Griechenland: Das Klientelsystem

Unter einem solchen System versteht man eine nichtblutmäßige Verwandtschaft zwischen einem Patron und seiner Klientel.

Von Michael Andreas Dirksen

Eine rituell hergestellte Verwandtschaft stellt die Klientel unter den Schutz ihrer Patrone und verpflichtet sie andererseits ihnen gegenüber zur Erbringung bestimmter Leistungen. Der griechische Freiheitskampf hatte zwar die Abschüttelung des türkischen Jochs zur Folge, aber im Lande gab es keine allgemein anerkannte Autorität, keine Beamtenschaft oder moderne Verwaltung. Nach der Revolution von 1821 behielt man die aus der osmanischen Zeit stammende Sozialstruktur im wesentlichen bei. Protektionismus und bürokratischer Zentralismus sind und waren ein permanentes Ärgernis für die Staatsbürger. Unkontrollierte Ämterpatronage mit allen negativen Konsequenzen hat sich bis auf den heutigen Tag in der griechischen Gesellschaft erhalten.

Nur wer es versteht, eine sich bietende Gelegenheit auszunutzen, gelangt zum Erfolg. Für die griechische Landbevölkerung sind alle Politiker korrupt, das heißt, sie denken nur an sich und ihre Belange. Man nennt sie deshalb abschätzig “Fagádes“, also Fresser. Hinter diesem Pauschalurteil steht die Abneigung gegen alles was man auf dem Lande “to Krátos“, also die Macht oder den Staat nennt. Persönlicher Kontakt ist entscheidend und zwar auf allen Ebenen: bei den Verwaltungsbehörden im Dorf, in der Kreishauptstadt, in der Bezirks und Provinzverwaltung und schließlich beim Abgeordneten oder Minister in Athen. Kaum jemand würde auf die Idee kommen, ein wichtiges Gesuch oder eine Beschwerde schriftlich abzufassen, um dann vergebens auf eine Antwort aus der Bürokratie zu warten. So gibt es unzählige Gelegenheiten als Patron tätig zu werden.

Patronats- und Klientelverhältnisse gibt es schon innerhalb der Familie. Eine besondere Funktion hat der Koubáros. Seine Aufgabe besteht darin für einen heiratswilligen jungen Mann eine passende Frau zu suchen, also Heiratsanbahnung zu betreiben. Bei der Heirat wechselt er in der Kirche die beiden Brautkränze und ist damit symbolisch an der Eheschließung beteiligt. Er gilt als bester Freund des Bräutigams und wird in vielen Fällen auch Taufpate des ersten Kindes.

4 Kommentare

  1. Moin, m Zusammenhang „Korruption in Griechenland“ muss man auch von den deutschen und schweizer Multinationalen Konzernen Hochtief, Rheinmetall, Deutsche Bahn, Siemens und Krauss-Maffei-Wegmann, Novartis……. reden.

    Deutschland wird angelastet, nicht nur maßgeblich zur Entstehung der Griechenland-Krise beigetragen, sondern auch Korruption nach Hellas exportiert zu haben.
    (Quelle: The Independent vom 20.2.2012)

    Der Fall des Schweizer Pharma-Riesen Novartis. Novartis ist wegen des Verdachts auf Schmiergeldzahlungen an zehn ehemalige Ministerpräsidenten und Minister der Parteien Nea Dimokraria und PASOK, die von dem Schweizer Pharmakonzern bestochen wurden. Ausgelöst wurde die Angelegenheit durch zwei Whisleblower.

    Die deutsche Hochtief ist derzeit der größte aktive Schuldner des Fiskus in Griechenland. „Der griechische Fiskus erhielt Recht in seinem Streit mit der deutschen Gesellschaft Hochtief, die 20 Jahre lang den internationalen Athener Flughafen „Eleftherios Venizelos“ bewirtschaftete und nun mit einem Urteil des Verwaltungs-Oberlandgerichts Athen aufgefordert ist, 600 Millionen Euro für Mehrwertsteuer zu entrichten, die sie nicht an die staatlichen Kassen abführte.“(Quelle: To Pontiki vom 29.9.2014 und Griechenland Blog vom 30.9.2014)

    Die Schmiergelder der Deutschen Bahn zur Erlangung öffentlicher Aufträge flossen über eine Offshore-Gesellschaft nach Griechenland.
    Wie der deutsche Journalist Klaus Ott erklärt, wurden die Schmiergelder der Deutschen Bahn an die „Zuständigen“ für die Erweiterung der Athener U-Bahn über Steuerparadiese gezahlt. Herr Ott unterschreibt die einschlägige Reportage in der Münchener Süddeutschen Zeitung und beruft sich auf Quellen der Staatsanwaltschaft Frankfurt. Die Zeitung spricht von einem Gesamtbetrag von 315.000 Euro, der von Deutschland mittels einer in einem Steuerparadies ansässigen Consulting-Gesellschaft an „Verantwortliche“ in Griechenland floss.
    Im Gespräch mit der Deutschen Welle erklärt Klaus Ott den Fluss der Gelder: „Laut der Staatsanwaltschaft Frankfurt wurden Gelder mithilfe einer Gesellschaft auf den Kanalinseln gezahlt, konkret handelt es sich um eine Consulting-Gesellschaft mit Sitz auf der Insel Jersey. Diese Gelder wurden also nach Griechenland geleitet und damit gewisse Personen bestochen, die für den Bau der U-Bahnstrecke von dem Flughafen zum Athener Zentrum, zum Hafen und nach Korinth zuständig waren.“
    (Quelle: Griechenland Blog vom 21.6.2103, Deutsche Mittelstands Nachrichten vom 18.6.2013 )

    Siemens, 2004 gab es weitere 100 Millionen Schmiergeld für die Digitalisierung der OTE. Bezüglich der U-Bahn sind ebenfalls Siemens und Ferrostaal verwickelt, wobei sich die Schmiergelder auf 50 Millionen Euro belaufen. 2007 findet der große Skandal mit den 4 deutschen U-Booten U-214 statt, die 5 Mrd. Euro (nebst 120 Mio. für Schmiergelder) kosteten und unbrauchbar sind, da sie nach links neigen!

    Rheinmetall, die Staatsanwaltschaft Bremen Anklage gegen fünf ehemalige Mitarbeiter der Rüstungsfirma Rheinmetall Defence Electronics erhoben. Den Angeklagten wird vorgeworfen, griechische Regierungsbeamte mit insgesamt 3,3 Millionen Euro bestochen zu haben, berichten das ARD-Magazin „Panorama“ und die „FAZ“. Die vier Deutschen und ein Grieche sollen zwischen 1998 und 2011 insgesamt 3,3 Millionen Euro an griechische Amtsträger bezahlt haben, um den Auftrag für ein Flugabwehrsystem zu bekommen. Dieser Auftrag hatte den Berichten zufolge ein Gesamtvolumen von 150 Millionen Euro.
    Ende 2014 hatte Rheinmetall im Zusammenhang mit den umstrittenen Griechenland-Geschäften ein von der Staatsanwaltschaft Bremen verhängtes Bußgeld von mehr als 37 Millionen Euro akzeptiert. Der Konzern hatte damals betont, damit ende das Unternehmensstrafverfahren gegen die Bremer Tochtergesellschaft Rheinmetall Defence Electronics: „Mit den 37 Millionen Euro ist für uns als Unternehmen die Sache erledigt.“
    (Quelle: Der Standard vom 23.2.2017)

    Krauss-Maffei Wegmann (KMW), gegen den Aufsichtsratsvorsitzenden des Rüstungskonzerns KMW ist Anklage erhoben worden. Nach Informationen von NDR, WDR und SZ soll Manfred Bode Steuern hinterzogen haben – unter Mithilfe von zwei Ex-Abgeordneten der SPD.
    Die Staatsanwaltschaft München hat mit Manfred Bode einen der mächtigsten Rüstungsindustriellen Deutschlands angeklagt. Sie beschuldigt nach Recherchen von NDR, WDR und „Süddeutscher Zeitung“ den 75-Jährigen, in Steuererklärungen des Panzer-Herstellers Krauss-Maffei Wegmann (KMW) Schmiergelder als steuermindernde Betriebsausgaben veranschlagt zu haben. Bodes Anwalt bestreitet die Anschuldigungen, die Steuerhinterziehungs-Vorwürfe seien „ohne tatsächliche Grundlage und deshalb unzutreffend“.
    Konkret geht es um den Verkauf von 24 Panzerhaubitzen an die griechische Regierung vor fast zwei Jahrzehnten. Kostenpunkt: umgerechnet 188 Millionen Euro. Im Zuge dieses Geschäfts soll KMW zwischen den Jahren 2000 und 2005 Honorare von mehr als fünf Millionen Euro an ein „Büro für Südeuropaberatung“ gezahlt haben – eine Firma, die 2006 wieder aufgelöst wurde und den ehemaligen SPD-Bundestagsabgeordneten Dagmar Luuk und Heinz-Alfred Steiner gehörte. Luuk war damals Griechenland-Expertin ihrer Partei, Steiner Rüstungsexperte. Die Anklageschrift wirft ihnen Beihilfe zur Steuerhinterziehung sowie Geldwäsche vor. Auch Luuk und Steiner weisen die Vorwürfe zurück.
    Für das Millionen-Honorar gebe es weder Verwendungszweck noch Gegenleistung, so die Staatsanwaltschaft. Ob von dem Geld allerdings griechische Amtsträger bestochen wurden, um den Waffendeal einzufädeln, ist weiterhin unklar. Doch selbst falls sich noch Belege fänden: Der Vorwurf der Bestechung wäre verjährt. Steuerhinterziehung allerdings nicht. (Quelle: Tagesschau vom 26.05.2014 und 21.02.2017)

    Weitere deutsche Schmiergelder, also importierte Korruption aus dem Land der äußerst strengen Herren Schäuble und Rösler und der Frau Merkel haben wir für das Eisenbahnmaterial der OSE, das Telekommunikationssystem „Hermes“ des griechischen Militärs (wieder Siemens), die Ausstattung in den Krankenhäusern, den Flughafen „El. Venizelos“, aber auch die Attika-Straße. Wenn wir auch das andere Pharaonen-Projekt, nämlich die Egnatia-Straße mit den 1.650 Brücken und den 76 Tunneln von 100 Kilometern hinzurechnen, ist völlig offensichtlich, dass Griechenland den Aufschwung der europäischen Länder und allen voran Deutschlands finanzierte, unter Mitschuld der etablierten griechischen wirtschaftlichen und politischen Klasse. Deutschland und konkret der Finanz- und Industriekomplex exportierte Korruption außer nach Griechenland auch nach Taiwan, Pakistan und in andere Länder.
    (Quelle: Griechenland Blog vom 22.2.2012)

    Diejenigen, die heute Griechenland wegen seiner überdimensionalen Verschuldung tadeln, haben in den Spiegel zu schauen. Weil die Korruption nicht nur das Element irgendeines atavistischen Verhaltens der Griechen, sondern auch von dem deutschen Industrie- und Bankenkomplex importiert ist. Die ungeheure griechische Verschuldung geht sogar mit der deutschen Korruption einher.

    Viele Grüße aus Hamburg, kv

  2. Jeder, der am Netzwerk in diesem Sinne teilnimmt, muß wissen, wie es funktioniert. Er braucht nicht zu wissen, warum es so funktioniert, wie es funktioniert. Selbstverständlich sind auch riesige Geldsummen involviert und werden gleichsam mithineingezogen in den Austausch von Entgegenkommen und Gefälligkeiten. Denn wie könnte man Freundschaft und zugleich Macht besser beweisen als durch Eröffnung eines Zugangs zum Geld? Vielmehr überleben in diesem Zusammenhang die Familie ebenso wie Patron/Klient-Verhältnisse. Man setzt sich nicht nur für eigenen Interessen, sondern in erheblichem Umfange auch, und um so unbefangener, für die Interessen anderer ein. Das System lebt von Vermittlungen und honoriert sie durch Prestigeverteilungen.
    Zitate nach Niklas Luhmann, Kausalität im Süden

  3. Gut geschrieben am Anfang Jörg…
    Aber danach etwas naiv.
    Hast immer noch nicht verstanden in was für ein korrupten Land du ausgewandert bist…
    Aber ist ja auch egal,als Tourist betrifft dich das eh nie, musst nur Geld da lassen und alle lieben dich und lassen dich in Ruhe.
    Ein guter Rat : Versuch nie dich in die Business der einheimischen dich einzumischen sonst siehst du das wahre Gesicht und so mancher hatte ein böses Ende…
    Am besten den Touristen Status behalten da geht’s einem dort noch am besten….

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