Die griechische Karwoche heißt in Griechenland „Die große Woche“ – I Megali Evdomada (Η μεγάλη εβδομάδα). Sie beginnt mit dem „Großen Montag“ – I Megali Deftera (Η Μεγάλη Δευτέρα) und endet am „Großen Samstag“ – To Megalo Savvato (Το Μεγάλο Σάββατο) um Mitternacht mit der Feier Christi´ Auferstehung. Den krönenden Abschluss der entbehrungsreichen Fastenzeit und der wirklich traurigen „Megali Evdomada“ bildet natürlich der Ostersonntag – I Kyriaki tou Pascha (H Κυριακή Του Πάσχα).
Aber nun erst mal der Reihe nach:
Die „Große Woche“ beginnt also mit besagtem Montag. Und ab diesem erfolgt jeden Abend ein Gottesdienst, an dem sich zahlreiche Christen in die Kirche begeben und die vom Popen rezitierten Psalmen über das Leben Christi aufmerksam verfolgen.
Am Großen Dienstag – I megali Triti (Η Μεγάλη τρίτη) trägt der Pfarrer das Stück „Τropário tis Kassianís“ (Τροπάριο της Κασσιανής) vor. Dieses handelt von einer hübschen Frau, die sich verliebt, gleichzeitig ihren Körper an Männer verkauft und schließlich zur Nonne wird, ihr künftiges Leben ausschließlich im Kloster verbringt und sich Gott widmet, um sich von ihren Sünden zu befreien.
Am nächsten Tag – dem „Großen Mittwoch“ (Η Μεγάλη τετάρτη) bekommen die Christen nach dem Gottesdienst ein Stück Watte, das sie in Öl eintauchen und anschließend damit ihre Stirn bekreuzigen, damit ihnen ihre Sünden vergeben werden und sie nach ihrer Beichte bereit sind am Morgen des Großen Donnerstag (I Μegali Pempti – Η Μεγάλη Πέμπτη) den Segen des Pfarrers zu bekommen.
Jetzt wird´s ernst! Der „Endspurt“ zum Ostersonntag.
Der Gründonnerstag – besagter „Megali Pempti“ – ist einer der bedeutendsten Tage der griechischen Osterwoche, da an diesem Tag in der Messe die zwölf Evangelien, die die Leiden Christi beschreiben, vorgelesen werden. Nach dem sechsten Evangelium gehen alle Lichter der Kirche aus und die Gläubigen verfolgen mit angezündeten Kerzen und meist glasigen Augen die Nachstellung der Kreuzigung Jesus´. Dabei singen sie die altgriechische Psalme „Símeron kremáte epi ksílou“ („Σήμερον κρεμάται επί Ξύλου“ – Heute wird er an das Holz gehängt). In diesem Augenblick hört man auch das Hämmern der Nägel, mit denen Jesus an Händen und Füßen an das Kreuz genagelt wurde.
Es ist ein sehr emotionaler Moment und die meisten Gläubigen fragen sich mit Tränen in den Augen, warum sich Jesus für die Menschheit opfern und soviel erleiden musste. Im Anschluss darauf wird das Kreuz mit dem Leichnam von Jesus Christus in die Mitte der Kirche gestellt und die Menschen legen Blumen und Kränze davor, um ihre Trauer über seinen Tod auszudrücken. Nach diesem Vorgehen werden die letzten sechs Evangelien vorgetragen und nach dem Gottesdienst übernachten sehr viele Christen dort, um vor der Beerdigung von Jesus noch die letzten Stunden mit ihm zu verbringen, um ihm ihre Liebe zu zeigen und ihm die letzte Ehre zu erweisen.
Junge Frauen und Männer schmücken die ganze Nacht mit zahlreichen, weißen und roten Blumen seinen hölzernen Sarg, worauf am Morgen des Karfreitag der Körper von Jesus Christus darauf gelegt wird. Im Griechischen nennt sich das Epitáfios – die Grabinschrift (gr: Επιτάφιος). Es handelt sich dabei um ein goldbesticktes Tuch, das den Leichnam von Jesus mit der Heiligen Mutter Maria und den Engeln darstellt.
Am Karfreitag – dem „Megali Paraskeví“ (Η Μεγάλη Παρασκευή) – dem wohl traurigsten Tag des ganzen Jahres für alle orthodoxen Christen – erfolgt das Abnehmen Jesus´ Körper vom Kreuz (gr. Apokathílosi -Αποκαθήλωση, oft übersetzt mit Pietà…) durch den Pfarrer.
Hierbei wird Jesus´ Körper auf einem Stück Holz abgebildet und symbolisch dargestellt. Danach wird der Leichnam in ein weißes Laken gehüllt und hinter dem Heiligen Tisch – I Agía Trápeza (Η Αγία Τράπεζα) platziert. Im selben Moment wird der Epitáfios, also das goldbestickte Tuch mit dem Leichnam von Jesus auf den hölzernen Sarg gelegt und viele Frauen laufen mehrmals um den Sarg herum, streuen Blütenblätter auf ihn und besprühen ihn mit Myrrhe. Am Abend des Karfreitag trägt der Pfarrer mit seinem Gefolge während des Gottesdienstes den blumenbeschmückten Sarg aus der Kirche und läuft mit ihm und den Gläubigen einmal um die Kirche.
Dieser Vorgang symbolisiert die Anzahl der Tage bis zur Auferstehung von Jesus Christus. Nach dieser Prozesion (Periforá -Περιφορά ) heben vier Männer den Epitáfio vor dem Eingang der Kirche hoch und die Christen laufen unter ihm durch und nehmen sich einige Blumen mit, die für das Gute und die Gesundheit stehen. Außerdem erhalten sie durch das symbolische Verbeugen vor dem Herren den Heiligen Segen.
Am Großen Samstag – To Μegalo Savvato (Το Μεγάλο Σάββατο) gehen die meisten Christen frühmorgens noch einmal zur Kirche und nehmen das Brot (symbolisiert den Körper Jesus´) und den Wein (symbolisiert das Blut Jesus´) zu sich, damit sie gesegnet sind und wünschen sich gegenseitig eine Gute Auferstehung – Kalí Anástasi (Καλή ανάσταση). Am Samstagabend versammeln sich alle Menschen zum finalen Male in der Kirche, feierlich gekleidet und bewehrt mit der traditionell geschmückten Kerze – der „Lampa“ (η λάμπα) in der Hand und warten auf den großen Moment.
Während der ganzen Zeremonie singt der Pfarrer verschiedene Psalmen, die vom Gesang des Volkes begleitet werden. Sobald der altgriechische Vers „Défte lávete fós“ („Kommt und nehmt Licht“) ertönt, wird das Heilige Licht vom Pfarrer an jeden Gläubigen weitergegeben bis alle Kerzen brennen. Um Mitternacht erklingt dann endlich der Psalm, der die Auferstehung Jesus Christi ankündigt:
„Christós anésti ek nekrón
thanáto thánaton patísas
kai tis en tis mnímasi
zoín charisámenos“
„Christus ist auferstanden von den Toten,
mit Seinem Tod hat Er den Tod besiegt,
und denen, die in den Gräbern waren,
das Leben geschenkt.“
Während der Pfarrer und die Menschenmenge diesen Psalm drei Mal zusammen singen, läuten gleichzeitig die Glocken, Feuerwerke erhellen den Himmel, hier auf Kreta wird auch gerne mal mit Pistolen oder Maschinengewehren in die Luft geschossen, die Kerzen brennen, alle umarmen und küssen sich. Man beglückwünscht sich, in dem man sich gegenseitig die Worte „Christós Anésti!“ -Χριστός Ανέστη (Jesus ist auferstanden) und als Antwort „Alithós Anésti!“ – Αληθώς ανέστη!(Er ist wahrhaftig auferstanden) zuruft.
Schließlich wünscht man sich gegenseitig noch lautstark „Chrónia pollá!“ (Χρόνια πολλά!), was wörtlich übersetzt „der Jahre viele!“ heisst – man wünscht sich gegenseitig ein gutes und langes Leben.
Nach den Glückwünschen gehen die meisten nach Hause, um das erste Fleischgericht nach einer langen Fastenzeit endlich genießen zu können. Die traditionelle Ostersuppe „Magirítsa“ (Η Μαγειρίτσα), besteht aus Innereien vom Lamm, aus Leber, Lunge, Gedärmen, Herz und verschiedenen, aromatischen Kräutern sowie einer Zitronensoße. Ach so, ja, und ein Lammauge schwimmt auch noch drin rum. Das soll demjenigen, den es vom Teller aus anguckt, für das nächste Jahr Glück bringen. Wenn er´s denn schluckt…. (urgs). Na, viel Glück dann auch!
Außerdem findet mit den am „Megali Pempti“ – dem Gründonnerstag – ausschließlich rot gefärbten Eiern das traditionelle „Eierpecken“ statt. Beim mitternächtlichen Essen und auch am ganzen Ostersonntag dürfen natürlich auch das traditionelle Osterbrot „Tsuréki“ (Τσουρέκι) und die Oster“kringel“ „Koulurákia“ (Κουλουράκια) nicht fehlen.
Radio Kreta wünscht eine schöne, besinnliche „Megali Evdomada“! Haltet durch – Ostern naht!!!
Quelle: Brauchwiki
Liebe Susanne, für die wahren orthodoxen Christen symbolisieren das Brot und der Wein nicht den Körper und das Blut Jesu, sondern SIND der Körper und das Blut Jesu, und das bezeugen sie, unter anderem, jedes Mal vor dem Abendmahl.
(ansonsten sehr gut und ausführlich erklärt das Osterfest der Griechen)
Lg
Ja, danke für die gute Erklärung! Frohe Ostern !!
Liebe Susanne, mit Deiner schoenen Erklärung der Karwoche hast Du viel Licht in diese , fuer uns doch etwas fremde aber sehr nahegehende othodoxe KarWoche gebracht. Wir haben selbst letztes Jahr den Samstagabend Gottesdienst in einer kleinen Kapelle miterleben dürfen. Sehr beeindruckend. Ein bleibendes Erlebnis.
Frohe ostern Euch
Roald