Zwischen Hamburg und Haiti – 30 Jahre „Traumschiff“ im ZDF

Das „Traumschiff“ schippert schon seit 30 Jahren durch das ZDF. Prominente Gäste sind Tradition in der Dampfer-Sendung.

Das ZDF-„Traumschiff“ feiert just am Sonntag nach dieser europäischen Schicksalswoche seinen 30. Geburtstag, und die Jubiläumsreise – von New York nach Salvador de Bahia – zeigt das Erfolgsgeheimnis: das Umschiffen aller Krisenherde. Vom Mittelmeer hat man sich wohlweislich immer schon ferngehalten.

Schließlich will man vor Nordafrika nicht plötzlich von Cruise-Missiles gekreuzt oder in Piräus von wütenden Hafenarbeitern okkupiert werden. Hektische Kurswechsel unternimmt die Politik ja schon genug. Da lässt man sich lieber in die Karibik oder in die Südsee treiben, um dort Konflikte zu bearbeiten, die sich mit Bordmitteln lösen lassen: Rettungsringe statt -schirme.

Krisenfeste Institution

So wurde das „Traumschiff“ mit Zuschauerzahlen zwischen sieben und zehn Millionen zu einer repräsentativen Großerzählung der Deutschen, einer der letzten krisenfesten Institutionen der Fernsehnation. Die „MS Deutschland“ schafft sich nicht ab.

Ihre Hauptfiguren sind in 30 Jahren, also ziemlich genau seit Beginn der Kohl-Ära, zu Archetypen des kollektiven Unbewussten geworden, nach denen wir auch das politische Personal sortieren. Allein die Sehnsucht nach einem weisen Kapitän Paulsen erklärt den Wirbel um den Hanse-Heros Helmut Schmidt.

Die andauernde Beliebtheit Angela Merkels folgt dem Bedürfnis nach einem unerschütterlichen Mädchen für alles wie Chefstewardess Beatrice. Und dass Sascha Hehn 1991 ausstieg, hinterließ in der Regierungsmannschaft der „MS Deutschland“ eine gewaltige Lücke, die noch in den überzogenen Heilserwartungen an Guttenberg nachklang.

Angemessen, dass zum 30. die wichtigsten deutschen Intellektuellen an Bord sind: Harald Schmidt als Kreuzfahrtdirektor Schifferle (!) und Hape Kerkeling als Meeresbiologe mit einer Schildkröte als blindem Passagier im Gepäck. Dass er ausgerechnet Kohl heißt, ist vielleicht ein Tick zuviel an Symbolfracht. Doch wir, die wir nicht wissen, wohin die Reise Europas geht, heuern immer wieder gerne an auf dem alten Wohlstandspott.

Quelle und mehr über das Traumschiff: Welt Online