Geschichten von Kreta: Deutscher Wissenschaftler von kretischen Ziegen inspiriert.

Geschichten, die das Leben schreibt. Sowas gibt es immer wieder auf Kreta – wo sonst? Die heutige Geschichte zeigt mal wieder, wie Beobachtungen des Tierreiches das menschliche Leben beeinflussen und bereichern können – mit etwas Entspannung, Grips und Phantasie kann sowas wunderbar funktionieren. So auch in diesem Fall, wie kriti24.gr heute unter Berufung auf die Quelle RES-EAP (Renewable Energy Sources – Elliniko Anoikto Panepistimio) berichtet. 

Ein deutscher Wissenschaftler wurde nämlich von keinen Minderen als den kretischen Ziegen inspiriert, um etwas Neues und Spannendes zu schaffen; eventuell handelt es sich hierbei tatsächlich um eine bahnbrechende Idee. Aber nun zum Thema:

Heureka!

Der Chemiker Alexander Bismarck verbrachte, wie so viele Ausländer, seine Sommerferien in einem kretischen Dorf, wo ihm vermehrt die Ziegen auffielen, die gemächlich ihre Wildkräuter kauten. An einem seiner Ferientage hatte er dann einen quasi archimedischen „Heureka!“-Moment – und zwar in Form der zündenden Idee, dass Tierkot nicht nur als natürlicher Dünger zu verwenden ist, sondern auch wunderbar zur Papierherstellung genutzt werden könnte. 

Bismarck, der an der Universität Wien Professor für Chemie ist, präsentierte darauf hin auf einer Konferenz der American Chemical Society in New Orleans einen neuen, umweltfreundlichen Papierherstellungsprozess, der anstelle von Holz tierischen „Output“ verwertet.

Tierkot – vor allem Kot von pflanzenfressenden Wiederkäuern – ist nämlich eine ausgezeichnete Quelle von Zellulose, dem Hauptbestandteil von Pflanzenzellen, der für die Papierherstellung unabdingbar ist. Ein großer Vorteil dieser neuen Methode liegt darin, dass sie vor allem in Ländern genutzt werden kann, die nicht viel verfügbares Holz, dafür aber viele Tiere haben. Stichwort: Afrika. Die Umwandlung von Mist in Papierprodukte kann eine billige und „grüne“ Möglichkeit sein, tierische Abfälle loszuwerden und gleichzeitig umweltschonend Papier zu produzieren.

Bismarck sagte über seine „kretische Inspiration“:  „Ich erkannte, dass das, was am Ende des Tieres heraus kommt, nur teilweise verdautes Pflanzenmaterial ist und von daher viel Zellulose enthalten muss.“

Kretische Ziege mit Überblick.

Tier macht Mist – Mensch macht Papier 

Je nach Tierart besteht nach Bismarck bis zu 40% des Mistes aus Zellulose, die sich dann leicht vom Mist isolieren lässt. Danach erfordert die Verarbeitung dieser Zellulose zu Zellstoff viel weniger Energie und weniger Chemikalien als die Verwendung von Holz als Rohmaterial für die Papierherstellung.

Beginnend mit dem Kot von Ziegen, die die ursprüngliche Inspiration gewesen waren, machten Bismarck und seine Kollegen sich nach und nach an den „Output“ von größeren Tieren, wie Pferde, Kühe und schließlich gar Elefanten. In afrikanischen Wildparks, in denen Hunderte von Elefanten leben, fallen jeden Tag viele Tonnen bisher ungenutzten Elefantenmistes an – ähnliche Mistberge werden auch täglich von riesigen Rinderfarmen in Europa, Australien, und den „Amerikas“ (Nord und Süd) produziert.

Mit der richtigen chemischen Behandlung wird Lignin, das dann als Dünger oder Brennstoff verwendet werden kann, aus dem Mist extrahiert – und was übrig bleibt ist dann Zellulose, aus der besagtes Papier hergestellt werden kann. Den Forschern zufolge werden bei diesem Papierherstellungsprozess die Produktionsphasen – verglichen mit der Herstellung aus Holz als Rohmaterial – signifikant reduziert, da die Tiere die Pflanzen bereits gekaut und während der Verdauung mit Säuren und Enzymen „behandelt“ haben.

Die aus dem Tierkot extrahierte Zellulose kann verschieden verwendet werden, so beispielsweise für die Herstellung von Papierbögen zum Schreiben, für die Erzeugung von Wasserreinigungsfiltern und zur Aufwertung komplexer Polymere usw. Die Forscher untersuchen desweiteren, ob es möglich ist, den gesamten Prozess noch wirtschaftlicher und umweltfreundlicher zu gestalten, in dem man z.B. zuerst Biogas aus Gülle produziert und erst danach die Cellulosefasern isoliert. Biogas (hauptsächlich Methan und Kohlendioxid) könnte als Biokraftstoff zur Erzeugung von Strom oder Wärme genutzt werden.

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