„Nächstes Veggie-Restaurant in 798 km“, von Maik Weichert.

Eine herrliche Beschreibung griechischer Zustände aus Sicht eines Weimarer Musikers mit altphilologischer Bildung, der mit offenen Augen durch die Welt geht und seine Sicht der Dinge mit viel Wortwitz und Humor schildert.

Das können und dürfen wir Euch nicht vorenthalten (wir werden ihn auch in´s Veggie-Restaurant nach Paleochora einladen….!).

Diesmal schreibt Maik Weichert, der Weimarer Gitarrist und Texter der Metalband „Heaven Shall Burn“, aus Griechenland. Die Thüringer Musiker begeistern mit ihrer harten, sozialkritischen Musik in vielen Ländern ihre Fans. Für die TLZ-Serie „Unterwegs mit Maik“ schreibt er aus der ganzen Welt:

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Maik Weichert

„Direktflug Weimar-Athen. So auf in die Sonne!

Ich freue mich riesig auf den Griechenlandtrip und nehme mir vor ganz viele Postkarten mit wärmenden Worten an die im garstigen Aprilwetter Daheimgebliebenen zu versehen. Allerdings vermiest mir der Blick auf den Wetterbericht ganz schnell diesen Plan. In Weimar sind 25 Grad Celsius mit Sonne angesagt, während ich in Athen bei 15 Grad Celsius im Nieselregen umhertappen soll!?

Als kuriosester Punkt der Reisevorbereitungen entpuppt sich allerdings der Versuch unserem Tourmanager am 1. April klar zu machen, dass Weimar wirklich, ganz im Ernst, jetzt mal ohne Scheiß, nee glaub mir doch! – seit neuestem keinen ICE Anschluss mehr hat und ich deshalb aus Zeitgründen mit dem Auto zum Flughafen muss. Ich befürchte das hat er mir bis heute nicht abgenommen. Meine zynische Bemerkung, dass man statt eines ICE-Anschlusses jetzt aber einen internationalen Flughafen Weimar hat, schien er dementsprechend auch nicht ganz einordnen zu können.

Athen begrüßt uns dann tatsächlich mit trübem Wetter, aber das ist nicht weiter schlimm, erstmal sind andere Dinge wichtiger als Sonnenbaden, denn wie bei jeder Ankunft, egal wo auf der Welt, hat der gemeine Musiker Hunger und zwar richtig!

Nun ist aber die griechische Küche für einen Veganer ungefähr so ergiebig wie ein Saudi Arabien Urlaub für einen Alkoholiker.

Sogar die iPhone-App, die an jedem Ort der Welt vegetarische Restaurants aufspürt sagt: Na Mahlzeit!

Nächstes Veggie-Restaurant in 798km!

Doch unser Betreuer Dimitris schafft es auch diesmal mit ein paar extra Scheinen – man nennt es im Kontext mit Griechenland neuerdings wohl „Beihilfen“ – den Koch in einem Restaurant davon zu überzeugen, extra für uns etwas rein Pflanzliches auf den Teller zu zaubern und das schmeckte dann auch wirklich wahnsinnig gut! Die Leute am Abend bei dem Konzert sind immer noch genauso verrückt und enthusiastisch wie wir sie in Erinnerung hatten.

Die Griechen muss man einfach lieben, südländisches Temperament, gepaart mit unglaublicher Gastfreundlichkeit und ehrlicher Weltoffenheit.

So macht es großen Spaß nach dem Konzert mit den Fans noch etwas weiter zu feiern! Am nächsten Tag machen wir uns verschlafen auf den Weg nach Thessaloniki. Auf unser erstes griechisches Konzert außerhalb von Athen freut sich unser Gitarrist Alexander ganz besonders, schließlich liegt Thessaloniki in der historischen Region Makedonien, da fühlt man sich mit so einem Vornamen natürlich besonders verpflichtet auf der Bühne Gas zu geben!

Ungefähr auf der Hälfte der Strecke kommen wir an Thermopyles vorbei und ich muss an den alten Schiller denken: „Wanderer, kommst du nach Sparta, verkündige dorten, du habest uns hier liegen gesehn, wie das Gesetz es befahl.“ Hier hat also der alte Leonidas damals den Persern ordentlich auf die Mütze gegeben. Und ich muss zugeben dass es tatsächlich ein Gänsehautgefühl ist an einer Stelle zu stehen wo so große Geschichte stattfand. Ich hoffe mal meine Wertschätzung dieses einzigartigen Geschichtsschauplatzes beruht nicht nur auf den geschätzten hundert Durchläufen der Comic-Verfilmung „300“ sondern auch auf den Resten meiner altphilologischen Bildung.

Ich schaue auf die Uhr, blinzle in die Sonne und denke daran, dass so wie hier vor knapp 2500 Jahren ein paar hundert tapfere Griechen, darunter die berühmten 300 Spartaner, gegen eine persische Übermacht tapfer bis zum Ende gekämpft haben, genau in diesem Moment im fernen Rostock ein paar hundert tapfere Jenaer auf dem Feld und im Gästeblock gegen eine mecklenburgische Übermacht hoffentlich genauso tapfer bis zum Abpfiff kämpfen. Hoffen wir mal das uns Hähnge nicht den Ephialtes macht.

Thessaloniki empfängt uns dann mit strahlendem Sonnenschein, eine milde Brise weht durch die Stadt und überhaupt ist alles viel ruhiger als im hektischen Athen.

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Willkommen Maik. In Paleochora.

Es ist zwar immer noch lebensgefährlich, auch im Angesicht des grünen Ampelmännchens, die Straße zu überqueren, doch zumindest hat man den Eindruck, dass der nordgriechische Autofahrer nicht wie sein Athener Pendant dem sterbenden Fußgänger noch hupend „Malaka“ hinterher brüllen würde. So liebenswert die Griechen in jeglicher Lebenslage sind, ein Auto scheint für den Griechen ein Harnisch zu sein in dem er unweigerlich wieder zum antiken Krieger mutiert.

Vom Fenster meines 4 Sterne-Hotelzimmers aus habe ich einen unverbaubaren Blick auf eine Wand, doch schon nach kurzer Zeit merke ich, wie malerisch der Hinterhof mit der verfallenen Häuserwand aussieht – eigentlich genauso wie man sich ein romantisches Griechenland immer vorstellt, also nix zu meckern! Sobald der neue internationale Flughafen meiner Heimatstadt Flüge hier hin aufnimmt, komme ich wieder! Obwohl… so lange will ich dann wahrscheinlich doch nicht warten.“

Radio Kreta – mal gut, wir sind eingefleischte Carnivoren!


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