Herbst bzw. beginnender Winter auf Kreta – und auf geht´s in die Oliven, denn die sind jetzt erntereif. Naja, nicht alle, aber die Olivenerntesaison erstreckt sich je nach Anbaugebiet und Qualitätsbewusstsein gerne mal von Ende September bis in den Mai hinein.
Die Art der Ernte der Oliven und insbesondere der Erntezeitpunkt beeinflussen maßgeblich die spätere Qualität des Olivenöls sowie dessen Geschmack und sind daher extrem wichtige Faktoren bei der Produktion eines erstklassigen Olivenöls der Kategorie „Extra Vergine“.
Ein solches Olivenöl kann nicht wirklich günstig sein, denn ca. 75% und der Kosten, die bei der Herstellung anfallen, entstehen durch Personal- und Materialkosten bei der Ernte. Denn auch heute noch ist hierbei massiv manueller Aufwand im Spiel, auch wenn sich die maschinelle oder semi-maschinelle Erne inzwischen weitgehend durchgesetzt hat.
Wir stellen Euch gerne die verschiedenen Erntemethoden vor:
- OLIVENERNTE PER HAND
Bei dieser Methode werden die Oliven im wahrsten Sinne des Wortes per Hand vom Baum gepflückt bzw. von den Zweigen der Olivenbäume gestreift und in einer Art „Umhängetasche“ gesammelt. Teilweise kommen hierbei kleinere Hilfsmittel wie z.B. kleine Rechen zum Einsatz. Dies ist sicherlich die schonendste Methode für Baum und Oliven, da beide hierbei keine Verletzungen erleiden, wird aber aus Kostengründen meist nur von Qualitätsproduzenten oder für Tafeloliven angewendet.
- ERNTE DER OLIVEN MIT PNEUMATISCHEN KÄMMEN ODER „VIBROLI“
In den letzten Jahren kommen v.a. bei Qualitätsproduzenten zunehmend mechanische Geräte wie z.B. pneumatische Kämme oder „Vibroli“ (eine Art Stange mit sich bewegenden etwa 20 Zentimeter langen Stäbchen) zum Einsatz welche die Ernte von Hand unterstützen und die weder den Olivenbaum noch die Oliven schädigen. Diese Methoden sind sehr hilfreich und beschleunigen den Ernteprozess – gehen aber natürlich auch auf die Knochen.
- OLIVENERNTE MIT RÜTTELMASCHINEN
Seit einigen Jahren kommen bei der Ernte der Oliven auch sog. „Rüttelmaschinen“ zum Einsatz, welche an Traktoren montiert werden. Die Oliven werden bei dieser Erntemethode durch das Rütteln des Olivenbaums mit einem Rüttler, der den Stamm des Baumes mit einer Zange greift, vom Baum „gerüttelt“ und in darunter gespannten Netzen oder Planen aufgefangen. Nachteil dieser Erntemethode liegt v.a. darin, dass sie nur im flachem Gelände eingesetzt werden kann und im steilen Gelände nicht anwendbar ist. Zudem lassen sich einige Olivensorten durch diese Erntemethode nicht vom Baum lösen. Vorteil dieser Methode ist, dass die Oliven gesund bleiben und nicht beschädigt werden.
- „ERNTE“ VOM BODEN
Die am wenigsten geeignete Methode, hochwertiges Olivenöl zu gewinnen ist, die Oliven solange am Baum hängen zu lassen, bis diese überreif auf die am Boden aufgespannten Netze fallen, von wo sie dann aufgelesen werden. Die überreifen Oliven haben dabei schon längst den idealen Erntezeitpunkt überschritten. Werden Oliven zunächst vom Baum geschüttelt, um dann einige Zeit später aufgelesen zu werden, fangen diese relativ schnell an, am Boden zu faulen oder Stoffe aufzunehmen, die den Geschmack negativ beeinflussen. Studien zeigen dass schon eine Vermischung von nur 5% vom Boden aufgelesener Oliven mit frischen Oliven vom Baum die Qualität eines Öls so stark beeinträchtigt, dass oftmals die Güteklasse „Nativ Extra“ nicht mehr erreicht werden kann.
- OLIVENERNTE DURCH „HERABSCHLAGEN“
Eine traditionelle Art der Ernte ist das Herabschlagen der Oliven mit langen Bambusstangen und Stöcken aus Zypressenholz. Diese Art Oliven zu ernten ist jedoch nur dann möglich, wenn die Oliven schon sehr reif sind und daher leicht herabfallen. Die heruntergeschlagenen Früchte werden in einer Art Sieb von Zweigen und Ästen getrennt, in Säcke oder Kisten gefüllt und zur nächsten Olivenpresse gebracht. Besonders der Olivenbaum, aber auch die Oliven können bei dieser Methode verletzt werden, was die Qualität des Olivenöls negativ beeinflussen kann. Da diese Methode manuell ausgeführt wird, ist der Ernteertrag pro Person relativ gering. Zudem ist sie relativ mühsam und mit großer körperlicher Anstrengung verbunden.
Wichtig ist natürlich auch der Zeitpunkt der Olivenernte
Da der Reifegrad der Oliven maßgeblich den Geschmack und die Intensität, aber auch die Menge des Ertrags beeinflusst, ist der Zeitpunkt der Ernte einer der wichtigsten Faktoren bei der Produktion eines hochwertigen Olivenöls. Olivenöl schmeckt um so intensiver und schärfer je früher – also grüner – die Oliven geerntet werden. Auch der Gehalt an wertvollen, gesundheitsförderlichen Stoffen ist bei diesen Olivenölen tendenziell höher. Je später – also je schwärzer – die Oliven geerntet werden, desto milder wird das gewonnene Olivenöl. Um den idealen Zeitpunkt zu bestimmen, bedienen sich einige Qualitätsproduzenten auch chemischer Analysen welche Aufschluss über den Zuckergehalt in den Oliven sowie die enzymatische Aktivität geben, welche möglichst gering sein sollte. Auch die Menge bzw. der Ertrag von später geernteten Oliven ist in der Regel höher, da diese dann einen höheren Ölgehalt aufweisen. Der Gehalt an wertvollen Inhaltsstoffen – wie z.B. Antioxidantien – ist hier dann jedoch relativ gering.
Ebenso wichtig ist auch der Reifegrad der Oliven zum Erntezeitpunkt
Der Reifegrad der Oliven hängt dabei von der Sorte, den Temperaturen, den Sonnenstunden und der Bewässerung ab. Man unterscheidet zwischen drei Reifestadien der Oliven:
1.) Grün (unreif): Grüne Oliven sind noch unreif. Aus grünen Früchten Olivenöl zu extrahieren erfordert mehr Aufwand und bedeutet einen geringeren Ertrag. Das macht ein „grünes“ Öl auch automatisch teurer. Aus grünen Oliven gewonnenes Olivenöl schmeckt auch „grün“, d.h. eher bitter (eines der drei positiven Merkmale eines Öls) und nach Gras mit unreifen Fruchtnoten, die eine spezielle Frische ergeben. Diese Öle enthalten einen hohen Anteil an Polyphenolen (antioxidative Bestandteile), die den bitteren Geschmack ausmachen und eine sehr lange Haltbarkeit des Olivenöls garantieren, da sie als natürliche Konservierungsstoffe funktionieren. Auch der Chlorophyll-Gehalt ist bei grünen Früchten höher, so dass die Öle eine stärker ausgeprägte grüne Farbe haben.
2.) Reifebeginn: Beim Beginn der Reifephase färben sich Oliven erst gelb-grün, dann rötlich-violett und die Früchte werden weicher. Die Oliven haben dann noch immer einen hohen Polyphenol-Gehalt, entwickeln aber langsam etwas reifere Geschmacksnoten neben der Bitterkeit, sowie eine gewisse Schärfe (ebenfalls eines der drei positiven Merkmale). Der Ertrag von Olivenöl aus diesen Früchten ist sehr viel höher und die Verarbeitung einfacher.
3.) Schwarz (reif): Reife Oliven nehmen eine schwarze Farbe an, der Polyphenol-Gehalt ist deutlich geringer als bei unreifen Früchten. Öle aus schwarzen Oliven sind nur wenig bitter und scharf mit eher süßlichen Noten. Die Öle haben eine eher goldene Farbe (abhängig von der Olivensorte) und eine sehr viel geringere Haltbarkeit.
Aber egal welchen Reifegrad die Oliven haben – idealerweise werden sie noch am gleichen Tag zur Ölmühle transportiert und dort am spätestens am nächsten Tag weiterverarbeitet. Wenn die Oliven zwischen der Ernte und dem Pressvorgang zu lange liegen, passiert das Gleiche wie beim Obst in der Küche. Druckstellen werden braun und in der Olive beginnen langsam Gährungsprozesse zu arbeiten. Das frische, knackige Aroma geht dann schnell verloren und die Qualität des Olivenöls nimmt dadurch ab.
Je nach Sorte benötigt man für einen Liter Olivenöl etwa fünf bis zehn Kilogramm Oliven. Ein großer ausgewachsener Olivenbaum kann leicht bis zu 180 kg Oliven tragen. Im Durchschnitt werden von einem Olivenbaum 50-70 kg Oliven geerntet, das heißt ein einziger Baum produziert pro Jahr etwa fünf bis zehn Liter Öl.
Also: 1 Baum –> 50-70 kg Oliven –> 5-10 Liter Öl
Und nicht wundern, wenn der Liter Olivenöl kein kg wiegt: Olivenöl hat eine Dichte von etwa 0,91 g/cm3 bei Normalbedingungen (Temperatur 20 °C, Druck 1013 mbar). Ein Liter Olivenöl wiegt somit ca. 910 Gramm, ist aber nach wie vor ein Liter!
Radio Kreta – immer interessante Informationen!
Quellen: Olivenoel-Infos und oelea.de, sehr interessante Seiten.
Mehr über Olivensorten: Was sind eigentlich Tsounaten?
Moin, ich weiß nicht wie dieses Jahr die Olivenernte in Paleochóra ausgefallen ist? Ein paar Kilometer weiter südlich in Plakias und Umgebung ist die Olivenernte mehr oder weniger ausgefallen. Ein Olivenbauer hatte letztes Jahr 3000 Liter geerntet, dieses Jahr 90 Liter. Er meinte zu mir megáli katastrofí/große Katastrophe. Auf Kreta ist die gesamte Ernte diesen Winter 70% weniger.
Vor zwei Jahrzehnten noch galt die Regel: Wer die »kretische Diät« einhält, lebt lange. Die Nahrung der armen Menschen im Süden Europas hatte vor allem drei Komponenten: reichlich Gemüse aus dem – ungewässerten Garten, im Winter und Frühling Wildkräuter aus den – nicht von chemischer Behandlung verdorbenen – Weiden, Weingärten und Olivenhainen. Und natürlich Olivenöl, seinerzeit meist einzige Fettzufuhr für die hageren Landmenschen und ihre spindeldürren Kinder.
Geblieben ist das Olivenöl. So braucht es unter den silbrig glänzenden Blättern immer noch Hände, Durchhaltevermögen und Körperkraft.
Mit dem finanziellen Ertrag der harten Arbeit war es in der Regel nicht weit her. Bis ins vergangene Jahr hinein zahlten staatlich kontrollierte Kooperativen und private Großhändler den Bauern und Pächtern 2,50 bis 3,50 Euro pro Liter. Ein karger Lohn für einen maximal drei Monate dauernden Einsatz, der die kleinen Produzenten gerade so überleben ließ.
2023 hat sich die Lage völlig geändert. Wohl für die folgenden Jahre, wenn Klimaforscher Recht behalten sollten und Missernten sich häufen. Die erste liegt hinter den Olivenbauern rund um das Mittelmeer. Die Situationen ähnelten sich in den Anbaugebieten Spaniens, Italiens, Algeriens und Griechenlands: windige, viel zu trockene Frühjahrsmonate, ein extrem heißer Sommer und eine zu warme und trockene Herbstzeit – den rund um das Mittelmeer angesiedelten Olivenbauern blieb in diesem Jahr wenig erspart. Bedingungen, die die massenhafte Verbreitung von Viruskrankheiten und einen bisweilen explosionsartigen Wuchs von Insektenpopulationen provozierten. Krankheiten, die nicht nur die Früchte, sondern die Bäume vernichteten. Insekten, die mit ihrem Fraß vor allem die Qualität des gepressten Öls verdarben.
Die enorme Verknappung des im Mittelmeerraum produzierten Öls ließ Preise und Profit nach oben schnellen, allerdings vor allem für die Vermarkter, Großhändler und internationalen Nahrungsmittelketten. Bauern in der kretischen Landschaft Apokoronas – einem Zentrum des griechischen Olivenanbaus – erhalten in diesen Tagen zwischen sechs und acht Euro pro Kilo (in Griechenland wird Olivenöl in Kilo gemessen und verkauft) guten Olivenöls. Bei einem gegenüber den Vorjahren nahezu halbierten Ertrag bedeutet das keine Verbesserung des Lebensunterhalts oder gar ein Ende der Armut. Den Gewinn schluckt der Endverkauf: Dort wird gutes Öl in diesen Tagen zu Preisen von 25 bis 35 Euro pro Liter angeboten. Katastrophal auch für die Verbraucher:
Weil griechische Familien die Luxuspreise für das Öl nicht bezahlen konnten, musste die Regierung den Preis nach unten subventionieren.
Ein Olivenbauer aus Plakias, meinte zu mir, 2024 wird es zu einer Knappheit von Olivenöl auf Kreta kommen.
Kaló Chimóna (Καλό χειμώνα) – einen guten Winter, kv
Moin und Kalimera Susanne, sehr interessanter Artikel. Den ausführlichen und informativen Artikel „Was Sie über gutes Olivenöl wissen sollten“ kann ich sehr empfehlen: https://www.artefakt-austria.eu/blog/was-sie-ueber-gutes-olivenoel-wissen-sollten/
Wer noch tiefer in das Thema Olivenöl eintauchen möchte, kann ich das Buch von Tom Mueller, Extra Vergine: Die erhabene und skandalöse Welt des Olivenöls empfehlen. Ist leider mit 25€ nicht ganz billig.
Ta Leme, kv