Wie kommt eine Politikerfamilie an 550 Millionen Euro?

Griechenland: Der Papandreou-Clan

Von Mario Fleischmann

Wie kommt eine Politikerfamilie an 550 Millionen Euro?
Im Jahr 2010 hatte die damalige Finanzministerin Frankreichs, Christine Lagarde, ihrem griechischen Kollegen Giorgos Papakonstantinou eine Liste mit den Namen von etwa 2.000 griechischen Steuerhinterziehern und Kapitalflüchtigen übergeben. Die damalige griechische Regierung unter Giorgos Papandreou ging den Hinweisen aber nicht nach, die CD verschwand spurlos. Da liegt die Vermutung nahe, dass Mitglieder der politischen Klasse Griechenlands selbst auf der Liste aufgeführt waren. Vor einigen Wochen zauberte der heutige sozialistische Parteichef Evangelos Venizelos eine „Privatkopie“ der Steuer-CD hervor.

Margaret Papandreou, die 89-jährige Mutter des damaligen Ministerpräsidenten Giorgos Papandreou wird nun mit dieser Liste in Verbindung gebracht. Sie soll unter dem Decknamen »Maria Pandeli« 550 Milliarden Euro auf einem Schweizer Bankkonto gebunkert haben. Das haben führende Beamte der griechischen Steuerfahndung ihrem Chef Stelios Stasinopoulos anvertraut.

Direkt beweisbar sind die Vorwürfe zwar noch nicht, aber durchaus plausibel. Die Familie Papandreou gehört seit Jahrzehnten zu den wohlhabendsten und einflussreichsten Clans Griechenlands. Das Land wurde in den letzten 40 Jahren von einem ausschließlich rot-schwarzen Zweiparteiensystem regiert, an deren Spitze zwei Familiendynastien stehen. Die rote Familie Papandreou und die schwarze Familie Karamanlis. Dieser Parteiadel stellte fast ununterbrochen die Regierungschefs. In Griechenland ist eine Karriere seitdem nur möglich, wenn man die richtigen Kontakte hat oder genügend Bestechungsgeld aufbringt. Nach einer Studie der Organisation Transparency International aus dem Jahr 2010 entfallen auch heute noch jährlich 1.355 Euro Bestechungsgeld auf jeden Griechen.

Das System Griechenland
Laut dem Volkswirt und Autor Petros Markaris hat die Rechte in Griechenland über 40 Jahre lang ununterbrochen regiert – entweder als Diktatur, Militärjunta, konstitutionelle Monarchie oder als demokratische Mitte-rechts-Regierung (1974 bis 1981). Ein jeder lebte mit dem Traum, nach dem Studium eine Stelle beim Staat zu bekommen. Sogar als Gärtner oder Putzfrau beim Apparat eingestellt zu werden wäre ein Privileg gewesen. Jedes Parteimitglied, jeder Leiter einer Behörde und die gesamte Regierung durften ihre Günstlinge unbegrenzt und unkontrolliert im Apparat unterbringen. So sei in Griechenland ein System entstanden, in dem die Günstlinge der Rechten Privilegien hatten, während die restliche Bevölkerung als Bürger zweiter Klasse lebte.

Dann kam 1981 die sozialdemokratische Wende. Andreas Papandreou, Gründer der sozialistischen Bewegung Pasok, wurde Ministerpräsident. Er verpackte das System der Rechten in ein sozialistisches Vokabular. Statt den korrupten Staat zu zerschlagen, übernahm die Pasok massenhaft die Stellen im Staatsapparat. Die Rechten hätten schließlich jahrelang profitiert – nun sei man selbst an der Reihe. Andreas Papandreou wurde 1989 von einem Sondergericht wegen Amtsmissbrauchs, passiver Bestechung und Veruntreuung staatlicher Gelder angeklagt. Hintergrund war ein Skandal um den Bankier Georgios Koskotas, der ihm vorwarf, Geld in Höhe von 230 Millionen Euro aus der Bank von Kreta gestohlen zu haben. Kurz darauf wurde die Bank mit Staatshilfe vor dem Bankrott gerettet. Mangels Beweisen folgte der Freispruch.

Seit 40 Jahren geht es hin und her – Papandreous in rot, Karamanlis in schwarz, Papandreous, Karamanlis… Beide Familien haben ein Interesse daran, den Status quo zu halten, sich also nicht gänzlich in die Quere zu kommen. Griechenland ist fast schon ein Musterbeispiel für das, was „Demokratie“ heutzutage ist. Die politische Debatte läuft in einem vorgegebenen Rahmen zwischen angeblich „links“ und „rechts“ ab. Das dient lediglich dazu, die Menschen im Glauben zu lassen, dass sie eine echte Wahl hätten. In Wirklichkeit entsteht immer eine Günstlingswirtschaft, in welcher der Staat und ihm nahestehende Unternehmen, Organisationen und Menschen auf Kosten der übrigen Bevölkerung leben. Schuld an Missständen hat immer der andere. Das Etikett und die Rhetorik ändern sich ab und zu, sonst bleibt alles gleich. Wegen der anhaltenden Krise ist die alte Dynastie der Papandreous allmählich bedroht. Würde es da tatsächlich verwundern, wenn das Geld außer Landes geschafft wird?

Quelle: Eigentümlich frei
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Zum Tag der deutschen Einheit 2010 wurde Papandreou mit dem Quadriga-Preis für seine „Kraft der Wahrhaftigkeit“ geehrt. Die Laudatio hielt Josef Ackermann.

In anderen Artikeln ist von 550 Millionen Dollar die Rede. Nur ein kleines Detail. Spielt bei diesen Summen wohl schon keine Rolle mehr.

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