Thomas Straubhaar: Griechenland ist ein gescheiterter Staat

Autor: Thomas Straubhaar …
… ist Leiter des Hamburgischen WeltWirtschaftsInstituts (HWWI) und Professor der Universität Hamburg. Der gebürtige Schweizer, Jahrgang 1957, gehört zu den profiliertesten Volkswirten in Deutschland.

„Für Griechenland (und im schlimmsten Fall auch für alle anderen Eurostaaten) bedeutet ein formaler Bankrott, dass die Schuldenuhren auf null zurückgestellt würden. So attraktiv es sein mag, über Nacht alle Forderungen los zu werden, so wenig werden damit die fundamentalen Ursachen des Schlamassels beseitigt. Die Strukturprobleme werden unverändert fortbestehen. Die Rezession hat das Land zu fest im Griff. Die Wirtschaftsleistung schrumpft. Die Arbeitslosigkeit steigt. Der Lebensstandard der Bevölkerung sinkt. Verarmung und Verelendung der Massen sind die Folgen. Deshalb wird die Neuverschuldung auch nach einem Bankrott sogleich weitergehen und der übernächste Schuldenschnitt wird so sicher kommen wie das nächste Weihnachtsfest. Zu dramatisch ist die allgemeine wirtschaftliche Lage, zu hoffnungslos erweist sich die Situation auf dem Arbeitsmarkt, zu sehr gleicht das finanziell am Abgrund stehende Land der DDR in ihren letzten Tagen.

Um es unmissverständlich zu formulieren: Griechenland ist ein „failed state“, ein gescheiterter Staat. Da mangelt es nicht nur an Geld oder an international wettbewerbsfähigen Unternehmen. Es fehlt zuallererst an Rechtsstaatlichkeit. Solange Hellas die Transformation zu einem Staat nicht gelingt, dessen Institutionen europäischen Standards genügen, mit einer Regierung, die das Gemeinwohl und nicht das Eigeninteresse verfolgt, mit einer Verwaltung, die verlässlich funktioniert, mit einer Steuerbehörde, die Steuergelder einzieht und Steuerhinterziehung bestraft, gibt es keine Hoffnung auf eine nachhaltige Gesundung der griechischen Wirtschaft. Daran ändert auch eine geordnete Insolvenz nichts. Ein erneuter Schuldenschnitt kann somit bestenfalls ein Anfang zur Besserung sein. Er wird nichts daran ändern, dass Griechenland noch über viele Jahre sehr viel Unterstützung von außen benötigen wird.“

Quelle und hier geht es weiter: Stern.de