Am 29. Juli hatte DIE Stimme Griechenlands Geburtstag: Mikis Theodorakis.
Er feierte seinen 96. Geburtstag, was wir zum Anlass nahmen, uns mal näher mit seiner Vita zu beschäftigen. Allerdings denkt man beim Lesen, dass dieser Mann und Künstler in seinen 90 Lebensjahren mehr erlebt und erlitten hat, als in ein einziges Leben eigentlich reinpasst. Heute, am 02 September 2021, ist Mikis gestorben. Er wird auf dem Friedhof von Galatas bei Chania, wo auch seine Eltern liegen, beerdigt.
Normalerweise präsentieren wir Euch ja nur Auszüge aus der Vitae verschiedener Musiker, aber zu diesem Anlass hat sich die Musikredaktion mal dazu hinreißen lassen, euch Mikis´vollständige bisherige Lebensgeschichte aus Wikipedia vorzustellen. Wo sollte man da stoppen oder kürzen?
Aber lest selbst – und versteht vielleicht, wie wir auch, ein bisschen besser seine Beweggründe und was hinter seinem Schaffen wirklich steckt:
Mikis Theodorakis (griechisch Μίκης Θεοδωράκης) wurde am 29. Juli 1925 auf der Insel Chios, Griechenland) geboren und ist ein griechischer Komponist, Schriftsteller und Politiker.
Sein Vater Giorgos Theodorakis stammte aus Galatas bei Chania (Kreta), seine Mutter Aspasia Poulakis aus Çeşme (Kleinasien). Er ist international berühmt für seine zahlreichen Lieder, seine Filmmusiken zu Alexis Sorbas, Z und Serpico, sein symphonisches Schaffen sowie sein politisches Engagement.
Mikis und die Politik
Bis in die späten 1980er Jahre wurde Theodorakis mit der Linken identifiziert, im Jahr 1989 kandidierte er aber als Parteiloser für die Liste der Mitte-Rechts-Partei Nea Dimokratia (‚Neue Demokratie‘), um dem Land zu helfen, aus der schweren politischen Krise herauszukommen, die durch die zahlreichen Skandale der Regierung von Andreas Papandreou und seiner Pasok-Partei ausgelöst worden war. Er half mit, eine große Koalition zwischen Konservativen, Sozialisten und Linken zu bilden: Erstmals seit dem griechischen Bürgerkrieg wurden damit die Kommunisten der KKE wieder an der Macht beteiligt.
DANCE FIGHT LOVE DIE | The Satellite Clips | STEFANOS from Asteris Kutulas on Vimeo.
1990 wurde Theodorakis ins Parlament gewählt – so wie 1964 und 1981 – und als Minister ohne Geschäftsbereich beim Premierminister in die Regierung von Konstantinos Mitsotakis berufen. In dieser Funktion setzte er sich gegen Drogen und Terrorismus, für Kultur und Erziehung sowie für verbesserte Beziehungen zwischen Griechenland und der Türkei ein.
Seitdem er zurückgezogen von der Tagespolitik lebt, verfasst Theodorakis öffentliche Erklärungen, die oft harte Äußerungen enthalten, vor allem, wenn in seinen Augen der Friede in Gefahr ist. Von 1967 bis 1974 galt er, der stets diktatoriale Regimes abgelehnt hat, als die Stimme schlechthin gegen die griechische Junta-Diktatur.
Schon als Kind war Mikis Theodorakis von der Musik fasziniert und schrieb seine ersten Lieder, ohne ein Musikinstrument zur Verfügung zu haben. In Patras und Pyrgos bekam er ersten Musikunterricht, später in Tripolis von Herrn Papastatopoulos. Theodorakis gründete in Tripolis einen Kirchen-Chor und gab sein erstes Konzert im Alter von 17 Jahren.
Während der Besatzung Griechenlands durch die deutschen, italienischen und bulgarischen Truppen im Zweiten Weltkrieg von 1941 bis 1944 schloss sich der junge Mikis dem Widerstand an. Mit 18 Jahren wurde er erstmals inhaftiert und gefoltert. Zu diesem Zeitpunkt kam er auch in Kontakt mit dem Marxismus, der sein Weltbild entscheidend prägte, auch wenn er stets eine kritische Haltung zu sämtlichen Ideologien bezeugt hat. Im Befreiungskampf von Athen schloss er sich den Linken an und wurde Mitglied der Nationalen Befreiungsfront EAM in den Reihen der Griechischen Volksbefreiungsarmee.
Im Dezember 1944, nach dem Rückzug der deutschen Wehrmacht, wehrte sich Theodorakis mit seinen Partisanenfreunden gegen die (auch militärische) Einmischung durch die Briten in Griechenland und nahm an der Schlacht um Athen teil.
Nach dem Friedensabkommen von Varkiza wurde die Volksbefreiungsarmee im Februar 1945 aufgelöst. Als kommunistischer Regimegegner wurde Theodorakis im Juli 1947 während des Griechischen Bürgerkriegs verhaftet und auf die Insel Ikaria nach Christos Raches verbannt. Mitte 1948 wurde er nach zeitweiliger Freilassung und erneuter Verhaftung wieder auf die Insel Ikaria, diesmal nach Evdilos, sodann im Dezember in das auf der Insel Makronissos eingerichtete Vernichtungslager deportiert, in dem Tausende umkamen. Theodorakis war hier schwersten Folterungen ausgesetzt, wurde zweimal lebendig begraben und war dem Tode nahe. Sein Vater Yorgos Theodorakis verkaufte seinen Besitz auf Kreta, um seinem Sohn zu Hilfe zu kommen.
Nach dem 2. Weltkrieg, Gefangenschaft und Folter: Mikis und seine Musik.
Als Mikis 1949 aus der Haft entlassen wurde, war er physisch am Ende. Erst nach längerem Aufenthalt auf Kreta, wo er aber ebenfalls gefoltert wurde und der Hinrichtung von Kameraden zusehen musste, erholte er sich von den Folgen der unmenschlichen Misshandlungen. Er erhielt eine Anstellung als „Leiter der Musikschule von Chania“ und gründete sein erstes Orchester. Anfang der 1950er Jahre bestand er erfolgreich am Athener Konservatorium, unter der Leitung von Philoktitis Economidis, seine Examina („mit fliegenden Fahnen“).
Im März 1953 heiratete er seine Verlobte Myrto Altinoglou, und im November 1954 konnte das junge Paar dank zweier Stipendien nach Paris ausreisen. Am dortigen Conservatoire führte Theodorakis unter Eugène Bigot (Orchesterleitung) und Olivier Messiaen (Musikanalyse) sein Studium weiter, das er 1959 und mit Auszeichnung abschloss.
Frühzeitig schon hatte sich der Erfolg für den jungen Komponisten eingestellt. Sein „Lied vom Kapitän Zacharias“ (1939) war während des Krieges zum offiziellen Widerstandslied der Marine geworden. 1950 wurde sein erstes symphonisches Werk „Das Fest von Assi-Gonia“ von Economidis in Athen dirigiert, seine Ballettmusik „Griechischer Karneval“ in Rom uraufgeführt, und seine Sonatinen sowie seine sinfonischen Werke wurden in Athen aufgeführt, wo auch der berühmte griechische Dirigent Dimitri Mitropoulos auf den jungen Komponisten aufmerksam wurde. Es wurde Mitropoulos allerdings untersagt, ein Werk von Theodorakis in den USA aufzuführen, weil dieser ein „Kommunist“ sei. Seine Suite Nr. 1 für Klavier und Orchester bekam 1957 in Moskau eine Goldmedaille von einer Jury, zu deren Mitgliedern Dimitri Schostakowitsch und Hanns Eisler zählten.
Seine Erste Symphonie (1948–53) wurde zum Ausdruck eines seiner wichtigsten Anliegen: der Versöhnung der Griechen und der Ausheilung der Wunden des Bürgerkrieges. Das Werk ist zwei Freunden gewidmet, die in gegnerischen Lagern kämpften und dabei umkamen. Seine Ballettmusiken „Les Amants de Téruel“, „Le Feu aux Poudres“ und „Antigone“ wurden erfolgreich in Rom, Paris und London aufgeführt. Dieser Erfolg veranlasste den französischen Komponisten Darius Milhaud, Theodorakis als „besten europäischen Komponisten des Jahres“ für den American Copley Music Prize vorzuschlagen – eine Auszeichnung der „William and Noma Copley Foundation“, die später ihren Namen in „Cassandra Foundation“ abänderte.
Mit Filmmusiken war Theodorakis inzwischen ebenfalls einem breiten Publikum bekannt geworden. 1958 wurden in Paris seine Tochter Margarita und 1960 sein Sohn George geboren, der später ebenfalls Musiker und Komponist werden sollte.
Gerade als er auf der internationalen Musikszene mit seiner symphonischen Musik Fuß zu fassen begann, kehrte Theodorakis von Paris nach Athen zurück, wandte sich den Wurzeln der griechischen Musik zu und begann so die „dritte Periode“ seines musikalischen Schaffens.
Die dritte Periode seines musikalischen Schaffens.
Die Veröffentlichung seines Liederzyklus Epitaphios auf Gedichttexte von Jannis Ritsos in zwei unterschiedlichen Fassungen (eine mit Nana Mouskouri und eine zweite mit Grigoris Bithikotsis) entfachte eine heftig geführte Auseinandersetzung um die Bedeutung und Zukunft der Volksmusik.
In diesem Zyklus vereint Theodorakis beide Traditionen der griechischen Musik, der demotischen und der rembetischen Musik. Die demotische Musik entstammt den ländlich geprägten Regionen Griechenlands, der Rembetiko, der „Tanz der Einsamkeit“, wurde die musikalische Ausdrucksform der Stadtbevölkerung, der Flüchtlinge, der Außenseiter.
Manos Hadjidakis hatte ihn Ende der 1940er Jahren erstmals „salonfähig“ gemacht.
Theodorakis griff durch eine offensive Aufführungspraxis und durch theoretische Statements sowie Interviews in den durch diese Kontroverse entbrannten Kulturkampf in Griechenland ein, der zum Ausdruck des politischen Gegensatzes zwischen Linken und Rechten wurde. Rasch avancierte er zur Leitfigur einer Erneuerung Griechenlands, besonders nach der Ermordung des Parlamentsabgeordneten Grigoris Lambrakis (Z) im Mai 1963. Als Reaktion gründete Theodorakis die Lambrakis-Jugend (Lambrakides), deren Vorsitzender er wurde und die sich mit 50.000 Mitgliedern zu größten politischen Organisation Griechenlands avancierte. 1964 wurde Theodorakis als Abgeordneter der EDA-Partei ins griechische Parlament gewählt.
Systematisch und konsequent entwickelte Theodorakis in den sechziger Jahren sein volksmusikalisches Konzept, vom „zeitgenössischen Volkslied“ (immer eingebettet in einen Zyklus auf Texten bedeutender griechischer Lyriker), zu ständig komplexeren Werken, zum zeitgenössischem Musiktheater – seine Ballade vom toten Bruder auf eigene Texte behandelt das Tabu-Thema des griechischen Bürgerkrieges – und schließlich zur metasymphonischen Musik, optimal verkörpert in der Vertonung von Axion Esti, basierend auf dem Dichtungswerk von Odysseas Elytis, Literatur-Nobelpreisträger 1979.
In seiner metasymphonischen Musik verbindet Theodorakis das westliche Symphonieorchester mit griechischen Volksinstrumenten und darüber hinaus den Geist der Symphonik mit der hellenischen Musiktradition.
Als bedeutendster Interpret von Theodorakis-Liedern in den sechziger Jahren muss der Sänger Grigoris Bithikotsis hervorgehoben werden. Seine 1960 unter der Leitung von Theodorakis aufgenommene LP Epitaph gilt als eine der bedeutendsten Veröffentlichungen im Oeuvre von Theodorakis, unter anderem weil hier die Bouzouki als traditionelles Instrument der unteren Bevölkerungsschichten und die gesellschaftskritischen Texte von Ritsos zum ersten Mal eine zentrale Rolle in einem kunstmusikalischen Zusammenhang spielen.
Mikis und Maria Farantouri.
Nur drei Jahre später entdeckte Theodorakis die damals 16-jährige Maria Farantouri. Mit ihr als Sängerin veröffentlichte er 1964 einen seiner bekanntesten Liederzyklen: „Mauthausen“ auf Gedichte von Iakovos Kambanellis. Maria Farantouri sang seitdem in über 30 Theodorakis-Alben und gilt als „ideale Interpretin“ des griechischen Komponisten.
Am 21. April 1967 kam es zum Putsch der faschistischen Obristen in Griechenland. Theodorakis ging sofort in den Untergrund und veröffentlichte schon zwei Tage später einen ersten Aufruf zum Widerstand. Seine Musik wurde verboten, der Besitz seiner Platten, sogar das Singen und Hören seiner Lieder wurden mit Gefängnisstrafe geahndet: Armeebefehl Nr. 13 vom 1. Juni 1967.
Vier Monate kämpfte Theodorakis als Gründer der Patriotischen Front PAM im Untergrund gegen die Junta. Am 21. August wurde er verhaftet und im Hauptquartier der Sicherheitspolizei physisch und seelisch gefoltert. Als Reaktion schrieb er seinen Gedichtzyklus: Sonne und Zeit, den er später großenteils vertonte. Erst Ende Januar wurde er aus der Gefängnisanstalt Averoff entlassen, im August aber bereits ins Bergdorf Zatouna verbannt und Ende 1969 schließlich ins Konzentrationslager Oropos überführt, wo er sehr schwer an Tuberkulose erkrankte. Eine internationale Solidaritätsbewegung, angeführt unter anderem von Dmitri Schostakowitsch, Leonard Bernstein, Arthur Miller und Harry Belafonte, setzte sich für seine Freilassung ein.
Dem französischen Zentrumspolitiker Jean-Jacques Servan-Schreiber gelang es dann am 13. April 1970, den Junta-Chef Georgios Papadopoulos zu überzeugen, Theodorakis ins Exil nach Frankreich zu entlassen.
Mikis im französischen Exil.
Am 13. April 1970 landete das Flugzeug von Jean-Jacques Servan-Schreiber in Paris. Begeistert bei seiner Ankunft gefeiert, unter anderem von Melina Mercouri und Costa Gavras, wurde Theodorakis sofort ins Krankenhaus zwecks Untersuchungen geführt, nahm aber schon wenige Wochen später, als seine Frau und seine Kinder noch Geiseln der Obristen waren (sie wurden erst im Mai aus Griechenland „entführt“), den Kampf gegen die Junta wieder auf. Er gründete den Nationalen Widerstandsrat (EAS) und begann seine Welttourneen (ca. 500 Konzerte innerhalb von 4 Jahren), während denen er diesen Kampf mit unverminderter Energie bis zum Sturz der Diktatoren, am 23. Juli 1974 fortsetzte. 1972 trat Theodorakis aus der (euro-)Kommunistischen Partei Griechenlands (Inland) aus, um nie wieder Mitglied in irgendeiner Partei zu werden.
1972 traf er Pablo Neruda und Salvador Allende und versprach ihnen, seine Fassung von Nerudas Canto General zu komponieren. Er wurde von Gamal Abdel Nasser und Josip Broz Tito, Igal Alon und Jassir Arafat empfangen, während François Mitterrand, Olof Palme und Willy Brandt zu Freunden wurden.
Für Millionen von Menschen aber war Theodorakis in diesen Schicksalsjahren das Symbol des ungebrochenen Widerstands gegen die griechische Diktatur.
1974, nach dem Sturz der Diktatur, wurde Mikis Theodorakis bei seiner Rückkehr nach Griechenland wie ein Volksheld gefeiert, doch bald gewann das gewöhnliche politische Leben mit seinen Intrigen wieder die Oberhand. In den Jahren danach schwankte der Komponist zwischen Resignation und immer neuem Engagement – er rief zum Zusammenschluss der Linksparteien um die KKE auf, war deren Kandidat für die Athener Bürgermeisterwahlen, zwischen Einsatz im Parlament und freiwilligem Rückzug ins innere Exil nach Paris. Dort nahm er ab 1980 – nach zwanzig Jahren – die Arbeit an seinem symphonischen Schaffen wieder auf, schrieb frühere Werke um und schuf neue.
Mikis‘ vierte und fünfte musikalische Schaffensperiode.
Dies ist die „vierte Periode“ seines musikalischen Schaffens. Er komponierte seine Zweite, Dritte, Vierte und Siebente Symphonie, die symphonische Kantate: Sadduzäer-Passion, Kirchenmusik in der Tradition der griechisch-orthodoxen Musik (Missa Greca, Requiem), vollendete das großangelegte Oratorium Canto General und wagte sich schließlich in der „fünften Periode“ seines musikalischen Schaffens erfolgreich an die Gattung der Oper heran, wobei er sich vor allem mit Frauenfiguren aus der Mythologie beschäftigte: Medea (UA in Bilbao, 1. Oktober 1981), Elektra (UA in Luxemburg, 2. Mai 1995), Antigone (UA in Athen, 7. Oktober 1999), Lysistrata (UA in Athen, 14. April 2002).
Inzwischen hatte er, nach dem von Korruption belasteten Ende der Ära von Andreas Papandreou, für eine Erneuerung Griechenlands – eine „Katharsis“ (Reinigung), wie er sagte – durch den konservativen Politiker Konstantinos Mitsotakis geworben, und wurde von diesem als unabhängiger Linker zum Staatsminister ohne Geschäftsbereich ernannt. In dieser Eigenschaft engagierte er sich zwischen 1990 und 1992 insbesondere für eine Reformierung des Erziehungswesens und der Kulturpolitik, gegen den Drogenkonsum und den Terrorismus sowie, gemeinsam mit dem berühmten türkischen Musiker und Sänger Zülfü Livaneli, für eine Aussöhnung zwischen Griechen und Türken, was ihm bereits einige Jahre zuvor, nach der Gründung der „Griechisch-türkischen Freundschaftsgesellschaft“ viele Feindschaften eingebracht hatte.
Seine Regierungsbeteiligung hat Theodorakis später als Irrtum bezeichnet.
1993 und 1994 übernahm der Komponist für zwei weitere Jahre das Amt des Generalmusikdirektors des Symphonie-Orchesters und Chores des Griechischen Rundfunks und Fernsehens (ERT), bevor er sich ganz aus dem öffentlichen Leben zurückzog.
Danach arbeitete er nur noch als Komponist, war aber auch ein gefragter Dirigent seiner Kompositionen. Nach dem Tode seines Bruders Yannis 1996 und akuten Atembeschwerden 1997 musste er mehrere Monate lang mit schweren Depressionen kämpfen. Erst im Winter 1997–1998 besserte sich sein Gesundheitszustand, und er konnte seine Aktivitäten als Dirigent und Komponist wiederaufnehmen.
1997 hat Theodorakis sein Privatarchiv der Lilian-Voudouri-Musikbibliothek des Megaron in Athen gestiftet. In den folgenden Jahren komponierte er seine letzten Werke: die Oper Lysistrata 1999–2001, die Bühnenmusik zu Medea (Guy Wagner gewidmet) 2001, eine Rhapsodie für Trompete und Orchester sowie East of the Aegean für Cello und Klavier (Jens Naumilkat und Henning Schmiedt gewidmet).
Theodorakis lebt zurückgezogen in Athen und arbeitet daran, seine Kompositionen und seine Schriften einem immer breiteren Publikum zugänglich zu machen. Letzte Liederzyklen entstanden 2005: Erimia (Einsamkeit) und 2006: Odysseia.
Immer noch politisch aktiv.
Theodorakis engagiert sich aber auch politisch immer wieder aufs neue, wenn die Umstände dies von ihm verlangen: Protest gegen die NATO-Bombardierungen in Jugoslawien 1999, gegen die Behandlung des gekidnappten Kurdenführers Abdullah Öcalan, gegen die US-amerikanische Regierung unter George W. Bush und den Irakkrieg 2003.
Im Jahr 2003 verurteilte unter anderem der Zentralrat der Juden Griechenlands bestimmte Äußerungen von Theodorakis als antisemitisch. Theodorakis selbst bestreitet diese Vorwürfe und macht geltend, lediglich Kritik an der Politik Israels gegenüber den Palästinensern geübt zu haben.
Im Februar 2011 äußerte er sich in einem Fernsehinterview des griechischen Senders „High“ zu Fragen des Antisemitismus und Zionismus und wurde daraus mit den Worten zitiert, er sei Antisemit, was einige Kritik auslöste. Kurz darauf veröffentlichte Theodorakis deshalb auf seiner Website eine Stellungnahme, in der er sich von antisemitischen Ideen distanzierte und auf sein lebenslanges Engagement gegen die Verfolgung von Juden hinwies. Gleichzeitig betonte er, Antizionist zu sein.
Er erklärte, er halte unter anderem die Außenpolitik der USA sowie die internationale Musikindustrie für von Zionisten kontrolliert, und behauptete, dass die Opfer des Nationalsozialismus heute dieselben Methoden anwenden würden. In einem Brief an den Zentralrat der jüdischen Gemeinden Griechenlands erklärte Theodorakis im Mai 2011, dass seine Aussage, er sei Antisemit, ein Versprecher gewesen sei. Der Rat nahm die Entschuldigung in diesem Punkt an.
Mikis Theodorakis ist Ehrendoktor der Universitäten von Montreal, Saloniki, Volos, Kreta, Tel Aviv und Istanbul.
2002 wurde er in Bonn mit dem Erich Wolfgang Korngold Preis für Filmmusik während der Internationalen Filmmusik Biennale ausgezeichnet. 2005 erhielt er den russischen Internationalen Andreas-der-Erstberufene-Preis für seine „selbstaufopfernde Arbeit und das Beispiel eines schöpferischen Dienstes an der Heimat sowie die Schaffung von hervorragenden Musikwerken, die den Frieden zwischen den Völkern besingen, den Geist und das nationale Selbstbewusstsein der Menschen stärken“. Der IMC-UNESCO-Musikpreis, eine der höchsten musikalischen Auszeichnungen überhaupt, wurde ihm ebenfalls 2005 zugesprochen, genauso wie ihm im gleichen Jahr der Orden eines Großoffiziers des Verdienstordens des Großherzogtum Luxemburgs verliehen und die Ehrenmitgliedschaft in der Europäischen Linkspartei zugesprochen wurde.
Ein Symposium zum 80. Geburtstag über seine Theorie der „universalen Harmonie“ wurde auf Kreta durchgeführt. Zahlreiche weitere Ehrungen und Auszeichnungen in Griechenland und außerhalb seiner Heimat bestätigen weiterhin seine einzigartige Stellung als eine „Stimme der Freiheit und des Friedens“, die weltweite Resonanz findet.
Theodorakis war Ideengeber der Ende Dezember 2010 in Griechenland entstandenen unabhängigen Bürgerbewegung Spitha (griechisch σπίθα ‚Funke‘). Die Spitha-Bewegung soll nicht als politische Partei, sondern als unabhängige Bürgerbewegung die griechische Bevölkerung informieren und Ideen erstellen, um die Reaktion der Griechen auf die nationale und internationale Krise zu fokussieren.
Theodorakis hat über tausend Lieder geschrieben. Die meisten von ihnen beruhen auf Gedichten der bedeutendsten griechischen Dichter und zählen heute zum Volksgut Griechenlands, vor allem jene aus den sechziger Jahren (Epitaphios, Archipelagos, Politia, Epiphania, Kleine Zykladen, Mauthausen, Romiosini), aber auch später geschriebene wie die 18 Lieder der bitteren Heimat und Ta Lyrika (Die lyrischen Lieder). Des Weiteren vertonte Theodorakis auch ins Griechische übersetzte Texte von Federico Garcia Lorca, Brendan Behan, Nazim Hikmet, Leopold Senghor sowie originalsprachliche Texte von Paul Eluard, Martin Walser und Pablo Neruda.
Soviel zu Mikis´ Biografie bisher – einen kompletten Überblick über sein musikalisches und schriftstellerisches Schaffen, sowie einige Zitate bekannter Menschen über ihn findet Ihr bei unserer Quelle Wikipedia.
Mehr Artikel zu Theodorakis hier.
Radio Kreta gratuliert von Herzen! Ihr hört von uns – und sicher bald auch wieder von Mikis!
Abschied von Mikis
Zehntausende Griechen geben dem Komponisten, Widerstandskämpfer und Politiker Theodorakis letztes Geleit
https://www.jungewelt.de/artikel/410184.volksheld-beigesetzt-abschied-von-mikis.html
Mikis Theodorakis, ein Symbol der Demokratie und Freiheit ist im Alter von 96 Jahren in Athen gestorben. Über das Land wurde eine dreitägige Staatstrauer verhängt.
Theodorakis wird auf dem Friedhof von Galatas bei Chania, wo auch seine Eltern liegen, beerdigt.
Geboren wurde Mikis Theodorakis im Jahr 1925 auf der Insel Chios.
Die Sippe Theodorakis kam aber von Kreta. Der Vater Giorgos Theodorakis stammte aus Galatas bei Chania.
Als Theodorakis 1949 aus der Haft entlassen wurde, war er physisch am Ende. Erst nach längerem Aufenthalt auf Kreta, wo er aber ebenfalls gefoltert wurde und der Hinrichtung von Kameraden zusehen musste, erholte er sich von den Folgen der unmenschlichen Misshandlungen. Wieder findet er Schutz und Geborgenheit bei seiner Familie. Er erhielt eine Anstellung als „Leiter der Musikschule von und gründete sein erstes Orchester.
In der Autobiografie „Die Wege des Erzengels“ beschreibt Mikis Theodorakis auch seine Zeit auf Kreta.
Im Buch „Bis er wieder tanzt“, beschreibt der Komponist Theodorakis, dass Kreta der späten 40er Jahre, den Familienzusammenhalt, erotische Abenteuer aber eben auch die Wirrungen der damaligen Zeit. Ein schönes Buch, um in die griechischen bzw. kretischen Verhältnisse einzutauchen.
Mit dem MERIAN sprach der 84-Jährige über die Insel seiner Väter. Mikis Theodorakis – eine Liebeserklärung an die Insel Kreta:
„Das Glück der Heimkehr:
Kreta, die mythische Insel, die mein Vater Georgios als junger Mann verlassen hatte, um draußen in der Welt seinen Weg zu finden, habe ich selbst erst spät richtig kennengelernt. Ich wurde ja auf Chíos geboren. Es war 1949, als ich, von der wüsten, baumlosen Gefängnisinsel Makrónissos kommend, voller Sehnsucht und Freude das grüne Land meiner Vorfahren betrat.
Mein Vater und die Familie waren Jahre zuvor, also während des Bürgerkrieges, nach Kreta zurückgekehrt. Ich wollte sie wiedersehen, nach so vielen furchtbaren Monaten, die ich im Lager überstanden hatte. Nie habe ich vergessen, dass ich Kreta riechen konnte – noch bevor ich seine Küste vom Schiff aus sah.
Es duftete nach Zitronen und Orangen. Nebel lagen über dem Wasser und dann, endlich, tauchten aus dem warmen Dunst des Oktobers die hellen Gipfel der Lefká Óri, der Weißen Berge, auf. Es war einer der wunderbarsten Momente meines Lebens. Ich bin auch heute, mit meinen 85 Jahren, zuallererst ein Kreter – danach erst Grieche und Europäer.“ (Mikis Theodorakis im Merian „Kreta“ Ausgabe Juli 2010)
„Von dem Moment an, in dem man Kretischen Boden betritt, fühlt man sich frei!“ (Mikis Theodorakis)
Kaló taxídi Mikis Theodorákis, kv
Doch, ein bisschen übertreiben muss ich jetzt doch, lieber Jörg 😉
Seit Anfang der 90er war ich auf jedem Konzert von Maestro Theodorakis, das er in München gegeben hat.
Gänsehaut pur !
Das Orchester nimmt den Platz auf der Bühne ein … die beiden alterwürdigsten Meister der Bouzouki schlagen die ersten Töne an und man ist nur noch ergriffen. JEDER ! Wir haben eine große griechische Community in München 😉
Dann kommt Mikis „angeschlichen“ und die Post geht ab !
Einmal durfte ich erleben, dass Maria Farandouri dabei war. Wenn sie zum Mikrophon greift, bleibt einem nur noch die Spucke weg … .
(ich habe sie auch einmal erleben können, als sie zusammen mit Herrn Dalaras ein Konzert gegeben hat …).
Mit Herrn Theodorakis haben wie einen ganz ganz großen Menschen verloren.
… Übrigens habe ich mein erstes Griechisch mit seinem Liederbuch gelernt :-))))
Die Texte waren darin auf Griechisch und Deutsch und dazu die Noten zum Mitsingen.
Jaaa, ich singe diese Lieder immer noch mit, wenn ich sie höre … .
Nicht uberzteiben
Moin und Kalimera Jörg, für mich gehört die Autobiografie „Mikis Theodorakis Die Wege des Erzengels“(Insel, Frankfurt am Main 1995) immer noch zu den Büchern die mich bis heute am meisten berührt haben.
Mit seiner Teilnahme der Nationalistischen Mazedonien Kundgebung in Athen als Hauptredner und seinen Aussagen, seine ersten Worte waren „meine Brüder, Faschisten, Rassisten, Terroristen. Ich bin ein Patriot, Internationalist und ich kämpfe gegen Faschismus und seine gefährlichste Art, den linken Faschismus. …Ich schäme mich nicht wie die Nation-Nihilisten, die das Land regieren… Eine Minderheit regiert das Land… Extremisten, die feige Terroristen sind.“. Und dann der größte Hammerschlag: „Der schlimmste Faschismus war schon immer der linksgerichtete Faschismus“. Nach den Aussagen kann man nur noch enttäuscht und fassungslos von Theodorakis sein.
Die Rede Mikis Theodorakis wird vielen in Erinnerung bleiben und prägt und drückt den aktuellen Diskurs des kirchlich-rechten pro-griechisch-mazedonischen Blocks aus.
Die nationale Massenhypnose, mit orchestriert durch Medien, Kirche und Teilen der Politik und im Zusammenspiel mit reaktionären Kräften, bleibt weiterhin die eigentliche politische Gefahr, der alle, die sich für eine solidarische Gesellschaft einsetzen, gegenüber stehen. Ein Ende der nationalen Hysterie, die ihre Wurzeln in Bildung und Sozialisierung hat, ist nicht in Aussicht.
Mikis Theodorakis ist auch Ehrendoktor der Universität Salzburg und bei der Verleihung dieses Titels war er am 7.6.2018 in Salzburg herzlichen Glückwunsch zum 95. Geburtstag aus Salzburg
In der Tageszeitung junge welt ist heute ein schöner Artikel über M. T. erschienen.
»Hungern nach echter Harmonie«
Mikis Theodorakis zum 90. Geburtstag (Teil I): Der berühmte Künstler über Einklang und Chaos in Politik und Musik
https://www.jungewelt.de/2015/07-29/001.php
vg, kv