Und wieder was dazu gelernt. Und zwar mal wieder was über Kräuter. Über kretische Kräuter natürlich. Über kretische Wildkräuter sogar. Heute aber über ein ganz besonderes kretisches Wikdkraut, das allerdings auch in anderen Regionen Griechenlands und der Region wächst, also nicht „endemisch“ ist.
Das ist aber egal, denn das Besondere an besagtem Kraut ist, dass es in Böden mit sehr hohem Salzgehalt gedeiht. Dazu hat es Verteidigungs- und Anpassungssysteme entwickelt, um in den harten Ökosystemen zu überleben, in denen es wächst und gedeiht.
Es geht um „Kritamo“ (Κρίταμο), auch „Krithmon“ (Κριθμόν) genannt – auf lateinisch „Crithmum Maritimum“. „Aha!“ – wird sich der geneigte Leser nun denken, aber wir tragen natürlich mal wieder gerne zur ausführlichen Aufklärung bei.
Woher der Name?
Der Name stammt von dem altgriechischen Wort für Gerste „krithmon“ (Κριθμόν), weil die Samen von beiden Pflanzen sich sehr ähneln. Dieses Kraut gedeiht an felsigen oder sandigen Stränden entlang der Küste und ist auch unter dem Namen „Meeresfenchel“ bekannt. Man findet es in Mittelmeerländern wie Griechenland und an den westlichen Küsten Europas (z.B. Kanarische Inseln) sowie an den südlichen und westlichen Küsten von Großbritannien und Irland, Nordafrika und dem Schwarzen Meer.
A propos Großbritannien ein kleines Schmankerl anbei: der Kritamo fand bereits bei Shakespeare seine Bühne, und zwar in „König Lear“ (4. Akt, 4. Aufzug): „… auf halbem Weg, ein Bauer, der beim Kritamosammeln zusammenbrach. Schrecklicher Job!“
Das Kraut und seine Eigenschaften
Aber zurück zum Kraut an sich: seine Blätter sind blaugrün, glatt, länglich und fleischig. Es blüht im Sommer und bildet „Radianten“ von 8-36 Strahlen, aus denen gelblich-grüne Blüten hervorkommen. Der Keimling und seine Blätter verströmen beim Reiben einen angenehmen Geruch.
Kritamo gehört in die Kategorie der aromatischen Kräuter und essbaren Pflanzen. Die jungen Triebe und Blätter werden von April bis Juli geerntet und zur Haltbarmachung in Salzlake eingelegt. Dieses Verfahren wird bereits seit der Antike angewendet, scheint sich also bewährt zu haben…
Kritamo ist seit der Antike für seine heilenden Eigenschaften bekannt. Es wurde seit Hippokrates (4. Jahrhundert v. Chr.) als Diuretikum verwendet – er schwor auf die harntreibende und entgiftende Wirkung dieses Krauts. Und auch andere antike Koryphäen, wie z.B. Dioskourides, der Vater der Pharmakologie, und Plinius, der große Botaniker, empfahlen dieses Kraut mit großer Wertschätzung. Es gilt als entgiftendes Kraut und ist reich an Jod und Phytochemikalien, die die Leber, das Herz und die zelluläre DNA schützen. Darüberhinaus ist Kritamo auch noch reich an den Vitaminen A, C, B2, B15 und Vitamin D, sowie an Aminosäuren, Mineralstoffen wie Eisen, Calcium, Magnesium und Phosphor, Quarz, Zink, Mangan und enthält ätherische Öle.
Insbesondere pharmazeutisch wird dieses Wunderkraut als Diuretikum und antimikrobielles Mittel verwendet, das sich vorteilhaft auf eine Blutreinigung und für die Leber auswirkt. Besonders der Extrakt und das ätherische Öl von Kritamo werden in der Kosmetik verwendet, denn es hilft, den Heilungsmechanismus der Haut zu stimulieren, die Produktion von Keratin zu regulieren, fördert die Verbesserung des Teints und hat einen positiven Einfluss auf die Verzögerung der altersbedingten Verfärbung der Haut (Altersflecken). Kurzum: es ist ein ausgezeichnetes Anti-Aging-Kraut. Aus all diesen Gründen (regenerative Eigenschaften und antimikrobielle – immunologische Aktivität) wird der Meeresfenchel in Sonnencremes, Gesichtscremes, Seifen und Shampoos verwendet.
Die Frage aller Fragen: „Kann man das essen?“
Die Antwort: „Ja! Kann man!“ Kritamo wird in Salaten oft als Haupt- oder Grundzutat verwendet. Er wird auch gerne in Essig und Salzlake eingelegt und als (salzige) Beilage zu Meeresfrüchtesnacks verwendet. Und auch für die Triebe und Blüten gibt es eine kulinarische Verwendung: sie werden gebraten in Omeletts verwendet. Es gibt mittlerweile sogar eine kleine Industrie in Griechenland, die derzeit 20 Morgen Meeresfenchel kultiviert , der nach Europa exportiert wird (also in das „andere“ Europa außerhalb Griechenlands!).
Soviel nun erst mal zur Theorie.
Wir lassen uns nun demnächst von Wassilis überraschen, der uns für die nächsten Tage mal ein Schippchen Kritamo versprochen hat. Sollte dies in Form von Trieben und Blüten im Omelett geschehen, wird der Scheffredakteur berichten.
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Sind seit ein paar Tagen zurück. Ich habe das Kraut nicht probiert, weil wir nicht im Pelagos-Sea-Side waren. Vielleicht beim nächsten mal…
Am Strand hatten wir einen Griechen mit seiner englischen Freundin getroffen, die uns von Vlita/Wlita (geschmacklich ähnlich Spinat) erzählten – das muss ich auch mal probieren. Soll aber wohl nur von ca. April bis Juni auf Speisekarten stehen, da es ein wild wachsendes Kraut ist und ab Sommer vertrocknet.
Danke für die Tips an beide Vorschreiber/innen. Das Kraut klingt interessant.
Sind nächsten Monat wieder in Koutsounari. Meistens essen wir bei Manolis im Koyros, dazu geniessen wir vorzüglichen Raki 😀 Letztes Jahr hatten wir die Taverne Psaropoula ausprobiert, dieses Jahr werden wir mal Pelagos Sea Side ausprobieren. Schmeckt das Kraut auch nach Fenchel? Das würde meine Freundin dann wohl nicht essen wollen…
Meine Sammelstelle ist bei Mavros Kolymbos / Μαύρος Κολύμπος Ostkreta. Mir schmeckt es auch einfach pur und im Kühlschrank hält es sich lange frisch. Im Pelagos-Sea-Side am Strand von Koutsounari steht das Kraut auf der Speisekarte. Ich glaube bei einer Dakos-Variante.