Wo kommen eigentlich die Kreter her?

Ein Buch mit 23 Siegeln – unsere DNA

Es gibt ja viele Theorien, wo „die Kreter“ eigentlich herkommen und mit welchen anderen Völkern sie wohl (zumindest genetisch) verwandt sind. Alleine schon die jahrtausendealte Geschichte der Insel und ihre kürzer oder länger währenden Besatzungszeiten geben Anlaß zu mannnigfaltigen Spekulationen:

Liegen die Wurzeln der Kreter bei den Minoern? Oder bei den Dorern, den Mykenern oder gar bei den Türken, den Ägyptern, den Italienern, oder gar in Kleinasien oder Nordafrika? Oder haben die „Besatzer“ im Laufe der Jahrtausende da zumindest genetisch auch mal reingegrätscht?

Unter anderem dieser Frage hat sich der (Human-)Genetik-Professor Dr. Konstantinos Triadafyllidis seit seinem ersten Kretabesuch im Jahr 2000 gewidmet und sein Buch „The Genetic History of Greece – The DNA of Greeks“(Die genetische Geschichte Griechenlands – Die DNS der Griechen) in Thessaloniki vorgestellt – übrigens ein Mega-Hit, wie die chaniapost.eu berichtet.

Zur Recherche für dieses Buch arbeitete Prof. Dr. Triadafyllidis mit verschiedenen Medizinern und besonders eng mit dem Professor für Medizin und Genetik der University of Washington, Georgios Stamatogiannopoulos zusammen. Letzterer analysierte Proben von Skeletten, die einer Höhle nahe Agios Charalampos auf dem Lassithi-Plateau gefunden wurden sowie solche aus anderen Teilen Griechenlands, um diese dann mit anderen Proben von verschiedenen alt- und neuzeitlichen Populationen zu vergleichen.

Ekriti.gr hat Prof. Dr. Triadafyllidis kontaktiert und bekam einige der im Buch dargelegten Forschungsergebnisse erklärt: Laut den Professoren Triadafyllidis und Stamatogiannopoulos stammen ca. 20% des kretischen Erbguts vom Peloponnes und kann daher mit den Mykenern in Verbindung gebracht werden, die ca. 1.100 v. Chr. nach Kreta kamen.

Die Sfakioten

Ein sehr interessanter Aspekt ist – vor allem für die Region Chania – dass die Sfakioten eine unverwechselbare genetische Konstitution aufweisen, wahrscheinlich aufgrund des isolierten Charakters der Gegend, während die Sfakioten selbst behaupten, direkt von den alten Dorern abzustammen.

Profesor Triantafyllidis besuchte Kreta im Jahr 2000 und in Zusammenarbeit mit verschiedenen Ärzten gelang es ihm, in verschiedenen Dörfern 50 representative Zufalls-Proben zu sammeln, die anschließend detailliert analysiert wurden. Die Untersuchungsergebnisse wurden mit den Analysen von Proben aus Ägypten verglichen – es wurde keinerlei Korrelation zwischen beiden festgestellt.

Aus diesen Untersuchungsergebnissen von Prof. Stamatogiannopoulos und Prof. Triantafyllidis läßt sich der Rückschluß ziehen, dass die genetischen Wurzeln der neolithischen Kretaner eher im Nahen Osten, als in Nordafrika/Ägypten anzusiedeln sind. Triantafyllidis geht davon aus, dass die Kreter des Neolithikums ca. 8300 v.Chr. ursprünglich aus dem Nahen Osten kamen und somit Vorfahren der Minoer waren. Er schließt daraus, dass die Minoische Zivilisation rein europäisch war und keinerlei Verbindung zu Afrika besteht. Unter dem „Nahen Osten“ versteht Prof. Triantafyllidis übrigens die Region von Syrien bis zum Iran (Anm.d.Red.: wieso er das noch zu Europa zählt, ist uns auch schleierhaft, aber vielleicht ist das genetisch ja so…).

Das Studienergebnis, das Triantafyllidis allerdings für die wichtigste Erkenntnis seines Kollegen Stamatogiannopoulos hält ist, dass die DNA-Analyse der in Agios Charalampos gefundenen Skelette große Übereinstimmungen mit den Skeletten eurasischer Herkunft aufweisen – somit ist für ihn die Kontinuität des Genmaterials der heutigen Kreter und dem ihrer Vorfahren aus der Bronzezeit für ihn bewiesen.

Ausserdem konstatiert Prof. Triantafyllidis in seinem Buche, dass die Griechen und Kreter genetich keinesfalls von anderen Völkern beeinflusst wurden – ganz im Gegenteil: sie haben ihre ganze DNA über den Rest Europas verbreitet! Und Spekulationen gehen sogar noch weiter: man munkelt, dass eventuell die alten Griechen – vermutlich seetüchtige Nachfahren der legendären Argonauten – Amerika schon längst entdeckt hatten – und zwar sehr lange bevor Kolumbus im Oktober 1492 auf seinem Weg nach Indien darüber stolperte. Auch dahingehend soll die moderne Genetik bemüht werden – man darf gespannt sein…

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Reiselustige Kreter…

Und tatsächlich: griechisches Genmaterial findet sich in dem der Italiener, allerdings weniger als in dem der Franzosen und Spanier – dafür finden sich aber keinerlei Übereinstimmungen mit Türkischem, was aufgrund der jahrhundertelangen türkischen Besatzung der Insel doch zumindest überrascht.

Beeindruckend ist allemal, dass das Genmaterial der heutigen Griechen seinen Ursprung im Neolithikum hat und in direkter Linie über die „alten Griechen“ unvermischt weiter existiert.

Und auch über die Analyse übereinstimmender Charaktereigenschaften der Bewohner des Balkans, Europas, des Mittleren Ostens und Afrika mit denen der griechischen Bevölkerung gibt es ebenfalls erste Erkenntnisse in seinem gerade erschienenen Buch.

Doch auch über dieses erste Buch zum Thema hinaus bleibt Professor Triantafyllidis am Thema dran: Er sieht neue Forschungsmöglichkeiten auf Basis genetischer Daten (bisher beschränkte man sich wohl auf Blutanalysen…) und hat dafür mehr als 300.000 Gene und „genetische Marker“ zur Verfügung. Und damit seines Erachtens auch genügend Material, um die Behauptungen verschiedener Wissenschaftler, dass die Griechen afrikanischer Abstammung seien, zu widerlegen.

Er fügt darüber hinaus hinzu, dass die Ergebnisse weitergehender Forschungen mit Spannung erwartet werden. Schwedische Wissenschaftler untersuchten Knochen, die in Gräbern in Südschweden gefunden wurden und haben entdeckt, dass offensichtlich bereits vor Tausenden von Jahren Bewohner von Mykene dort waren – und nicht nur ihre Kulturgüter und Schiffbaukunst, sondern auch genetisches Material dahin übertragen haben…

Radio Kreta – Immer gute Informationen!

Auch interessant: Aussehen, Wesensart und Charakter des Kreters.


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Ein Kommentar

  1. Kalimera, sehr interessanter Artikel. Von wem die Kreter und die Sfakioten wirklich abstammen werden wir wahrscheinlich nie mit hundert prozentiger Sicherheit sagen können.

    vg aus Frangokastello, kv

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