Eine schöne Anekdote aus dem griechischen Straßenverkehr.

Hier mal wieder ein kleiner Einblick in die Erlebnisse unserer lieben Melitta Kessaris – diesmal geht es um einen Verkehrsunfall mit sonderbarem Ausgang (wobei – wenn man die Griechen ein bisschen kennt, ist der Ausgang vielleicht gar nicht so sonderbar…..):

„Gelassenheit empfiehlt sich auch bei Unfällen. Wenn Sie zu den Menschen der geduldigen Sorte zählen, holen Sie erst einmal die Funkstreife zu Hilfe – die, wenn keine Verletzungen gemeldet werden, bestimmt nicht vor einer geschlagenen Stunde erscheint – und lassen den Schaden aufnehmen – ganz gleich, ob Sie sich im Recht fühlen oder nicht.

Auch Ihr Unfallgegner wird meist von seinem Recht überzeugt sein, und zudem zweifeln Versicherungsgesellschaften gerne die Schäden an – in der Hoffnung, dass der Kläger keine Geduld mitbringt und nicht vor Gericht zieht. (Der erste Gerichtstermin wird garantiert nicht vor Ablauf eines Jahres anberaumt und dann muss man mit einem Berufungstermin rechnen; das Urteil und die Vergütung des Schadens lassen danach noch ein bis zwei Jahre auf sich warten).

Eine polizeiliche Bestandsaufnahme kann also sehr hilfreich sein. Wenn man selbst das Malheur verursacht hat, ist es durchaus möglich, dass der Gegner seine Forderungen im Nachhinein immer weiter in die Höhe treibt: So hat man ihm nicht nur seinen Wagen beschädigt, nein, die zerbrochen Windschutzscheibe hat ihm auch die Hose zerfetzt, vom Aufprall wurde seine Brille verbogen usw. – seiner Phantasie sind keine Grenzen gesetzt.

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Oldtimer in Ierapetra

Doch der Grieche lässt mit sich reden, denn er ist weltoffen und neugierig! Hierzu eine kleine Geschichte, die meinem Mann und mir tatsächlich passiert ist:

Wir fuhren auf einer schmalen Nebenstrasse durch eine ländliche Vorortgegend Athens. Vor uns tuckerte ein motorisierter Pflug, hinter uns ein riesiger Lastwagen. An einer Kreuzung wollte das landwirtschaftliche Fahrzeug in eine Hauptstraße einbiegen, doch allem Anschein nach überlegte es sich dessen Lenker nochmals und stieß urplötzlich zurück.

Unsagbare Panik ergriff uns, als die riesige Schaufel des Pfluges imme näher auf uns zukam, die Kühlerhaube unseres armen Autos aufriss und sich anschickte, die Windschutzscheibe zu durchbrechen. Endlich hörte der Bauer unser verzweifeltes Hupen und die Zurufe der Passanten. Der absolute Clou kam aber erst: Er sprang fuchsteufelswild von seinem Trumm und beschuldigte uns, ihm aufgefahren zu sein.

Obwohl jede Menge Augenzeugen anwesend waren, blieb er standhaft bei seiner Meinung und vertrat sie auch noch, als die Funkstreife eintraf. Erst als wir seine Sehfähigkeit hinterfragten und mit einem augenärztlichen Gutachten drohten, beeilte er sich, die Sache gütlich beizulegen. Es stellte sich nämlich heraus, dass der Bauer tatsächlich halb blind war! Nachdem er aber erfahren hatte, dass mein Mann Augenarzt war, schickte er sich an, ein paar Tage später unsere Praxis aufzusuchen. Er ließ sich schließlich von seinem Unfallgegner sogar operieren und wurde ein treuer Freund der Familie.

Da es sich um einen Weinbauern handelt, brauchen wir uns seither um unser Weindepot keine Sorgen mehr zu machen!

Radio Kreta liebt die Griechen und ihre pragmatischen Lösungsansätze!


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Quelle: „Chaos ist ein griechisches Wort“ von Melitta Kessaris, erschienen in Rolf Thum’s Larimar Verlag und immer wieder ein Quelle der Erheiterung. Danke, Melitta!