DVD-Tipp: „Die Ewigkeit und ein Tag“

Heute haben wir mal wieder einen DVD-Tipp für die melancholischen Momente im Leben. Soll heißen, wer vor dem Film noch nicht melancholisch war, wird es während, spätestens aber nach dem Ansehen desselben sein.
Das soll aber auf keinen Fall abschrecken – ganz im Gegenteil!
Ist es nicht manchmal auch ganz „gesund“, sich der eigenen Endlichkeit bewusst zu werden, das eigene bisherige Leben zu überdenken und sich die „was wäre wenn“-Frage zu stellen?

Die Rede ist von „Die Ewigkeit und ein Tag“ (Μια αιωνιότητα και μια μέρα) des griechischen Regisseurs und filmenden Philosophen Theodoros Angelopoulos (Θεόδωρος Αγγελόπουλος), der mit diesem Film 1988 die „Goldene Palme“ in Cannes gewann und leider im Januar 2012 verstorben ist. Die Hauptrolle spielt Bruno Ganz, der ungewohnt vollbärtig tatsächlich wie ein alter Grieche wirkt.

Die sehr ausführliche, aber wohl beste „Produktbeschreibung“ liefert Rezensent „Akamas“ aus Graz bei Amazon:

„Dass man irgendwann alles erreicht haben wird, was man sich gewünscht hat und sich zufrieden aus dieser Welt verabschiedet, ist zweifellos für viele Menschen eine Art Idealvorstellung für den Lebensabend.
Aber die ungewisse Realität kümmert sich meist nur wenig um die Wünsche der Menschen. Dass man sich den Zeitpunkt des Todes nicht aussuchen kann, gehört zweifellos zu den größten Tragödien des menschlichen Daseins. Man muss das Unvermeidliche nehmen wie es ist, egal ob man noch andere Pläne hat oder nicht. Irgendwann wird einem die Zeit ausgehen, die man so dringend bräuchte, um Versäumnisse nachzuholen oder Fehler zu korrigieren.

In „Die Ewigkeit und ein Tag“ präsentiert der griechische Regisseur Theodoros Angelopoulos einen illusionslosen Blick auf das Ende eines Lebens. Kein alter Weiser, der noch ein letztes Mal Rückschau auf ein erfülltes Leben hält, sondern ein ängstlicher, unsicherer und kranker Mann, der sich nicht mit den Gedanken abfinden will, dass alles vorbei sein soll, ist der Protagonist dieses stillen Films.
Doch nicht nur Melancholie und Verzweiflung, sondern auch eine stille Dankbarkeit für die schönen Momente des Lebens zeichnen ‚Die Ewigkeit und ein Tag‘ aus und sorgen für einen vielschichtigen Film, der wesentlich von seiner Langsamkeit lebt, die dem Zuschauer die Möglichkeit lässt, die poetisch komponierten Bilder für sich selbst zu interpretieren.

Bruno Ganz (der mit seinem enorm dichten Vollbart tatsächlich wie ein alter Grieche wirkt) spielt den todkranken Dichter Alexandros, der nur noch einen Tag in der Freiheit hat, bevor er sich zum Sterben ins Krankenhaus begeben muss. Gewillt niemanden zur Last zu fallen, verheimlicht er die Wahrheit vor seiner Tochter und verbietet seiner langjährigen Haushälterin ihn auf seinem letzen Weg zu unterstützen.
Statt dessen gibt er sich ganz der Erinnerung an einen besonders schönen Tag am Strand mit seiner inzwischen verstorbenen Frau hin. Damals hatte der sonst nur für seine Arbeit lebende, gefühlskalte Alexandros sich einmal Zeit für seine Familie genommen.
Nun kurz vor seinem Ende, verfolgen ihn die vorwurfsvollen Briefe, die ihn seine unter der emotionalen Abwesenheit ihres Ehemanns leidende Frau einst geschrieben hat.
Als Alexandros ein letztes Mal durch die Innenstadt fährt, trifft er zufällig auf einen kleinen Straßenjungen, den er vor einer Polizeikontrolle rettet. Obwohl sein Versuch, den illegal eingereisten Jungen zurück in seine Heimat Albanien zu bringen, scheitert, entwickeln die beiden eine gewisse Freundschaft, die darauf basiert, dass beide in einer schwierigen Lebenssituation sind, wo die Zukunft ungewiss ist.
Gemeinsam streifen sie durch die Stadt, bis es Nacht wird und Alexandros letzter Tag naht.

Anstatt mit erhobenen Zeigefinger seine Botschaft zu präsentieren, hat Angelopoulos einen komplexen Film kreiert, der sich keinerlei typischer Klischees bedient, sondern seinen Wert in seiner ganz eigenen Art der Betrachtung der Welt hat.
Man ist als Zuschauer gefordert, sich auf die langen Kamerafahrten entlang des beinahe ständig im Hintergrund auftauchenden Meeres einzulassen und die ernste Stimmung auf sich Wirken zu lassen. Immer wieder sieht man die Dinge aus der Perspektive des alten Alexandros und gewinnt so langsam ein tieferes Verständnis seines Gemütszustandes.
Dadurch dass man über weite Strecken des Films seine Einsamkeit teilt, die nur durch die spärlichen Erinnerungen an den einen glücklichen Tag mit seiner Frau aufgeheitert werden, versteht man auch selber besser, wie wichtig menschliche Zuneigung und Freude für das Leben sind.
Selbst als Künstler ist Alexandros darauf angewiesen, dass andere Menschen ihm die Worte zuspielen, die er dann in seine Verse einbaut. Seine Bemühungen um den albanischen Waisenjungen werden einen als letzter Versuch begreiflich, noch einmal etwas Gutes für einen anderen Menschen zu tun. Denn das ist eines von den wenigen Dingen, die am Ende noch zählen.

 

 

„Die Ewigkeit und ein Tag“ ist ein Film für den man sich definitiv Zeit nehmen muss. Man braucht Geduld, um Angelopoulos künstlerischen Stil nachvollziehen zu können. Letztlich muss man aber in einer ganz besonderen Weise für solche Filme dankbar sein. Wo einen die Mainstreamfilmindustrie durch immer schnellere Schnitte und ständig neue Effekte immer weniger Zeit zum Nachdenken lässt, steht „Die Ewigkeit und ein Tag“ geradezu für eine radikale Entschleunigung. Ein Innehalten angesichts der Dinge, die wirklich zählen. Eine intensive Meditation, die einen das Leben auf neue Weise spüren lässt.

„Die Ewigkeit und ein Tag“ – ein Film für alle Freunde der ruhigen Töne, der schönen Bilder und des Lebens selbst, zu dem der Tod ja nun mal dazu gehört.
„Crash-boom-bang“-Fans werden hier allerdings nicht auf ihre Kosten kommen.

Für einen ersten visuellen Eindruck geht´s hier zum Trailer.

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