Der Advent hat in einem südlichen Land nichts Besinnliches.
Es ist völlig unmöglich, bei strahlendem Sonnenschein und blühenden Rosen besinnlich zu sein. Auch wenn man sich immer wieder „Kalá Christoújenna“ – Frohe Weihnachten – wünscht, kann eine winterliche Stimmung einfach nicht aufkommen.
So richtig beliebt ist Weihnachten überhaupt erst seit der Nachkriegszeit und der Plastikchristbaum macht nur recht zögernd den echten Nadelbäumen Platz. Dabei wäre dieser Ersatz durchaus vernünftig, denn Tannen gedeihen hier erst ab 1000 m Seehöhe und erreichen kaum einen ansehnlichen Wuchs.
„Richtige“ Christbäume müssen also importiert werden und sind entsprechend teuer. Dafür floriert das Geschäft mit der Weihnachtsdekoration. Da werden meterlange bunt blinkende Lichterketten verkauft, so dass der geschmückte Christbaum einer Ansammlung wahnsinnig gewordener Verkehrsampeln gleicht. Ein besonderer Gag dieser Beleuchtung ist ihre musikalische Untermalung. Und weil der Christbaum schon drei Wochen vor dem Fest aufgestellt wird, hört man eben drei Wochen lang von früh bis spät „Ihr Kinderlein kommet“. Weihnachtslieder plärren natürlich auch aus den Lautsprechern in allen Geschäften und Einkaufspassagen.
Kinder dürfen sich ihre Geschenke übrigens selbst aussuchen – es gibt keine Überraschungsbescherung. Das erscheint uns vielleicht lieblos, aber es schützt auch vor unangenehmen Szenen unter dem Christbaum.
Es gibt also kein Feuchte-Augen-Fest um den Weihnachtsbaum. Man geht stattdessen zum Réveillon (frz. „Nachtschmaus“ – besonders in der Weihnachts- und Silvesternacht) oder veranstaltet es selbst.
Diesem festlichen Abendessen folgt das Kartenspiel – bis in die Morgenstunden. Große Geldbeträge, ja sogar ganze Vermögen wechseln mitunter den Besitzer, denn die Griechen sind fanatische Spieler.
Während man sich am Heiligen Abend eher mit Freunden trifft, ist der Mittag des Weihnachtsfeiertages der Familie gewidmet. Dabei steht traditionsgemäß der gefüllte Truthahn im Mittelpunkt, es werden aber auch zusätzlich verschiedene Mezédes, ein pikantes Allerlei, gereicht. Unser Kochtipp: Griechische Weihnachtrezepte von Uta (Der Geschmack von Kreta).
Wenn dann auch noch jemand in der Familie Namenstag hat, also einen der Namen Christi führt – Chrístos, Christína, Emmanuíl usw. -, dann erweitert sich der Kreis der Familie um viele weitere Gäste.
Jetzt beginnt überhaupt eine Flut von Namenstagen. Der Namenstag ist wichtiger als der Geburtstag, denn einerseits verlangt dies die religiöse Tradition und andererseits ist keiner darauf erpicht, den anderen sein Alter zu offenbaren (…).
Von Weihnachten bis Silvester wird also fast ununterbrochen gefeiert. Unser Reisetipp: Einfach mal über Weihnachten nach Kreta fliegen. Der allgültige Gruß in dieser Zeit heißt „Chrónia pollá“ (viele Jahre); nach Silvester wechselt er mit „Kalí Chroniá“ – (Gutes (Neu-)Jahr).
In diesen Tagen ziehen die Kinder singend und Triangel schlagend von Tür zu Tür und wollen belohnt werden. Die kleinen Racker kommen oft schon um 8 Uhr früh! Um nur ja keine Zahlungsmüdigkeit aufkommen zu lassen wiederholt sich dieser Brauch zu den Hl. Drei Königen.
Unser Buchtipp zu Weihnachten: „Chaos ist ein griechisches Wort“ von Melitta Kessaris.