VW Käfer mit Elektromotor: Dieser Brummer ist ein Summer

Von Christoph Stockburger, Spiegel.de

Außen Ikone, innen Avantgarde: David Benardo liebt Oldtimer und ist fasziniert von alternativen Antrieben. Jetzt hat er seine Leidenschaften vereint – und einen 50 Jahre alten VW Käfer in ein Elektroauto verwandelt.

Dringende Warnung an Altblech-Puristen: beim Weiterlesen droht der Herzstillstand! Wer die Verbindung von Nostalgie und Fortschritt dagegen entspannter sieht, wird sich für die Geschichte von David Benardo aus San Diego begeistern – der Kalifornier hat in seinen knallroten Käfer, Baujahr 1963, einen Elektromotor eingebaut.


Von außen sieht das Fahrzeug wie ein normaler Oldtimer aus. Allerdings wie ein echtes Vorzeige-Exemplar. Die Karosserie glänzt in sattem Rot, eine blitzblanke Stoßstange und die beiden runden Leuchten formen das drollige Käfer-Gesicht. Links spreizt sich der polierte Rückspiegel vom Wagen weg, rechts ragt die Radio-Antenne in die Höhe. Durch das geöffnete Faltdach scheint die Sonne auf beigefarbene Ledersitze, auf ein Metall-Cockpit mit großen Knöpfen und natürlich auf das Handschuhfach mit der obligatorischen Klappe.

„Beim Interieur haben wir im Grunde alles beim Alten gelassen“, sagt David Benardo, „nur ein Sicherheitsgurt wurde nachträglich eingebaut, und ein Radio im Retro-Look, in das man den iPod einstöpseln kann.“ Der Kalifornier ist durch und durch ein VW-Fan, immer wieder schwärmt er von der „Art of German Car Engineering“, der deutschen Ingenieurskunst beim Automobilbau. Er zählt die Fahrzeuge aus seiner Sammlung auf, mehrere Käfer, ein VW Bulli, ein Karmann Ghia, um schließlich auf sein Elektro-Projekt – Arbeitstitel „Zelectric Bug“ – zurück zu kommen: „Das Spannende daran ist ja gerade, diese bewährte Ingenieurskunst mit den modernsten Antriebsmöglichkeiten zu verbinden.“

E-Tuning: Die PS-Zahl des Käfers hat sich mehr als verdoppelt
Unter der Haube des Käfers steckt nun also ein Lithium-Ionen-Akku, ein weiterer sitzt hinter der Rückbank. Sie versorgen einen Elektromotor, der ganz klassisch im Heck untergebracht ist, mit Energie. 73 PS soll er leisten und den Wagen bis zu 160 Kilometer weit tragen. „Bei der Umrüstung haben wir einfach den Vierzylinder- durch den Elektromotor getauscht und die Batterien eingebaut“, sagt Benardo. Das bedeutet, dass das Getriebe samt Vier-Gang-Schaltung nach wie vor zum Einsatz kommt.

Im Januar soll der Wagen das erste Mal über die Straßen rollen. „Derzeit tüfteln wir noch daran, wo die Buchse für das Ladekabel hinkommt – wahrscheinlich verstecken wir es unter dem Nummernschild.“ Benardo ist gespannt darauf, wie es sich anfühlt, wenn man statt eines rasselnden Motors plötzlich nur ein Summen und den Wind hört. Damit auch wirklich nichts pfeift und klappert, müssen noch die Fenster abgedichtet und die Spaltmaße überprüft werden. Wenn Benardo wie geplant Anfang 2013 fertig ist, wird er für die Entwicklung und Umrüstung etwa drei Monate gebraucht haben.

„Der Käfer aus den sechziger Jahren ist sehr einfach konstruiert, deshalb lässt er sich auch mit relativ wenig Aufwand umrüsten – ich habe schon von vielen Bastlern gehört, die das gleiche wie wir getan haben“, sagt Benardo. Sein rotes Elektromobil betrachtete er aber als einen Prototypen: „Wenn sich die Technik bewährt, machen wir daraus ein Geschäftsmodell.“ Auf Bestellung erhält man dann bei dem Kalifornier einen kompletten Elektro-Käfer. Angepeilter Preis: „Unter 50.000 Dollar.“

Pflegeleichter als das Original
David Benardo feiert im nächsten Jahr seinen 50. Geburtstag – er ist dann genauso alt wie sein Käfer. Bisher hat er sein Geld als Leiter einer selbstgegründeten Marketing-Agentur verdient. „Als Designer habe ich viel mit Computerkonzernen zusammengearbeitet und mich dadurch auf High-Tech spezialisiert. Meine andere Leidenschaft gehört alten Autos. Jetzt habe ich beschlossen, beides zu verbinden und damit noch mal ein neues Unternehmen zu starten.“


Die Autos umzubauen ist dabei das kleinste Problem. Schwierig wird es nach Ansicht Benardos eher, gut erhaltene Käfer zu finden. Der Amerikaner hofft dabei aber auf seinen Standortvorteil: „In Kalifornien sieht man noch viele Oldtimer rumfahren, bei dem milden Klima setzen sie kaum Rost an.“ Seine künftige Kundschaft will er trotzdem schon mal vorwarnen: „Der Elektromotor hat nur wenig bewegliche Teile und ist damit fast wartungsfrei – aber die alten Käfer werden viel Aufmerksamkeit und Pflege brauchen.“