Dass Kräuter und Gewürze in der kretischen Küche eine ganz besondere Rolle spielen, ist sicher jedem bekannt, der schon mal „authentisch“ kretisch gegessen hat. Vorzugsweise auf der Insel – noch „vorzugsweiser“ irgendwo weit ab von Touristenpfaden, also idealerweise irgendwo in den Bergen, bei „Omma“ in der Küche. Das war dann vermutlich ausnahmslos lecker und sehr aromatisch – und noch dazu sicher extrem gesund.
Denn selbst der Immunologe zeigt sich beeindruckt davon, mit welch sicherem Griff die traditionelle kretische Küche aus der großen Wundertüte hochwertiger Naturprodukte bedient. Von großer Bedeutung dabei sind nicht allein Qualität und Inhalt der jeweiligen Naturalien, sondern auch die optimale Zusammenstellung und das harmonische Zusammenspiel ihrer Kräfte.
„Lass die Nahrung deine Medizin sein und Medizin deine Nahrung!“
Dieser Ratschlag stammt von Hippokrates (ja genau, das ist der mit dem Eid…), der als Begründer der modernen Medizin gilt und – wen wundert es? – natürlich ein Grieche war. Auch wenn der weise Arzt selbst nie auf Kreta war, er hätte seine helle Freude an der Flora der Insel gehabt. Das milde Klima ist nämlich äußerst förderlich für die Entwicklung von ätherischen Ölen in den Pflanzen. Und natürlich müssen wir uns hier, an der Südgrenze Europas kurz vor Afrika, auch von unseren nordeuropäisch geprägten Vorstellungen über die Jahreszeiten verabschieden. Wenn in Nord- und Mitteleuropa die Natur Winterschlaf hält, kann man auf Kreta Zitronen, Orangen und Avocados pflücken. Und noch ganz viel mehr!
So verwundert es auch nicht, dass der Einsatz von heimischen Gewächsen in der Küche auf Kreta noch immer lebendige Tradition ist. Da konnte sich eine natürliche Esskultur erhalten, deren Grundlage das Grün der Erde ist. Unterschieden wird aufgrund der Verwendung der jeweiligen Kräuter: Alles, was heilt oder würzt, wird als „Votana“ bezeichnet. Gemüsepflanzen nennt man „Chorta“. Dabei werden „Votana“ ganzjährig gesammelt, die Haupterntezeit für „Chorta“ ist von November bis April.
Bei den in der kretischen Küche oft verwendeten Kräutern überwiegen ebenfalls hochwirksame Ingredienzen, die sicherlich erst mal und vor allem wegen ihres Geschmacks und Aromas verwendet werden, allerdings auch noch viele andere wohltuende und der Gesundheit zuträgliche Wirkungen haben.
Die ätherischen Öle der meisten dieser Pflanzen entwickeln sich im kretischen Bioklima besonders ausgeprägt und wirken neben den Bitter- und Scharfstoffen auf die Nervenzellen ein, beruhigen oder stimulieren sie schon in kleinsten Mengen. Offenbar hat man bereits in minoischer Zeit um solche Wirkungen gewusst, wie Historiker und Archäologen immer wieder bestätigen.
Viele Gewürze enthalten Substanzen wie z.B. das Allicin im Knoblauch, die antibakteriell wirken. Andere Inhaltsstoffe (kleiner Grundkurs in Biochemie) wie Sulfide, Carotine, Cumarine und Terpene, wie sie beispielsweise in Ingwer, Sellerie, Gelbwurz (heißt neudeutsch „Kurkuma“) und Pfeffer enthalten sind, wirken angeblich sogar krebshemmend.
Und mal wieder stellt sich heraus: es sind nicht die einzelnen Substanzen – die heutzutage übrigens schon pharmazeutisch synthetisiert werden können (soll heißen: gibt’s auch als Pillen…) – die da ihre Wunder tun, sondern die sinnvolle Kombination derselben.
Eine kleiner Ausflug in die kretische Kräuterkunde
Und jetzt kommen wir auch schon langsam zum Punkt, denn natürlich wollen wir auch unsere Informationen über ebendiese immunanregenden, heilenden und Krankheiten vorbeugenden Würzpflanzen mit Euch teilen. Machen wir der Einfachheit halber einfach alphabetisch. Aber Achtung – ist nicht immer ganz appetitlich, aber so sind die menschlichen Zipperlein nun halt mal….:
A wie….
Anis (Glykaniso – γλυκάνισο): wirkt schleim- und krampflösend, wehrt Bakterien ab, hilft gegen unreine Haut und gegen Wechseljahrbeschwerden.
B wie…
Basilikum (Vasilikos – βασιλικός): erleichtert bei Blähungen und Völlegefühl, wirkt harntreibend und vertreibt Migräne (und Stechmücken!!!)
Brunnenkresse (Kárdamo – κάρδαμο): gilt als immunologisch wirksam gegen Erkältungskrankheiten.
D wie…
Dill (Ánithos – άνηθος): hilft gegen Schlafstörungen und Magenschleimhautentzündungen, bei Krämpfen und Menstruationsbeschwerden.
E wie…
Estragon (εστραγκόν): regt die Verdauung an, wirkt gegen Fäulniserreger und Vergiftungen, senkt Fieber, hilft bei Asthma und Neurodermitis.
F wie….
Fenchel (Maratho – μάραθο – wächst derzeit hier übrigens wie blöd, überall und erreich fast Baumhöhe!!!): wirkt gegen Blähungen, bei Husten schleimlösend, sorgt für guten Schlaf (klar, wenn man weder husten noch pupsen muss… ;-)) und hilft bei Neurodermitis
I wie…
Ingwer (Tzinzer – τζίντζερ): diese Wurzelknolle bzw. auch das getrocknete Pulver entspannt, besänftigt den nervösen Magen, ist sehr beliebtes Mittel gegen Reisekrankheiten und hemmt Entzündungen. Ganz generell stärkt Ingwer ganz besonders die Immunabwehr gegen fast alles.
K wie
Kapern (Kapari – κάπαρη): diese Früchte wirken belebend, verdauungsfördernd und gegen Fäulniserreger.
Kümmel (Kymino – κύμινο): stärkt den Magen, reinigt das Blut (besonders bei Brust- oder Hodenentzündungen) und fördert die Milchbildung. Wirkt auch gegen Blähungen – passt ja auch prima bei Säuglingen – kommt ja direkt mit der Muttermilch… ;-).
Koriander (Koliandro – κολίανδρο): Dem ätherischen Öl wird appetitanregende, verdauungsfördernde, krampflösende und lindernde Wirkung bei Magen- und Darmleiden zugeschrieben. Dementsprechend ist Koriander in manchen Zubereitungen gegen Magen- und Darmstörungen enthalten. Koriander wirkt jedoch schwächer als Kümmel oder Fenchel (siehe oben…).
Kurkuma (Kourkoumi – κουρκούμη): soll angeblich Risiken für Herz- und Kreislauferkrankungen senken, Entzündungen entgegenwirken, Cholesterinwerte senken, bei Gallen- und Leberproblemen helfen, Zähne und Zahnfleisch schützen, Cortison-ähnliche Wirkung haben, evtl. sogar als Vorsorge für Alzheimer taugen, Rheuma bekämpfen und noch vieles mehr. Schmeckt aber halt nur gewöhnungsbedürftig…..
L wie…..
Lavendel (Levanda – λεβάντα): Lavendelblüten haben leicht beruhigende, blähungswidrige und gallentreibende Eigenschaften und wirken gegen innere Unruhe, nervöse Erschöpfung, Einschlafstörungen, Migräne, auch bei nervösen Magen-Darm- und Gallenbeschwerden.
Lorbeer (Dafni – δάφνη): stimuliert die Immunkräfte und wirkt gegen Lymphknotenschwellungen.
M wie….
Majoran (Mantzourana – μαντζουράνα): außer, dass dieses Kraut sowieso in jede Brat- und Leberwurst reingehört, wirkt es auch im Tee – z.B. in Verbindung mit dem wunderbaren Malotira oder Diktamus (beide kretische Bergtees) absolut schleimlösend – ein Wundermittel bei Bronchitis & Co!
N wie…
Nelken (Garifalo – γαρίφαλο): auch diese kleinen Teile sind Wuchtbrummen, sie stärken den Magen-Darm-Trakt, wirken desinfizierend im Mund-Rachen-Raum, lindern Zahnfleischbluten – und verscheuchen Mücken!!!
O wie….
Oregano (Rigani – ρίγανη): schmeckt nicht nur lecker im griechisch/kretischen Salat, sondern wirkt auch prima gegen Fieber, Erbrechen, Durchfall und Hautprobleme. Da Oregano unter anderem schleimlösend wirkt, wird er auch bei Atemwegserkrankungen verordnet. Oregano ist außerdem derart parasitenfeindlich, dass er Darmparasiten vertreiben soll. Noch dazu verfügt Oregano über fungizid wirksame Pflanzenstoffe (Rosmarinsäure, Thymol und Thymoquinon), die gemeinsam mit dem hohen Antioxidantiengehalt des Oregano hemmend auf die Teilung von Krebszellen, wirken soll.
P wie….
Petersilie (Maidanos – μαϊντανός): dieses wohl allen bestens bekannte Kraut reinigt das Blut, fördert die Durchblutung und entschlackt Harn- und Verdauungswege. Und sieht auf so ziemlich jedem Gericht auch noch schön aus!
Pfeffer (Piperi – πιπέρι): gibt nicht nur den kleinen „Pfiff“ zu allen Gerichten, sondern hilft auch noch gegen schlechte Verdauung, Schmerzen und unreine Haut.
Pfefferminze (Menta – μέντα): wächst hier auch überall und ist wohl am Ehesten als Tee bekannt. Wird aber auch in vielen kretischen (Hackfleisch-) Gerichten verarbeitet und stimuliert die Magensekretion, hilft gegen Verdauungsstörungen und hoffentlich nicht durch kretische Gerichte hervorgerufenes Erbrechen, Magen-Darm-Krämpfe und Gallenleiden.
R wie….
Rosmarin (Dendrolivano – δενδρολίβανο): dieses Kraut, das untrennbar mit alle möglichen kretischen Fleischgerichten verbunden ist, regt die Durchblutung an, hilft gegen niedrigen Blutdruck und Kopfschmerzen, stabilisiert die Leberfunktion und die Atemorgane – und soll sogar gegen Erschöpfungszustände helfen
S wie….
Safran (Krokos – κρόκος): dieses mediterrane, entweder in Mini-Fäden oder gleich als Pulver zu erstehende Gewürz macht nicht nur „den Kuchen gel“ (also gelb), sondern ist auch besonders effizient bei Arteriosklerose, Prostataleiden und Menstruationsbeschwerden und wirkt darüberhinaus auch noch verdauungsfördernd.
Salbei (Faskomilo – φασκόμηλο): wirkt gegen Schwitzen, Infektionskrankheiten, Kopfschmerzen, Entzündungen im Allgemeinen und vor allem denen der Mundschleimhaut.
Sellerie (Selino – σέλινο): hilft gegen Hautunreinheiten, Asthma und Erschöpfung.
Sesam (Souzami – σουσάμι): entgiftet bei chronischer Intoxikation (Vergiftung) und Allergien (außer Sesamallergie….)
T wie….
Thymian (Thymari – θυμάρι): desinfiziert wirkt krampflösend, regt die Drüsensekretion und ganz speziell die Immunreaktionen an. Und gehört zu jedem Lamm-, Ziegen- und Schweinebraten!
Throubi (θρούμπι): wirkt bei Wunden oder Entzündungen im Mund oder Hals, ein Sud aus Thribi gilt als stimulierend und tonisch, wirkt gegen geistige und körperliche Erschöpfung, hilft gegen Übelkeit, Nierensteine, Bauchkrämpfe, Magenschmerzen und Durchfall und tötet Bakterien, Mikroben und Pilze ab. Außerdem wirkt er schleimlösend bei Husten, Bronchitis und Asthma. Es kann aufgrund seiner antibakteriellen und antimikrobiellen Eigenschaften auch äußerlich als Antiseptikum auf Wunden und Insektenstiche aufgetragen werden und bietet sofortige Linderung.
W wie….
Wacholder (Arkethos – άρκευθος): diese kleinen Kügelchen gehören natürlich in jeden Eintopf – allein wegen des Geschmacks. Noch dazu wirkt Wacholder diuretisch (harntreibend), desinfiziert den Verdauungstrakt, hilft gegen rheumatische Beschwerden, fördert das Schwitzen (z.B. bei Grippe – einfach rausschwitzen!) und hilft gegen Herpes und Halsinfektionen.
Z wie…
Zistrose (Kistos – Κίστος): wirkt gegen Harnwege-Entzündungen, mindert negative Folgen von oxidativem Stress, wirkt gegen Neurodermitis, Akne und Falten, hat positiven Einfluss auf das Verdauungssystem, hilft gegen Karies und Paradontitis, gegen Bakterien und Pilzinfektionen, bei Erkältungen, Grippe und Borreliose (!!!), noch dazu leitet sie Schwermetalle aus dem Körper aus, hilft bei Diabetes und soll auch einen gewissen positiven Einfluss auf den Verlauf einer Alzheimer-Erkrankung haben. Ach ja, und bei Hämorrhoiden soll das Kraut auch noch wirken….
Das alles natürlich ohne jeglichen Anspruch auf Vollständigkeit, denn jedes Kraut ist eine Abhandlung für sich wert….
Entsprechende Rezepte findet Ihr in unserem „Kochstudio“, auch auf das eine oder andere Kraut sind wir bereits ausführlicher eingegangen – und wir machen weiter damit. Einfach rechts oben in die Suche das entsprechende Kraut eingeben – da werdet Ihr geholfen (wenn nicht bereits jetzt, dann doch nach und nach – siga siga….).
Radio Kreta wünscht gesunden Genuss!
Auch interessant: Dioskurides – der Vater der Pharmakologie. Und einige Kräuter und Gewürze gibt es übrigens auch bei uns im Shop.
Ich vermisse noch das syrische Gliedkraut (der allseits beliebte kretische Bergtee).