Raki statt Rheinmetall.

Raki statt Rheinmetall? Begleiterscheinungen, Teil 54 für www.radio-kreta.de vom 29. Mai 2024.

Von Dr. Holger Czitrich-Stahl

Nun ist die gelb-schwarze Katze aus dem Sack: Neuer Sponsor des renommierten Fußballclubs, achtfachen Deutschen Meisters, mehrfachen Pokalsiegers, der auch international zu Pokalehren gelangte, des BV Borussia 1909 Dortmund wird die bedeutendste deutsche Waffenschmiede Rheinmetall!

Man stelle sich vor, schon im Endspiel der Champions League gegen Real Madrid oder zu Beginn der kommenden Bundesligasaison prangt der Schriftzug des Rüstungskonzerns auf der Brust der Trikots der Bundesligaprofis oder „ziert“ unübersehbar die Bandenwerbung am Spielfeldrand. Wahrscheinlich ergattert sich mit diesem Deal die FDP-Politikerin und und Rheinmetall-Lobbyistin Marie Agnes Strack-Zimmermann, die „Eurofighterin“, einen Platz auf der Ehrentribüne im Signal-Iduna-Park. Heißt es dann: Erste Verteidigungslinie: Strafraum?

Nun gut, Lobbyismus ist seit mehreren Jahrzehnten Bestandteil und Sinn der Trikot- und Bandenwerbung in der Bundesliga, die ja längst eine allumfassende Werbeveranstaltung für Produkte aller Art geworden ist. Es begann vor rund 50 Jahren unter anderem mit dem Schriftzug des Schnapsherstellers „Jägermeister“ auf den Trikots von Eintracht Braunschweig. Auch der BVB 09 kann auf eine stattliche Anzahl von Sponsoren zurückblicken, z. B.auf EON. Aber Rheinmetall?

Gewiss, der benachbarte Generalrivale FC Schalke 04 ließ sich von Gazprom sponsern, doch damit war es nach dem russischen Angriff auf die Ukraine natürlich schnell vorbei, denn damit war die Grenze des guten Geschmacks überschritten. Heißt es dann im Gegenzug, dass Rheinmetall als Beteiligte an der Uranmunitionproduktion diesseits der Geschmacksgrenze anzusiedeln ist? Für mich nicht, denn Waffen töten bzw. wurden zum Töten gebaut, völlig unabhängig von Maßstäben wie „gut“ und „böse“. Und wer für schwere Waffen wie Panzerfahrzeuge etc. Werbung betreibt, wirbt letztlich auch für Zinksärge. Der BVB 09 Dortmund steht demnächst folglich für die Militarisierung des Sports und der Gesellschaft. Das ist absolut widersinnig, liegt doch dem sportlichen Wettkampf der Gedanke des friedlichen Kräftemessens zugrunde, sozusagen initialisiert durch die antiken Olympischen Spiele in Griechenland.

Wenn ich mich für den deutschen Bundesligafußball interessiert habe, gab es eigentlich nur drei Vereine, die ich temporär als meine Lieblingsvereine ansehen würde: zunächst Borussia Mönchengladbach, danach der 1. FC Köln und schließlich Borussia Dortmund. Mit letzterer Zuneigung ist es nun definitiv vorbei, denn mein Pazifismus liegt mir nun doch viel mehr am Herzen als das ohnehin zum Big Business und zur Anlagequelle degenerierte Kicken in den längst zu Werbeträgern umbenannten Stadien. Der BVB wurde im Rote-Erde-Stadion am Borsigplatz groß, bezog später das Westfalenstadion, heute der Signal-Iduna-Park. Die Fraktionskämpfe innerhalb des großen Kapitals haben nun auch die Fußballvereine erreicht, der militärisch-industrielle Komplex will nun seine wachsende Bedeutung zur Geltung bringen, nicht zuletzt durch Sponsoring und Trikot- und Bandenwerbung. Ach ja, wer kommt als nächster Verein? Der VfB Stuttgart mit Heckler und Koch?

Mir wäre ein Logo einer der verbliebenen Dortmunder Brauereien auf der Brust der Fußballer lieber, bei allen prinzipiellen Bedenken. Oder sollte es so sein, dass die Dortmunder Union-Brauerei mehr Leben auf dem Gewissen hat als ein riesiger Rüstungskonzern mit seinen auf diversen Kriegsschauplätzen eingesetzten Waffen? Ach, wie harmlos war selbst der besagte „Jägermeister“ zu Bundesligazeiten, als ich selbst noch als Jugendfußballer aktiv war. Das soll nicht heißen, dass ich mir, gerade auf Kreta weilend, Alkoholwerbung auf Trikots zurückwünsche.

Ich möchte mir gar nicht vorstellen, dass ein kretischer Fußballclub wie der FC Heraklion Raki-Werbung auf der Spielerbrust betreibt, schließlich ist der Raki ein echter Hochprozentiger. Aber alles diesseits von Waffen- und Rüstungswerbung wäre mir lieber. Von dieser „Zeitenwende“ mag ich als alter Anhänger von Willy Brandts Politik der Entspannung überhaupt nichts wissen. Doch der BVB, Rheinmetall und Frau Strack-Zimmermann haben ein Tabu gebrochen. Hoffentlich bleiben zumindest die Fans oder eine lautstarke Minderheit skeptisch. Fußball liebt Frieden so wie Du!

(Geschrieben in Pitsidia/Südkreta)

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