Spitze des Eisberges – Griechenland ist nicht die letzte Katastrophe

INTERVIEW | REGINA BRUCKNER, 17. Jänner 2012 10:46

Die Griechen streiken und streiken und denken laut Gewerkschafter Sotiris Kontogiannis keineswegs daran, damit aufzuhören.

Die Griechen stehen vor der Pleite, wieder einmal. Sehr viel besser wäre es gewesen, die Griechen hätten schon vor zwei Jahren den Bankrott erklärt, findet Gewerkschafter und Ökonom Sotiris Kontogiannis im derStandard.at-Interview. Warum die Griechen nicht aufhören zu streiken, wie seiner Ansicht nach die Chancen auf weitere Milliardenhilfen stehen und warum die Armen lieber als die Reichen der Eurozone den Rücken kehren würden.

derStandard.at: Ministerpräsident Lucas Papademos hat zu Jahresbeginn noch einmal eindringlich vor einer „unkontrollierbaren Staatspleite“ gewarnt und die Gewerkschaften zu mehr Sparanstrengungen aufgefordert. Wäre eine Staatspleite oder ein Euro-Austritt besser gewesen?

Sotiris Kontogiannis: Es wäre besser gewesen, wenn Griechenland schon vor zwei Jahren die Staatspleite erklärt hätte und aus der Eurozone ausgetreten wäre. Schon damals haben Ökonomen gemeint, die Schuldenlast abzutragen wäre unmöglich und ungerecht für das griechische Volk. Die Mehrheit der Menschen hat vom Weiterwursteln nicht profitiert.

derStandard.at: Vor zwei Jahren herrschte allerdings die überwiegende Meinung, dass Griechenland aus dem Sumpf kommen könnte.

Kontogiannis: Man hatte zu dieser Zeit die Gefahr für die Wirtschaft in der Europäischen Union im Auge. Deswegen hat die Union die Pleite bis jetzt verhindert. Die Banken sind die, die am meisten von den Schulden profitiert haben, überall auf der Welt.

derStandard.at: Gerade eben laufen wieder Verhandlungen mit den Geldgebern und Griechenland zittert wieder einmal um Milliardenhilfen. Wird das Geld genehmigt werden?

Kontogiannis: Man hat versucht Griechenland zu retten, damit die Krise nicht nach Italien überschwappt. Das ist trotzdem passiert. Jetzt soll Griechenland 89 Milliarden Euro bekommen, eine riesige Summe. Ob die Geldgeber Griechenland das Geld geben, ist noch offen. Ich glaube, das hängt sehr, sehr wenig von Griechenland ab. Ich schätze die Wahrscheinlichkeit 50:50 ein.

derStandard.at: Aber zum Sparen gibt es so oder so keine Alternativen oder?

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