Von Uta Wagner, Der Geschmack von Kreta
Was heute in vielen Ländern eine Luxusdelikatesse ist, war früher ein „Arme Leute Essen“ und ein Lebensmittel, das während der Fastenzeit (Sarakostís – „Σαρακοστής“) – sowohl in der katholischen, wie auch in der orthodoxen Kirche – erlaubt war und immer noch ist, da es weder als Fisch noch Fleisch gilt.
Auf Kreta sind Kochlias (Salinkária) auch heute noch eine Alltagsspeise. Man kann Schnecken das ganze Jahr auf über kaufen. Auf dem Wochenmarkt werden sie in offenen Körben angeboten und in den Supermärkten meist in Kilosäckchen portioniert in der Gemüseabteilung. Die Hauptsaison ist im Herbst. Dann werden die Schnecken auf den Weinbergen und Wiesen gesammelt. Jetzt sollen sie auch am geschmackvollsten sein, vollgefuttert mit den aromatischen kretischen Kräutern.
Wenn man als Tourist auf Kreta verweilt, bekommt man von diesem typischen Lebensmittel zumeist gar nichts mit. Denn in den meisten Hotels werden sie auf Grund der Essgewohnheiten der Gäste nicht oder sehr selten angeboten und nur in wenigen (Touristen-)Tavernen werden Rosmarin-Schnecken als Vorspeise angeboten.
Heutzutage werden Schnecken auch auf speziellen Schneckenfarmen gezüchtet. Mir sind auf Kreta drei Farmen bekannt, die Escargot De Crete (www.escargotdecrete.com) in Latzimas bei Rethymno, Cretan Snail Farm (www.greek-snails-farm.gr) in Souda bei Chania und Saligaria Kritis in Agia Triada in der Nähe von Akrotiri bei Chania (www.saligaria-kritis.gr). Es gibt aber bestimmt noch mehr.
Es gibt mehrere Sorten von Weinbergschnecken, die gegessen werden. In Deutschland, Österreich und Frankreich wird vor allem die Große oder Echte Weinbergschnecke (Helix pomatia) verzehrt. In den Mittelmeerländern und auf Kreta ist es die kleinere Gefleckte Weinbergschnecke (Helix aspersa).
Die Menschen essen wahrscheinlich schon seit über 10.000 Jahren Schnecken. Nachweise, dass sie auf Kreta zur Ernährung gehörten liegen aus der Zeit der Minoer vor. Man fand Opfergaben, bestehend aus Olivenöl und Schnecken, die in Brunnen versenkt worden waren, als Opfergaben an die unterirdischen Götter.
Auch die Gerichte, die mit Schnecken zubereitet werden, haben eine lange Tradition.
Bekannte Speisen Zusammenstellungen mit Schnecken sind:
- Schnecken mit Essig, Olivenöl und Rosmarin*,
- Schnecken in Tomatensoße*,
- Schnecken mit Artischocken und frischen dicken Bohnen,
- Schnecken mit Fenchel und Tomaten,
- Schnecken mit Zucchini Kartoffeln und Tomaten*
*Rezept weiter unten
In einigen Gerichten werden die Schnecken samt Gehäuse verwendet und bei anderen werden die Schnecken aus ihren Häusern herausgeholt. Bei Schnecken ist ein weiterer Vorbereitungsschritt notwendig. Bevor man sie kocht werden sie in Wasser gelegt. Nach einiger Zeit beginnen sie sich zu bewegen. Tote Schnecken werden so aussortiert, da sie das Gericht bitter machen würden.
Schneckenfleisch ist sehr gesund. Es hat mehr Eiweiß als Rindfleisch und dieses Protein enthält zudem die wichtigen Eiweißbausteine (essentielle Aminosäuren) Arginin und Lysin. Es ist reich Eisen, Kalzium, Magnesium, Phosphor, Kupfer, Zink, Vitamin A, B6, B12, K und Folsäure. Daneben enthält es die gesunden Fettsäuren Linol- und Linolensäure. Bereits drei Weinbergschnecken sind so reich an Omega-3-Fettsäuren, dass damit die von der WHO empfohlenen 200 mg für den täglichen Bedarf gedeckt sind.
Diese gesunden Bestandteile dokumentieren warum Schnecken ein wichtiger Bestandteil der sogenannten Kretadiät sind, die den Ruf hat, vorbeugend gegen Diabetes mellitus, Krebserkrankungen, Bluthochdruck, Herzinfarkt und Schlaganfall zu helfen.
Im alten Rom galten Schnecken übrigens als natürliches Aphrodisiakum und im 19. Jahrhundert kam die Weinbergschnecke eben aus diesem Grund in der besseren Gesellschaft in Deutschland, England etc. wieder in Mode.
Und hier nun 3 typische Rezepte.
Kali Orexi!
Auch lecker und ebenfalls fastenzeittauglich: Seeigel-Salat.