Die griechische Küche ist so alt wie das griechische Volk, etwa viertausend Jahre. Sie entwickelte sich mit der frühen Zivilisation und erreichte während der klassischen Periode ihre Hochform. Schon zu Homer´s Zeiten kannten die Griechen die verschiedenen Zubereitungen von Geflügel, Fleisch und Seegetier sowie von Milch, Butter, Käse, Salz, Gewürzen, Honig, Süßspeisen und Früchten. Fehlt da noch was? Wir glauben: nö!
Agis von Rhodos, Chariades von Athen, Hereos von Chios und andere Kochkünstler hätten heutzutage sicher ihre eigene TV-Kochshow mit absoluten Quotenrekorden, waren sie doch Männer von hohem Ansehen, die ihre Schüler nicht nur im Kochen unterrichteten, sondern noch dazu in Musik, Philosophie (die gehört ja eh zum Kochen dazu!), Baukunst, Astrologie, Medizin, Geometrie, Physik und Strategie (auch Letztere gehört zum ausgeklügelten Speiseplan….).
Die griechische Küche ist bei weitem nicht so raffiniert wie die französische, steht aber bei Feinschmeckern trotzdem hoch im Kurs – und wenn sich der Körper bzw. die Verdauung erst mal an das Olivenöl gewöhnt hat, ist sie auch sehr gesund und bekömmlich. Die griechischen Essgewohnheiten unterscheiden sich grundlegend von denen anderer Völker – wobei die Südländer sich da doch relativ ähnlich sind…
Gut essen in Gesellschaft – nie alleine!
Es gibt keine festgelegten Tischzeiten. Man kann von zwölf Uhr mittags (sofern man zu dieser Zeit schon ein geöffnetes Restaurant findet….) bis zum späten Nachmittag zu Mittag-, und von sechs Uhr abends bis in die späte Nacht zu Abend essen. Oft sind die Übergänge auch fließend – die einen sitzen noch beim späten Mittagessen, wenn die nächsten schon zum frühen Abendmahl eintrudeln.
Vor allem essen die Griechen nicht nur, um satt zu werden. Die reine Nahrungsaufnahme wird eh oft überbewertet – viel wichtiger ist es, Gäste zu haben und zu bewirten – und wenn sie auswärts essen, suchen sie Gesellschaft und Unterhaltung in der berühmt-berüchtigten „kalí paréa“ (Καλή παρέα) – der guten Gesellschaft bzw. der „üblichen Verdächtigen“ – der „Clique“. Nie wird gegessen, ohne zu trinken – und nie getrunken, ohne zu essen. Daher kommt auch die schöne Tradition der Knabbereien – der „Mezédes“ – die zu jedem alkoholischen Getränk gereicht werden.
Ein Blick in die Töpfe erleichtert so manche Entscheidung
In den Tavernen, vor allem auf dem Land und in den Bergdörfern, ist es immer noch üblich, in die Küche zu gehen bzw. gebeten zu werden, und dort die Speisen auszuwählen. Gegessen wird, was auf den Tisch kommt bzw. in den Töpfen und Pfannen schmurgelt! Bereitwillig hebt der Koch oder die Küchenfee die Deckel besagter Töpfe und Pfannen, so dass man allein mit Hilfe von Nase, Augen und Fingerzeigen eine wundervolle Mahlzeit zusammenstellen kann.
Und die besteht meist aus Vorspeisen, Hauptspeise und ggf. auch noch einem Nachtisch. Und da sind wir schon bei den Vorspeisen – die „Orektiká“ (Ορεκτικά). Diese sind so vielfältig, dass man sich nach ihrem Genuss oft nur noch schwer zu einer Hauptspeise durchringen kann. Also am Besten alles gleich zu Beginn bestellen – ein bisschen was passt immer noch rein! Besagte Orektiká reichen oft von Oliven über eingelegte Zwiebelchen (gerne auch die wundervollen „Volvoi“ – in Essig und Öl eingelegte Hyazinthenzwiebeln), Salat, Eier, Käse, Wurst und Würstchen, Schinken, gekochtes, gebackenes oder frittiertes Meeresgetier, bis hin zu warmen Pastetchen und/oder gebackenem oder gegrilltem Gemüse. Dazu gibt es gerne einen eiskalten Ouzo, ein schönes Bier, ein Weinchen oder der für Kreta typische „Tsikoudiá“.
Lecker Suppe, Nudeln und Eier
Weiter geht´s zu den Suppen, die auch entweder Vor- oder Hauptspeise sein können, je nach Zutaten. Es gibt in Griechenlabnd durchaus nahrhafte und auch pikante Suppen – viele davon werden mit „Avgolémono“ zubereitet, mit der traditionellen Ei-Zitronenmischung, die der Suppe einen angenehmen frisch-säuerlichen Geschmack beschert. Gerne wird sie in Hühner-, Schweine- und Fischsuppen – allen voran die „Kakaviá“, die „griechische Bouillabaisse“ – und auch in „normale“ und eher schlichte Brühen gemischt. Die berühmteste aller griechischen Suppen ist aber mit Sicherheit die legendäre „Magirítsa“ – DIE Ostersuppe schlechthin, die die vorösterliche Fastenzeit endgültig beendet – und zwar nach der nächtlichen Auferstehungsfeier am Karsamstag – also quasi schon in den allerfrühesten Morgenstunden des Ostersonntags, der damit schon mal standesgerecht eingeleitet wird.
Der ADAC Reiseratgeber von 1977.
Aber auch Nudel- und Eiergerichte sind in Griechenland und auf Kreta immer beliebt, vom typisch griechischen Nudel-Hackfleisch-Auflauf „Pastizio“ über die verschiedensten Omelettes gibt es hier eine große Bandbreite an ebenso leckeren wie einfach zuzubereitenden Gerichten.
Fisch und Fleisch – und Saucen!
Fischgerichte und Meeresfrüchte waren vor vielen Jahren gar nicht von den Speisekarten wegzudenken – von Hummer und Languste über Seeigel, Garnelen, Krabben, Muscheln, Oktopus und Sepia bis hin zur Seezunge, Meerbrasse, Thunfisch, Hering, Makrele, Hecht und Dorsch gab es regelmäßig ein wundervoll sortiertes und umfangreiches Angebot. Leider unterlag dieses Angebot in den letzten Jahren einiger Abstriche – Stichwort: Überfischung. Trotzdem findet man noch leckere Fischgerichte, die meisten Zutaten sind allerdings oft tiefgefroren, und auch nicht notwendigerweise aus griechischen Gewässern….
Aber natürlich hat mittlerweile auch Fleisch seinen festen Platz auf der griechischen Speisekarte – und zwar Fleisch von Lamm und Ziege, sowie von Schwein, Spanferkel, Rind, Huhn, Pute und Kaninchen – letztere gerne auch als „Stifado“ oder „Tsigariasto“ – leckeren Schmorgerichten mit Kartoffeln, Nudeln oder Reis anbei. Gerne wird so ein Braten aber auch am Spieß über offenem Feuer geschmort – besonders natürlich zu Ostern! Und auch Innereien stehen immer hoch im Kurs – allen voran „Patsas“, ein Schmorgericht aus Innereien (Magen, Pansen, Leber, Herz und Nieren etc.), gerne auch mal Lammhoden und sonstigem „Abfall“. Resteverwertung wird hier immer groß geschrieben – und gelebt!
Zu all diesen Gerichten darf natürlich eins niemals nicht fehlen: die entsprechenden Saucen! Und diese reichen von der o.g. Ei-Zitronensauce Avgolemono über Bechamel- und Tomatensauce, einfache Essig-Öl-Sauce, die bekannte Knoblauchsauce oder – paste „Skordalia“, selbstgemachte Mayonnaise oder natürlich den weltberühmten Tsatsiki.
Grünzeugs gehört dazu – und danach gibt´s was Süßes!
Und dazu passen dann natürlich wieder die verschiedensten Salate und Gemüsevariationen, die hier ja zuhauf in der Botanik wachsen. Diese Naturprodukte reichen von Artischocken über Gurken, Tomaten, Zucchini, Auberginen, Zwiebeln, Kartoffeln, Bohnen und Erbsen, rote Beete, die verschiedensten Wildgemüsearten wie „Vlitha“, „Stamnagathi“, „Askolimbri“ und „Vrouves“, Bamies, Spinat, grünem Salat und vielem vielem mehr. Gerne werden, vor allem im Winter, auch Hülsenfrüchte gegessen, von Kichererbsen über grüne Bohnen, Saubohnen und Erbsen bis hin zu Linsen – und zwar am Liebsten in Form von konsistenten und nahrhaften Eintopfgerichten!
Und zum guten Schluss gibt es natürlich unausweichlich etwas Süßes. Da bieten sich immer die sogenannten Löffelsüßigkeiten (γλυκó κουταλιού) an, die nicht nur zum Nachtisch, sondern gerne auch mal „Zwischendurch“ kredenzt wird, z.B. wenn die Nachbarin eben mal auf einen kleinen Tratsch hereinschaut. Bei diesen Löffelsüßigkeiten handelt es sich meist um eingemachte Früchte, Nüsse, Rosenblätter, Orangenblüten, Bergamotte oder sogar in Zuckersirup eingelegte Tomaten (!), die dem Gast mit einem Glas Wasser – und natürlich dem namengebenden Löffel – angeboten werden. Man nimmt einen Löffel der dargereichten Süßigkeit, trinkt einen Schluck Wasser, beglückwunscht die Hausfrau zur leckeren Süßigkeit, spricht die besten Wünsche für die Familie aus – und kriegt anschließend ein Tässchen Kaffee (denn der ist ja WICHTIG!) oder ein oder zwei Likörchen….
Die Griechen essen generell gerne Obst, Kompott, Eis, besagte „Löffelsüßigkeiten“, Joghurt mit Honig und Nüssen oder auch mal ein Stückchen Kuchen (meist honiggetränkt und unglaublich süß!) zum Nachtisch. Zu jeder Feier – dazu gehört auch ein Mittagessen in guter Gesellschaft – gibt es Süßigkeiten und Backwerk, das bezüglich der dargebotenen Vielfalt im Rest Europas – und vermutlich auch im Rest der Welt – seinesgleichen sucht.
Getränke nicht zu vergessen!
Und zu all diesen Leckereien gehört natürlich ein Ouzaki (ein kleiner Ouzo), ein Biraki (ein Bierchen), ein Krasaki (ein Weinchen) und/oder ein kleiner Raki bzw. Tsikoudia. Und jede Menge Wasser – vor allem im Sommer! Und besagte „kali paréa“ – die gute und schöne Gesellschaft, denn alleine essen und trinken ist ja langweilig. Je mehr Leute am Tisch desto lustiger!
Radio Kreta – Gut Essen und Trinken!
Und wenn sich dann noch jemand fragt, wer nach der gepflegten Völlerei im Restaurant welchen Teil der Rechnung übernimmt, sollte sich vorher mit den diesbezüglichen griechischen Gepflogenheiten vertraut machen. Besser ist das….