal, wenn wir in den Osten Kretas reisen, steht ein Besuch der Lasithi Hochebene auf dem Plan. Die fruchtbare Ebene fasziniert uns immer wieder. Darum stammen mehrere Fotomotive in unserem Bild 

band „Im Schatten des Olivenbaums – Griechische Sehnsuchtsorte“  aus dieser Region. Der Kontrast zwischen kargen, kantigen Bergen und flachen, fruchtbaren Feldern könnte kaum irgendwo besser zu  sehen sein, als am Aussichtspunkt der Straße zwischen Mesa Potami und Mesa Lasithi.  

Man fühlt sich wie an einem Kraterrand, wenn man vom Osten kommend  auf die ca. 50 Quadratkilometer große Hochebene schaut. Gut ein Dutzend Dörfer liegen – wie eine Perlenkette, fast kreisrund – an der Straße am  Rande der Ebene. Die große Fläche dazwischen ist geometrisch aufgeteilt in Felder, fast wie ein Schachbrett. Einst war die Ebene berühmt für die vielen weißen Segel der Windräder, die die Pumpen zur Bewässerung der Felder angetrieben haben. Heute stehen nur noch ein paar alte Relikte,  hie und da – überwiegend zur Dekoration – noch mit Segeln bespannt. Die  allermeisten der regenerativen Energieerzeuger wurden leider längst gegen Dieselmotoren ausgetauscht, anscheinend aufgrund des abgesunkenen  Grundwasserspiegels. 

Im Frühjahr ist hier alles üppig grün, aber auch der Spätsommer ist spannend, wenn die Felder erntereif sind. Hier finden wir immer tolle Fotomotive, einige haben es auch in unseren Bildband „Im Schatten des Olivenbaums – Griechische Sehnsuchtsorte“ (Link: https://wiwlio.jimdofree.com/)  geschafft. Wir biegen ab auf das Schachbrett und erkunden, was dort wächst. 

Als Erstes sehen wir ein großes Feld mit Melonen. Die meisten sind allerdings schon abgeerntet. Wespen machen sich über die aufgeplatzten Früchte her.

Es geht weiter mit Feldern von Paprika, Peperoni und Tomaten. Hier gedeiht alles ohne die sonst üblichen Folien-Gewächshäuser. 

Dann ein echter Farb-Flash: ein buntes Salatfeld. Lollo Rosso und grüner Salat im Wechsel. 

Die Lasithi-Hochebene ist eine Karstebene auf ca. 830 Metern Höhe. Der fruchtbare Ackerboden wird im Frühjahr durch die Schneeschmelze der umliegenden Bergspitzen überflutet. Das Wasser sammelt sich in Kalksteinkavernen. Einziger Abfluss ist eine Kaverne im Westen der Ebene.  Hier oben gedeihen weder Oliven- noch Johannisbrotbäume.  

Wir fahren und wandern kreuz und quer durch die Felder.

Hier wird ein Feld mit jungen Kohlköpfen noch bewässert.  

Der Broccoli nebenan schießt schon in die Blüte. Ob die Landwirte hier wohl ihr eigenes Saatgut für nächstes Jahr auswachsen lassen? 

Hülsenfrüchte finden wir leider nicht, vielleicht sind sie schon längst abgeerntet worden.

Doch an den Feld-Rändern stehen überall, so üppig, fast wie Unkraut,  ausgeblühte Wlita-Pflanzen [Βλίτα]. Mein Lieblings-Horta [Χόρτα]!! Absolut lecker! Ich klaue mir ein paar Samen für unseren Garten zu Hause. Die letzten Jahre war das Wetter bei uns so lange warm, dass ich sogar in Norddeutschland Wlita ernten konnte. 

Ganz typisch für diese Region: Ein fliegender Händler fährt an uns vorbei und grüßt freundlich.

Den letzten Stopp machen wir an einem der unzähligen Kartoffelackern. Ich habe gelesen, dass Kartoffeln hier erst seit 1920er Jahren, nach der Einführung der Windmühlen angebaut werden, vorher beschränkte man sich auf trockenheitsresistentere Kulturen wie Getreide und Hülsenfrüchte.  

Mancherorts scheinen die Ernte- und Anbaumethoden auch noch aus  dieser Zeit zu kommen: es wird noch mit antiquarischen Geräten gerodet,  dann die Knollen von Hand aufgelesen und in Säcke oder Kisten gepackt.  Eine mühsame Arbeit. Dafür sind die Ackerknollen um so größer gewachsen. Ich glaube, ich hab noch nie so viele große und schöne – und sicher  auch leckere – Kartoffeln gesehen wie hier oben. 

Auf unserer Runde durch die Dörfer treffen wir in Kaminaki einen Landwirt wieder. 

Er ist gerade dabei, zwei Bigpacks mit Kartoffeln von seiner Jeep-Ladefläche in den Schuppen umzuladen. Kunstfertig demonstriert er uns das Manöver mit dem schweren Sack. Oder ist dieses Kunststück nur Ergebnis des vielleicht unzulässigen Übergewichts seines Transportguts? 

Voller Eindrücke machen wir uns wieder auf den Rückweg.

In Mesa Potami überkommt uns ein leichtes Hungergefühl. Die „Taverna Marianna“ ist nicht nur ein tolles Fotomotiv, hier bekommt man auch noch leckere Hausmannskost. Zum Saison-Ende hat uns der Wirt auch schon mal ein Bündel Tomaten aus seiner Deko rausgeschnitten und als Wegzehrung mitgegeben.

Wieder einmal nehmen wir Abschied von dieser einzigartigen Region. Und  wieder hoffen und freuen wir uns im selben Moment schon auf den nächsten Besuch. 

Der Fotobildband „Im Schatten des Olivenbaums“ mit vielen Kreta-Fotos  von Daniela und Wolfgang Wehrmeier ist zu beziehen über WIWLIO Verlag, https://wiwlio.jimdofree.com/ 

Mit einem Click auf das Banner kommt ihr zur Website von Daniela und Wolfgang.

Ein Kommentar

  1. Kalimera Daniela und Wolfgang, danke für euren tollen Artikel (und Fotos) über die Lassíthi-Ebene.

    Einst waren sie das Wahrzeichen und der Stolz der Lassíthi-Ebene in Ostkreta: mehr als zwölftausend Windmühlen zur Bewässerung der Felder. Bis in die 1970er Jahre hinein war die große kretische Lassíthi-Ebene nicht nur als mythischer Geburtsort des Göttervaters Zeus, sondern vor allem auch für ihre zahllosen Windmühlen bekannt, die sie mit ihren weißen Segeln wie eine riesige Blumenwiese aussehen ließen. Die Mühlen dienten als Wasserpumpen für die Felder. Diese frühzeitige ökologische wie auch ökonomische Nutzung der Windenergie wurde aber vom technischen Fortschritt verdrängt. Dieselpumpen und der Ausbau des Bewässerungsnetzes übernahmen weitgehend ihre Rolle.

    Noch in den 1970er Jahren wurden die meisten Pumpen genutzt; Metallgestelle hatten die ursprünglichen Holzkonstruktionen ersetzt. Eine Bestandsaufnahme vor rund einem Jahr ergab, dass noch etwa 4.000 dieser Mühlen vorhanden sind, wenn auch meistens außer Betrieb und in schlechtem Zustand. Lediglich rund 150 sollen noch dem ursprünglichen Zweck dienen.

    Die windbetriebenen Wasserpumpen verdankten ihre Existenz dem örtlichen Tüftler Emnouil Papadakis, genannt „Spirtokoutis“ (1860-1913).

    Der 1860 im Dorf Psýchro auf der Hochebene geborene Zimmermann soll sein erstes Windrad um 1890 gebaut haben. Anfang 2018 wurden beim Dorf Ágios Geórgios die Übreste einer solchen alten hölzernen Pumpmühle gefunden, die möglicherweise sogar von Papadakis oder einem seiner Söhne stammen könnte.

    Im 2. Weltkrieg, während der Deutschen Besatzung, hatte Manolis Bandouvas, ein Kapetanios (Anführer) einer der größten Andartes-Gruppen (Partisanengruppe) auf Kreta. Sein Versteck auf einer der Hochebenen auf der Lassíthi-Ebene. Auch Patrick Leigh Fermor, der den Widerstand im Osten Kretas leitete, unterhielt mehrere Quartiere in dieser Region. 1943 gelang es ihm, den italienischen General Angelo Carta heimlich über die Berge zur Küste zu führen, von wo aus er nach Kairo gebracht wurde.

    Vorschläge für die Lassíthi-Ebene:

    Als Basis für Ausflüge in dieser Ecke von Kreta bietet sich der Ort Mochós zwischen Stális und der Lassíthi-Ebene sehr gut an. Von Mochós zur Lassíthi-Ebene sind es 13km.

    Über Mochós geht es in das schöne Dorf Krási. Krási (=Wein)mit der größten und ältesten Platane von Kreta und dem dem venezianisches Quellhaus (Megali Vrysi). Es gibt auch 2 urige Kafenia in Krási. In der Umgebung von Krási gibt es einige schöne Wandermöglichkeiten. Im Juli/August kommen viele „Party people“ von Malia mit dem Quad.

    Ein sehr schöner Ausflug auf der Lassíthi-Ebene ist die Wanderung von der Nisimos Hochebene zum Berg Karfi mit den Resten der Minoischen Siedlung Karfi, 1.100 v. Chr.

    Schön sind auch die Embasa Schlucht und die Roza Schlucht.

    Kurz nach Krási kommt der sehr beeindruckende Seli Ambelos Pass (Seli Ambelou) mit den vielen alten Windmühlen aus Stein. Sicherlich einmalig in Europa.

    Empfehlen würde ich für die Lassíthi-Ebene, die Wander Karte Mt. Dikti – Mt. Selena 11.15, 1:35.000 von Anavasi.

    kaló savvatokyriako – καλό σαββατοκύριακο, kv

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