„Die schlafenden Blumen von Kreta“ – von Peter Ettl.

Das große Osterfest ist nun schon länger vorbei und somit haben wir endlich wieder Zeit und Muße, selbst mal wieder zu lesen. Ich liebe Romane, die mich durch ihre Handlung und Sprache fesseln – mindestens genauso liebe ich aber auch Kurzgeschichten – oder kurze Geschichten – die mich über 3 oder 4 Buchseiten in andere Gegenden, Gedanken und Situationen entführen.

Solche Geschichten habe ich in Peter Ettl´s Buch „Der Wind kam von Afrika“ gefunden. Sie handeln ausnahmslos von Kreta, „beamen“ mich in Gegenden der Insel, die ich bereits kenne, erzählen von Orten, die mir noch fremd sind und sprechen Gedanken und Gefühle laut aus, die ich auch oft empfinde. Und sie berühren mich.

So zum Beispiel diese Überlegungen zu „Die schlafenden Blumen von Kreta“:

„Heftiger, auflandiger Wind. Das Meer will sich Land holen, aber die Felsen haben sich gerüstet und stemmen die Nachahmung venezianischer Festungen dagegen. Tang und Salz lecken am Land, Muscheltouris besetzen die Felsen, Krebse wissen, dass der Vorwärtsgang nur ins Meer führt und weichen seitwärts aus. Der Wind hat ein steinernes Harfenspiel entdeckt und übt die Tonleiter.

Gibt es Blumen in Kreta, die sich schlafen legen?

Ja. Die blaue Blume. Eigentlich habe ich sie immer schon bewundert und doch nie richtig hinterfragt, wie sie heißt, was sie für ein Gewächs ist – diesen ganzen botanischen Fachkram. Ich habe sie immer bewundert, wenn sie mir bei meinen Fahrten durch Kreta – fast immer unverhofft – entgegen geflogen kam, mal an einer Betonmauer, dann als Art Efeugewächs an einem Zaun, dann wieder ganz klein nur und unscheinbar an einer Feldecke. Aber diese leuchtend blauen, fast schon riesigen Blüten hatten es mir angetan.

Blaue Blume Scilla cydonia
Ob Peter diese blaue Blume – die Scilla Cydonia – gemeint hat, wissen wir nicht. Könnte aber sein…

Jetzt, bei Mochlos, in diesem schön hergerichteten Garten, begrüßten sie mich, direkt vor meinem Balkon wachsend, an einem kleinen Hügel. Nur: Abends waren sie wie ausgelöscht, hingen nur noch als roseweißliche Totblüten im grünen Acheron herum. Am nächsten Morgen leuchtete mir die blaue Pracht wieder wie gewohnt entgegen. Jetzt, gegen Abend, sind sie wieder schlaffrosa und eingerollt in ihre Blütenträume. Kali nichta, unbekannte Blume. Seltsames Kreta!

Zu Hause blätterte ich dann in botanischen Büchern und fand einen Parallele: die gemeine Wegwarte. Auch sie öffnet ihre Blüten, blau, aber viel kleiner als die kretanischen Kollegen, nur am Vormittag. Na dann, schlaft gut!“

Radio Kreta – die Schönheit Kretas in Sprache und Musik.


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Mehr solcher schöner Geschichten findet Ihr in Peter Ettl´s Buch „Der Wind kam von Afrika“. Und mehr über Peter gibt´s hier.