Und wieder mal haben wir uns – wie schon so oft und eigentlich dauernd – mit dem Phänomen „Leben auf Kreta“ beschäftigt. Von pseudowissenschaftlichen philosophischen Abhandlungen in geselliger Runde bzgl. der „siga-siga“-Mentalität in „kali paréa“ (καλή παρέα) – also in guter, wenn nicht gar bester Gesellschaft – bis hin zum Recherchieren in den Tiefen und Weiten des weltweiten Netzes und den Hinterlassenschaften unserer Vormieter in Form von Büchern – zu diesen Themen ist vermutlich schon so ziemlich alles gesagt worden. Nur noch nicht von Jedem.
Scheffredakteur bringt es vollkommen unwissenschaftlich und wenig emotional auf den Punkt: Das Leben ist Stoffwechsel.
Der Autor des Buches „Die sensationelle Kreta Diät„ (allein der reißerische Titel würde uns normalerweise schon abschrecken, aber man ist ja doch neugierig….) – Dr. med. Peter Schleicher – hat allerdings einen etwas anderen Ansatz gewählt. Wobei, so anders eigentlich auch nicht, denn dass gutes Essen in guter Gesellschaft (und vor allem in Ruhe!) Leib und Seele zusammenhält, ist ja nun mal nicht wirklich neu
Nun wollen wir es aber nicht bei dieser profanen Feststellung belassen (denn recht hat er ja irgendwie….) – da gehört ja nun mal noch ein bisschen mehr dazu. Zum Beispiel die bereits oben zitierte „gute Gesellschaft“ und eine gewisse Gelassenheit und Ruhe. Das Gesetz der Langsamkeit halt. Und hierfür möchten wir den Dr. Schleicher dann doch gerne ein bisschen zitieren, womit wir heute hier anfangen.
Höher, schneller, weiter?
Es geht, wie gesagt, um Langsamkeit. Und damit auch um stressverursachende und ggf. krankmachende Geschwindigkeit und ihre Auswirkung auf unser Leben, unsere Ernährung, den Organismus, unsere Lebensqualität und unser Sozialverhalten.
Nun wissen wir freilich auch, dass wir in unserer schnelllebigen Gesellschaft mit zu hoher Geschwindigkeit fliegen und – anders als bei unseren Flugmaschinen – die Starts und Landungen (bei oft abgebrochenem Höhenflug) häufig halsbrecherisch sind: ungesunder Stress. Solchen kulminierenden Ansprüchen ist unser Organismus nur schwer gewachsen – er hat sich schließlich in Jahrtausenden entwickelt und für die aktuellen Leitlinien von Arbeitslosigkeit, Börsenkursen und Shareholder-Value kaum Sensoren, auch wenn sie unser Leben bestimmen.
Sie kommen dort nur als ungesunder Stress an – was ja auch den Tatsachen entspricht. Unter chronischen Erkrankungen oder Allergien leidet heute die Hälfte unserer Bevölkerung – das ist die Antwort unseres Körpers.
Wie lässt sich dem begegnen? Mit gutem Gewissen kann man sagen: durch kretische Ernährungsweise. Sie hilft keinem über berufliche, familiäre oder emotionale Probleme hinweg – auch nur die Behauptung eines Trostes wäre anmaßend oder Unsinn. Doch die Zuwendung und Sorge für den eigenen Körper stärkt allein schon die Aufmerksamkeit, die Kraft und das Bewusstsein, die für das Selbstgefühl und den sozialen Umgang notwendig sind.
Sich kümmern – um sich selbst und um andere
Die traditionelle Lebensweise der Kreter haben wir, sicher idealistisch überhöht, beschrieben. Sie trifft in den Grundzügen häufig dennoch zu. Wir brauchen nur die vorwiegend ländlichen Gemeinschaften, die Dörfer und abgelegenen Gehöfte zu betrachten, die von Touristen und den „Segnungen“ des Fremdenverkehrs noch immer kaum berührt werden. Deren Bewohner zu geringe Einkünfte haben, um sich aus Kühltruhen und zugelieferter Ware bedienen zu können, und weitgehend auf Selbstversorgung angelegt sind.
In diesem Zusammenhang gewinnen die Lebensformen der kretischen Landbevölkerung sogar besondere Bedeutung: der Wechsel von Einsamkeit und Geselligkeit im Tagesablauf und Wochenverlauf, von Gelassenheit und Fröhlichkeit, Demut und Stolz in den alten Ritualen und dazu ein religiös orthodoxer Hintergrund mit Fest- und Feiertagen und zwei wochenlangen Fastenzeiten, deren Gebote ohne Nötigung eingehalten werden und allesamt den familiären und freundschaftlichen Umgang bestimmen.
Ein solches Sozialverhalten kann man sich in unseren zivilisatorisch angeblich hoch entwickelten Breiten kaum vorstellen – wo fänden wir denn noch Freunde von solcher Selbstverständlichkeit, die auf Zuruf da sind und zu Distanz und Zurückhaltung ebenso bereit, wie zu Nähe und Hilfsbereitschaft fähig?
Das sind scheinbare Widersprüche; scheinbar, weil wir so feinfühlige und respektvolle soziale und emotionale Beziehungen eingebüßt haben, ihre Ambivalenz sehr direkten Ja/Nein-Entscheidungen unterordnen und damit ziemlich viel von uns selbst verloren haben. So jedenfalls würden Sozialpsychologen diese Verarmung erklären, und ich stimme ihnen zu.
Seele und Leib – untrennbar verbunden
Doch da ist, so verblüffend es scheinen mag, noch ein weiteres Moment: Trauen wir uns, das Wort „Seele“ zu sagen. Die Immunologie spricht davon nicht. Gepriesen seinen ihre und der Physiologie Erkenntnisse. Aber in der Stille verfolgt uns alle die sichere Vermutung, dass seelische und organische Fakten und Vorgänge einander auch immunologisch beeinflussen und die Harmonie des Lebens bestimmen. Wir wissen nur nicht wissenschaftlich exakt zu sagen, WIE sie das tun – und das ist das immer neue Wunderbare der menschlichen Natur.
Darum halten wir uns jetzt bescheiden an erwiesene Tatsachen: den auch physiologisch eindeutig belegten organischen Nutzen und Nährwert der kretischen Küche.
Fortsetzung folgt….
Quelle: „Die sensationelle Kreta-Diät“. Untertitel: Für stärkere Abwehrkräfte, bessere Gesundheit, ein längeres Leben – wissenschaftlich bewiesen. Von Dr. med. Peter Schleicher, seines Zeichens anerkannter Spezialist auf dem Gebiet der Immunologie, der neben seiner Praxis in München das Institut zur Erforschung neuer Therapieverfahren chronischer Erkrankungen und Immunologie leitet.
Die Rezepte im Buch stammen übrigens von Eckart Witzigmann. Der soll genauso gut kochen können wie unser Freund Vassilis, sagt man.
Auch interessant: Aussehen, Wesensart und Charakter des Kreters. Und für gutes Essen in bester Gesellschaft haben wir die passenden Rezepte.