Spargel: „Weißes Gold“ aus Griechenland in deutschen Supermärkten.

Aus aktuellem Anlass und frei nach Matthias Claudius (1740-1815): „Wenn jemand eine Reise tut, so kann er was erzählen.“ (Urians Reise um die Welt). Der aktuelle Anlass ist der derzeitige zweiwöchige Deutschlandaufenthalt – nach geschlagenen 5 Jahren mal wieder! – des Scheffredakteurs, der aus dem sich Wundern, Staunen und Kopfschütteln gar nicht mehr rauskommt.

Dabei war er vorgewarnt, war Scheffredakteuse in besagten 5 Jahren doch immerhin drei Mal in Germanien und von daher nicht ganz so „entwöhnt“. Aber der Scheff erlebt gerade Situationen und Momente, denen er zwar durchaus ohne Weiteres gewachsen ist, die er aber überhaupt gar nicht erleben will.

Bereits nach der ersten Woche seines Deutschlandaufenthaltes war er mittelschwer verwirrt. Einerseits ob des überwältigen Angebots von schlicht ALLEM (was man hier auf Kreta ja nicht unbedingt gewohnt ist, was einem aber eigentlich auch überhaupt nicht fehlt…), andererseits ob der (zumindest ganz subjektiv so wahrgenommenen) durchgängig schlechten Laune der Landsleute. Dabei haben die doch alles!? 

Jeder hat ein Fon zum drauf rumwischen und natürlich jede Menge „Apps“ dazu, jede(r) Zweite hat nen Knopf im Ohr und brabbelt wirres Zeug vor sich hin und entweder sitzen die Leute alleine im überteuerten Restaurant oder nehmen sich ein „to-go“-Essen mit nach Hause. Alleine, versteht sich. Und damit muss man erst mal klar kommen, wenn man das Leben hier auf Kreta gewöhnt ist, das so komplett diametral zu all dem abläuft!

Bisheriger Höhepunkt der Scheff´schen Fassungslosigkeit war allerdings ein Thema, das – wie könnte es anders sein – mit Essen zu tun hat. Es geht um Spargel. Um weißen Spargel. Genauer gesagt, um weißen Spargel aus Griechenland!

Weißer Spargel aus Griechenland

Den gibt es nämlich bereits jetzt schon seit einigen Wochen und wir wundern uns auch immer, wenn Familie und Bekannte uns ganz stolz mitteilen heute hatten wir griechischen Spargel zu Mittag!, denn gerade hier auf Kreta kennt man weißen Spargel so gar nicht. Wir kennen den wohl von zu Hause, vor allem Scheffredakteuse, die ja nun mal im Quasi-Spargelland „Rheinland-Pfalz/Rheinhessen“ aufgewachsen ist.

Da kam der Spargel allerdings nur saisonal aktuell auf den Tisch – d.h. vom Spargelbauern um die Ecke, irgendwann von Mai bis Johannis (24. Juni). Regeln müssen ja sein. Aber ich schweife ab – schließlich geht es ja um den griechischen weißen Spargel in deutschen Supermärkten und (Bio-?)Gemüseläden.

Wetterbedingt ernten die Griechen weißen Spargel früher als ihre Kollegen im eher kalten Germanien. Schon ab Ende Februar wird im Norden Griechenlands Spargel geerntet, und schon im März jeden Jahres gibt es bereits erste Lieferungen. Das «weiße griechische Gold» geht von Februar an fast ausschließlich nach Deutschland, denn die Griechen wissen mit weißem Spargel nicht viel anzufangen (hmmm, wir hätten da durchaus ein paar Rezepte….)

So weit, so gut. Paradox daran ist lediglich, dass die Nachfrage aus bzw. die Abnahme in Deutschland sinkt, wenn es in den Spätwinter- bzw. Frühlingsmonaten kalt ist. Finden wir aber irgendwie logisch: wenn man damit aufgewachsen ist, dass es Spargel nur im Frühsommer gibt, fällt es einem schwer, ihn bei Minustemperaturen und Schneetreiben zu verzehren – auch wenn das Wetter meist nur draußen ist. 

Für Griechen sind deutsche Spargel-Gewohnheiten jedenfalls ein absolutes Phänomen (wie sicher vieles andere auch….!).

griechischer gruener Spargel Uta
Gesund und lecker: Griechischer grüner und wilder Spargel. (Foto: Uta Wagner)

 «Es gibt kaum Rezepte, und was die Deutschen damit kochen, ist uns völlig unbekannt – wir essen eigentlich nur grünen Spargel – und den als Salat», sagt Anastasios Karkatzalos von der nordgriechischen Erzeugergemeinschaft Nestos, wie die Badische Zeitung, die Zeit.de und andere dieser Tage berichteten. Macht aber nichts: Mit dem Export des weißen Spargels verdienen die griechischen Spargelbauern ohnehin viel besser, vorausgesetzt, das Wetter spielt mit.

Kritischer Faktor: Das Wetter

Dieses Jahr war der Himmel ihnen allerdings bisher nicht gnädig. «Erst war es kalt, die Spargel kamen spät. Dann eine Woche lang Sonnenschein und Wärme, dann wieder Wolken, Kälte, Regen – wir hoffen weiter», sagt Karkatzalos. In südliche Gegenden wie Kreta, wo das Wetter viel besser ist, können die Spargel-Bauern nicht ausweichen, dort ist es im Winter viel zu warm. «Der Spargel braucht auch seine Winterkälte», sagt Kostas Maragkosis von der Erzeugergemeinschaft Nespar.

Mehr als 90 Prozent des griechischen weißen Spargels wird Maragkosis zufolge nach Deutschland exportiert. Die Griechen wissen, dass der Deutsche pro Jahr gut und gerne 1,7 Kilo Spargel genießt – und dass die deutschen Spargelbauern deshalb sukzessive ihre Anbauflächen erweitern. Nur weil zugleich der Verbrauch der Deutschen steigt, exportieren die Griechen weiter erfolgreich.

Dass deutscher Spargel zu Saisonbeginn auf dem Wochenmarkt 15 Euro und mehr kosten kann, verschlägt ihnen allerdings die Sprache – und erst recht, dass griechischer Spargel zu Saisonbeginn für bis zu 21 Euro je Kilo angeboten wird. Daher ist weißer Spargel auf griechischen Wochenmärkten nur äußerst selten zu finden.

griechischer weisser Spargel mit Preis
Ein echtes „Schnäppchen“ zur Vorsaison: Griechischer weißer Spargel.

Dabei ist der griechische grüne Spargel mit einem Kilopreis von etwa 2,50 Euro viel günstiger – und außerdem gesünder. Dem Bundeszentrum für Ernährung (BZfE) zufolge deckt grüner Spargel rund 80 Prozent des Tagesbedarfs an Vitamin C und E ab, wobei er mehr Vitamin C und auch Folsäuregehalt hat als weißer Spargel. Eigentlich genau das richtige für die gesundheitsbewussten Deutschen. Doch die griechischen Spargelbauer setzen trotzdem auf die weiße Variante. «Wir haben beim Export von grünem Spargel schon mehrere Anläufe gemacht», sagt Maragkosis. «Aber es hat sich nie gelohnt.»

Finanz- und Wirtschaftskrise sind offensichtlich abgesagt, über Flüchtlinge redet keiner mehr – dann machen wir uns halt ne Spargelkrise!

Radio Kreta – Deutsch-griechische Beziehungen auch in der Küche!

Auch interessant: außer, dass er lecker ist, hat Spargel auch noch Heilfunktionen.