Nikos erzählt…. „Neuwahlen in Griechenland“.

Geschichten aus Griechenland

Neuwahlen waren angesetzt und die ganze Welt blickt wieder einmal nach Griechenland. Naja, die ganze Welt nicht unbedingt, wenn man sieht, was momentan rund um den Globus los ist.

In der Ukraine herrscht Krieg, in so vielen afrikanischen Staaten ist Mord an ganzen Dorfgemeinschaften an der Tagesordnung, der Terrorismus ist wieder in aller Munde und die Chefs der Großbanken ängstigen sich, ob sie das Kleingeld für eine weitere Jacht zusammen kratzen können. Lasst mich dann anders beginnen:

Neuwahlen waren angesetzt und die europäischen Finanzbosse blicken nach Griechenland. Mein Vater, der leider schon seit über dreißig Jahren tot ist, war stets konservativ in seiner politischen Gesinnung, was bedingt war durch sein Elternhaus. Mein Großvater wie auch der Urgroßvater waren Kämmerer in einer griechischen Kleinstadt und mein Vater selbst war Polizeibeamter. Als ich noch jung war und das Revoluzzerblut in mir brodelte, hatten wir hitzige Diskussionen.

Zwischen Himmel und Erde

Heute diskutieren wir immer noch miteinander, er im Himmel und ich hier, wobei die Themen niemals so heiß wie seinerzeit angefasst werden.

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Griechenlands neuer Premierminister: Alexis Tsipras.

„Alexis Tsipras hat erdrutschartig gewonnen“, informierte ich meinen Vater, der mich anlächelte und meinte: „Gar nicht mal so schlecht für Griechenland. So ein Wechsel ist längst fällig.“ „Ja“, sagte ich, „aber seine Forderungen sind doch sehr links orientiert. Warum gehst Du auf einmal so kritiklos an eine Sache ran?“  „Also mein Junge,“ fuhr mein Vater fort, „Du bist jetzt älter als ich es geworden bin, die Begriffe links und rechts sind so dehnbar.Tsipras fordert mehr Unterstützung für kranke Menschen, ist das links? Er fordert Steuern von Allen und nicht nur von den Armen, ist es links? Er will denen, die am Existenzminimum sind, höhere Renten zahlen, ist das links?

Ist es links, wenn man den europäischen Banken sagt: Stopp hier ist Griechenland, hört auf uns zu bevormunden? Ist es links, wenn man Menschen auf der Straße sieht, die ein Leben lang gearbeitet haben und betteln, weil sie nichts zum Essen haben? Ist es links wenn man sagt, wir müssen die Selbstmordrate der Verzweifelten senken? Ist es links, wenn man den Millionären sagt, ihr seid hier zu dem geworden was ihr seid, geht nicht mit Euren Firmen ins Ausland?  Ist es links, wenn Schulkinder ohne eine Scheibe Brot zur Schule kommen und hoffen, dass irgendein Schulkamerad sein Pausenbrot mit ihnen teilt? Ist es links, wenn Menschen würdelos in Hinterhäusern an Hunger sterben? Wenn das links ist mein Sohn, dann bin ich ein radikaler Linker!“

Die Würde des Menschen

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Karikatur von Freund Klaus Stuttmann

Nachdenklich über seine Worte wurde mir bewusst, was mein Vater sagte. Dass Jesus Christus heute auch für links gehalten worden wäre, ist mir bewusst, dass in meinem Geburtsjahr 1953 in London ein radikaler Schuldenerlass für das kriegszerstörte Deutschland eingeleitet wurde, erfuhr ich viel, viel später. Großmut heißt auch Würde und Griechenland bettelt nicht, Griechenland bittet um diese Würde.

Wenn Leute sterben, weil der Strom abgeschaltet wird, ist es eine Schande für jeden Menschen.

Jedes Mal sehen wir im Flugzeug die Instruktionen, dass im Falle eines Druckverlustes man sich zunächst selbst die Sauerstoffmaske anziehen soll und dann den Kindern. Wieso versuchen Troika und EZB, sich siebzehn Sauerstoffmasken aufzusetzen und keine den Griechen? Griechenland fordert eine Umstrukturierung der Staatsschulden, damit die Menschen wieder Strom erhalten, damit die Menschen wieder Arbeit finden, damit die Menschen wieder eine Scheibe Brot kaufen können.

Spät in der Nacht rief ich Kostas an, im Hintergrund hörte ich den Ton seines eingeschalteten Fernsehers und vernahm, dass er eine Wahlsendung eingeschaltet hatte. „Na, wie bist Du mit dem Ergebnis zufrieden?“  fragte ich. Er schaltete den Ton leiser und meinte:  „Lieber Gott, wir haben doch nur ein Leben, danke dass ich es als Grieche leben darf.“

Euer Niko


streamplus.de

6 Kommentare

  1. Ich finde es geschickt, dass Tsipras sich zunächst einen Koalitionspartner aussucht, der seine Forderung nach einem Schuldenschnitt unterstützt. Das stärkt seine Position in den Verhandlungen mit den Gläubigern. Wenn das Thema so oder so erledigt ist, wird er den Koalitionspartner wechseln, denn auf Dauer wird das mit den Rechtspopulisten nicht gut gehen !

  2. Eine Koalition mit Panos Kamenos, dem Ex Vizeminister der ND für Schifffahrt, ist das der Weg im Kampf gegen die Oligarchen Im Lande ? Ta leme rainer

  3. Kalimera,

    aber sicherlich!!!
    Ich weiss nur noch nicht genau wann -wahrscheinlich das erste Mal Anfang/Mitte August und nochmal Mitte November.

    Ich werde dich auf jeden Fall kontaktieren, wenn ich da bin -diesmal vielleicht mit Raki anstatt Frappe 🙂

    Jassu
    Günter

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