Kochen wie die Minoer
Die kretische Küche ist, genau wie die ganze Kultur, eine der ältesten der Welt. Und dabei bietet sie definitiv die köstlichsten kulinarischen Traditionen. Traditionen von Aromen, Geschmack, Zutaten und Zubereitungsarten, die teilweise in Vergessenheit geraten sind oder waren, von denen manche aber bis heute gepflegt und weiterentwickelt werden.
„Parasties“ (Παραστιές) ist eine dieser Zubereitungsarten, bei der nur reine Rohstoffe von ausgewählten Erzeugern der Insel verwendet werden, um gute, qualitativ hochwertige kretische Speisen anzubieten, getreu dem traditionellen Geschmack.
Der Kamin, auf kretisch: die „Parastia“, war viele Jahre lang bis Ende der 1950-er Jahre, die traditionelle Art und Weise zu kochen, berichtet z.B. die „Chaniotika Nea“. Hauptzutat für ausnahmslos alle Gerichte ist die legendäre „Ypomoni“ (υπομονή) – Geduld!
Die traditionelle „Parastia“ bestand aus zwei parallelen rechteckigen Steinen, unter denen das Feuerholz aufgeschichtet wurde, das Essen wurde und wird also im Topf oder der Pfanne über offenem Feuer gekocht. Gerne werden dafür auch Tongefäße verwendet, in denen Gemüse- oder Fleischeintöpfe bei geringer Hitze langsam geschmurgelt werden. Fünf Pfund Holz sind genug zum Kochen einer Mahlzeit, was allerdings locker 2 Stunden dauern kann.
Aber nicht nur die Zubereitung in Topf und Pfanne, sondern auch auf einer Art pyramidenförmigem Gestänge, ist besonders für Fleischgerichte wie Lamm oder Ziege sehr beliebt. Hier werden die Fleischstücke von außen auf das Gestänge gehängt, im Inneren des Gestänges brennt das Holz vor sich hin und gart das Fleisch langsam und zuverlässig – es wird dabei sehr zart und erhält auch einen leichten Räuchergeschmack.
Mit Hilfe von Ikonographien fanden Forscher heraus, mit welchen Kräutern die Minoren ihre Speisen verfeinerten. Die Auswahl war groß: Safran, Salbei, Lavendel, Oregano, Minze, Fenchel und Thymian. „Unser Ziel ist es, zurück an die Wurzeln der Insel zu kehren”, sagt die Archäologin Jerolyn Morrison, die von diesen uralten Zubereitungsarten so fasziniert ist, dass sie sogar mit Kollegen ein Unternehmen gegründet hat, das sich auf antikes Kochen und Kochvorführungen spezialisiert hat. „Etwa dadurch, dass wir Essen langsam in Tontöpfen kochen. Das sind Dinge, die wir in diesen modernen Zeiten verlernt haben.”
Kochen in Ton und Lehm
Das Kochen in Tontöpfen erfreut sich seit einigen Jahren wieder großer Beliebtheit – nicht nur in Restaurants (in den großen Städten herrscht mittlerweile ein regelrechter „Parastiés-Hype“!), sondern auch zu Hause. Das weiß der Töpfer Pantelis Liodakis, der diese alte Tradition mit Leidenschaft in seiner Werkstatt pflegt. Gekonnt formt er den Ton auf seiner Töpferscheibe – bereits schon für die Herstellung der Gefäße braucht man sehr viel Zeit und Geduld, wobei die meiste Zeit für das Trocknen und Brennen benötigt wird.
So braucht das Trocknen des Küchenutensils zwischen 5 Tagen im Sommer bis zu 15 Tagen im Winter. Und dann geht es in den Ofen, wo es bei 960°C für 12 Stunden gebacken wird, wodurch es eine ziegelartige Konsistenz erhält. Weitere 12 Stunden werden benötigt, um das Gefäß vollständig auszukühlen, anschließend wird es meist noch beschichtet bzw. lasiert.
Und demnächst werden wir solcherart zubereitete Speisen auch mal im Selbstversuch testen. Nicht zu Hause, denn die Entscheidung über eine offene Feuerstelle ist noch nicht wirklich getroffen.
Aber die Neueröffnung des Restaurants „Parastiés“ hier in Paleochora (vormals Captain Jim) war im Mai – und wir waren da. Perfekt!
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