Kretische traditionelle Musik und Tänze.

Musik spielt eine große Rolle im Leben der Kreter

In den komplexen Rhythmen und fesselnden Melodien der traditionellen kretischen Musik, die sich durchaus auch bei jungen Leuten wieder neuer Beliebtheit erfreut, treffen afrikanische, europäische und asiatische Elemente zusammen. Musik spielt eine große Rolle im Leben der Kreter und ist sowohl auf Touristen-Veranstaltungen als auch bei Dorffesten zu hören. Und natürlich gehören zur traditionellen kretischen Musik auch die entsprechenden Tänze!

Für eine Insel, die so oft überfallen wurde, erfreut sich Kreta einer bemerkenswert lebendigen Musik- und Tanztradition. Natürlich sind die Diskotheken und Clubs von Heraklion, Chania, Rethymnon und Agios Nikolaos voll von kretischen Jugendlichen, aber es ist auch interessant, am Morgen ein Lokal in den Straßen derselben Stadt aufzusuchen und zu hören, wie die gleichen jungen Leute zu Bouzouki und Gitarre aus tiefster Seele und mit großer Lust, dabei 100% melodie- und textsicher, kretische Lieder schmettern. Vielleicht sind diese ein Widerhall der Verteidigungslieder, die ihre Vorfahren gegen die Venezianer und Türken sangen.

Die kretische Musik

Gesang und Tanz werden getragen vom großen Trio der kretischen Musik: der Lyra (Λύρα)- der berühmten dreisaitigen Fidel, die auf den Knien des Spielers im Takt schaukelt, der achtsaitigen Bouzouki (Μπουζούκι) und der Habioli (χαμπιόλι) oder Mantoura (Μαντούρα) – einer Art Blockflöte. Ohne diese drei Instrumente geht eigentlich gar nichts – manchmal sind aber natürlich auch noch Laute (Λαούτο) , Gitarre (Κιθάρα) und der kretische Dudelsack, die Askomantoura (Ασκομαντούρα), mit von der Partie. 

Es gibt einige Parallelen zwischen der kretischen und der ländlichen irischen Kultur: Gastfreundschaft, Freude am Fremden, die Bereitschaft zu nehmen, was der Moment bietet und ganz besonders die Macht der Musik als soziales Bindemittel und die Bestärkung lokaler Lebensgewohnheiten und Gefühle. Sowohl auf Kreta als auch in Westirland werden Musiker hoch geachtet und verehrt, und hier wie dort lebt durch eine Vielzahl von exzellenten jungen Musikern die Tradition wieder auf.

Einer der bekanntesten Lyra-Spieler ist der Ire Ross Daly, der seit 1975 auf Kreta lebt.

Stolz und hoch erhobenen Hauptes sieht man junge Menschen mit ihrer Lyra, Bouzouki, Laute oder Gitarre zum Musikunterricht gehen. Lyra und Bouzouki zu spielen war traditionelles Vorrecht der Männer; heutzutage jedoch greifen mehr und mehr Mädchen und junge Frauen nach diesen Instrumenten und beginnen, sich Berühmtheit sowie den Platz auf den Konzertplakaten und -Bühnen mit ihren männlichen Kollegen zu teilen. 

Viele kretische Radiosender widmen sich eifrig der Musik der Insel und im kretischen Fernsehen werden immer mehr Live-Konzerte oder Konzertaufzeichnungen übertragen. 

Die kretische Musik ist eine wilde Musik, die für nicht kretische Ohren kompliziert und sogar formlos klingt – eine Musik für Tanz, Kampf und Liebe, eine feurige Mischung aus Nordafrika, Europa und dem Orient. Für Außenstehende mögen die Takte abwegig klingen, aber wenn man sich eingehört hat, können Ohren und Füße plötzlich ganz leicht folgen. Der Gesang kann nach Stammesmusik klingen oder die feinen Form der Mantinades annehmen. Mantinades sind gereimte Couplets, manchmal im Wechselgesang vorgetragen, häufig voller Anspielungen auf lokale Vorkommnisse und Personen, die nur Einheimische richtig zu würdigen wissen – vermutlich, weil sie die einzigen sind, die eben diese Anspielungen auch verstehen…

Eine andere Gesangsart ist der gesungene Vortrag eines epischen Gedichtes. Der „Erotokritos“ von Vinzentzos Kornaros aus dem 17. Jahrhundert ist trotz seiner Länge weithin bekannt, und man sagt, dass alte Männer immer noch das Klagelied für die gefallenen Helden von Sfakia (Lied von Daskalogiannis) rezitieren.

Tanz und Kleidung

Und zur Musik darf und muss natürlich auch getanzt werden. Auf Kreta bestimmt das Gefühl, wann und wie getanzt wird. Heutzutage tanzt man natürlich auch an Folkloreabenden – tellerwerfend und auf den Tischen. Solche Veranstaltungen sind wahrscheinlich die einzige Möglichkeit, die spektakulärsten kretischen Tänze zu sehen, bei denen athletische junge Männer in voller traditioneller Montur hoch in die Luft springen und beide Fersen an eine Hand schlagen. So, wie es heute halt bei speziellen „Cretan Evenings“ für Touristen zu sehen ist.

Ein vielleicht reineres Vergnügen ist es aber sicherlich, die lokalen Feste in den kleinen Dörfern weitab vom Touristentrubel zu besuchen. Die Teilnehmer tragen dann vielleicht zwar Alltagskleidung und manche mögen eher weniger athletisch, dafür aber eventuell zu alt, zu jung oder zu beleibt erscheinen, um große Sprünge auszuführen. Dennoch tun sie es mit Stolz und Anmut, denn hier werden Traditionen noch von Generation zu Generation weitergegeben.

Aber auch phänomenale Kostüme gibt es: Frauen in schönen gestickten, mit Goldspitze eingefassten Samtjacken, weißen Schürzen, langen Kleidern über voluminösen Hosen; Männer in bauschigen Pluderhosen, kniehohen Stiefeln und vielen Metern Silberkette. Diese schlagen beim Tanz an hervorragend gravierte Dolche, die in roten Schärpen stecken. Solche Kostüme sind eine aufwendige Variante der dunklen traditionellen Alltagskleidung, wie sie noch von alten Dorfleuten getragen wird: Schaftstiefel, fransenverzierte Kopfbedeckung, weite braune oder schwarze Pluderhosen und schwarze Hemden der Männer, sich selbst bescheidendes Schwarz von Kopf bis Fuß bei Frauen in Trauer. 

Als Teil der traditionellen kretischen Männerkleidung wie den bauschigen Pluderhosen und der gefransten Kopfbedeckung ist auch der gut gepflegte  Schnurrbart anzusehen – wuchernd, hängend, gestutzt oder gewachst. Einige der üppigsten Exemplare finden sich unter den Nasen von jungen Musikern, den neuen Lyra- und Bouzouki-Helden, die sich als Hüter der kretischen Tradition verstehen. Und womit? Mit Recht!

 

Ein Kommentar

  1. Morgen und Kalimera Susanne, schöner Artikel.

    Wer sich noch mehr mit der traditionellen kretischen Musik beschäftigen möchte, empfehle ich das Buch „Die Lyra singt, tanzt und lacht Vom Zauber kretischer Musik“ von Arn Strohmeyer.
    http://www.kreta-buch.de/webseite/de/startseite,269_1_0_82.5,1%26artikel%3D45

    Das Buch gibt einen super Einblick (Instrumente, Musiker) über die traditionelle kretische Musik und geht auf ihre Geschichte ein.

    „Kreta ist für mich Musik“ Mikis Theodorakis

    schönen Tag noch, kv

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